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20:30 Uhr, 17.01.2009

Wiener Börse leidet derzeit unter der Nähe zu Osteuropa

Zu Jahresbeginn sah es kurze Zeit so aus, als ob sich der österreichische Aktienmarkt aus der Umklammerung durch die Bären befreien könnte. Denn wie an vielen anderen Weltbörsen ging es deutlich nach oben mit den Kursen. Der ATX Index kletterte praktisch nachrichtenlos in nur drei Handelstagen von rund 1.750 Punkten auf etwa 1.900 Punkte und verlängerte so den Lauf, den er in der zweiten Dezemberhälfte bei einem Ausgangsniveau von 1.639 Punkten gestartet hatte. Überproportionale Gewinne konnten dabei Bwin, Zumtobel, Strabag, Voestalpine und Verbund einfahren.

Angesichts dieser Aufschläge dürfte es den Marktteilnehmer leicht gefallen sein, das mit dem neuerdings auf 9.00 Uhr vorverlegten Handelsstart verbundene frühere Aufstehen zu verkraften. Doch inzwischen dürften es viele Marktakteure vermutlich schon wieder bevorzugen, im Bett zu bleiben. Denn wie es momentan den Anschein macht, handelte es sich bei den Aufschlägen nur um ein Strohfeuer. Bei einem aktuellen Kursniveau von 1.750 Punkten sind die anfänglichen Kursgewinne jedenfalls schon wieder aufgebraucht. Damit steht ungeschminkt weiter die schwache Vorjahresbilanz zu Buche. Insgesamt musste der ATX Index da ein herbes Minus von 61,8 Prozent verkraften und der MSCI Austria einen Rückgang von 66,58 Prozent. Die Marktkapitalisierung sank im gleichen Zeitraum von 157,9 Mrd. Euro auf 51,4 Mrd. Euro. Auch die durchschnittlichen monatlichen Handelsumsätze sind im laufenden Jahr von 14,7 Mrd. auf rund 12 Mrd. Euro zurückgegangen.

Wie trist die Bilanz ist, zeigt sich auch an der Bilanz der von den heimischen Kapitalanlagegesellschaften verwalteten Fonds. Diese haben im abgelaufenen Jahr insgesamt 37,7 Mrd. Euro an Wert verloren. Das Fondsvolumen der von den 24 Kapitalanlagegesellschaften verwalteten 3.364 Investmentfonds fiel dabei per Jahresende aufgrund von Rückflüssen und Abwertungen auf 126 Mrd. Euro nach 163,8 Mrd. Euro im Jahr 2007.

Konjunkturaussichten deutlich verschlechtert

Anders als in den meisten Jahren zuvor hat sich die Nähe zu Osteuropa und das relative starke Engagement der österreichischen Unternehmen (wie eng die Verbindungen sind, zeigt sich auch daran, dass die Wiener Börse 2008 unter anderem Mehrheitsbeteiligungen an den Börsen in Budapest, Prag und Ljubljana erworben hat) in der Region nicht als Segen sondern als Bürde erwiesen. Erklären lässt sich das damit, dass auch in Osteuropa dunkle Wolken am Konjunkturhimmel aufgezogen sind und sich diese erstmals seit langem auch in einer ausgeprägten Schwäche der osteuropäischen Währungen widerspiegeln.

Doch auch im Inland hat sich die wirtschaftliche Situation spürbar eingetrübt. So hat das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung seine Prognose zur Wirtschaftsentwicklung kräftig gesenkt und rechnet nun mit einer Rezession. Für 2009 wird trotz massiven Gegensteuerns der Fiskalpolitik ein Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,5 Prozent erwartet, nachdem sich das Wachstum vermutlich schon im Vorjahr auf 1,8 Prozent (2007: 3,1 Prozent) abgeschwächt haben dürfte. Im Juni 2008 war für 2009 noch ein Wachstum von 1,4 Prozent prognostiziert worden. Für 2010 wird ein BIP-Wachstum von 0,9 Prozent prognostiziert.

Zu dieser kurzfristig negativen Vorhersage passt auch der saisonbereinigte Bank Austria EinkaufsManagerIndex, der im Dezember von 38,3 auf nur noch 35 Punkte gesunken ist. Damit befindet sich der Indikator mittlerweile den neunten Monat in Folge unter der 50 Punkte-Marke, jenem Wertebereich, der Schrumpfungstendenzen signalisiert. Nur im Jahr 2001 gab es eine längere Phase des EMI unter der Neutralitätslinie. „Die aktuelle Entwicklung des Bank Austria EinkaufsManagerIndex und der historische Tiefststand im Dezember zeigen, dass noch immer kein Ende des drastischen Einbruchs der österreichischen Industriekonjunktur in Sicht ist“, meint der stellvertretende Chefvolkswirt der Bank Austria Stefan Bruckbauer. „Die Industrieproduktion wird 2009 insgesamt um rund vier Prozent schrumpfen. Damit wird auch die gesamte österreichische Wirtschaft im kommenden Jahr ein Minus von 0,5 Prozent einfahren und mit einem Anstieg des BIP um 0,7 Prozent bleibt 2010 die Konjunktur schwach“, erwartet Bruckbauer.

Bewertungen deutlich gesunken

Besonders betroffen von den erwähnten negativen Entwicklungen waren die österreichischen Banken wie Raiffeisenbank und Erste Bank. Deren Aktienkurse sind unter der Last zunehmender Schwierigkeiten in Osteuropa im Zuge der Kreditkrise bekanntlich regelrecht abgestürzt. Und selbst auf dem aktuellen Kursniveau finden diese Werte unter Analysten bisher nur selten Fürsprecher. Bei Sal. Oppenheim hat man vielmehr beispielsweise erst kürzlich die Einstufung für die Anteilsscheine von Raiffeisen International verbunden mit einem Kursziel von 18 Euro auf Reduce gesenkt. ZU tun hat das negative Votum unter anderem mit dem steigenden Kreditrisiko das mit der vermutlich deutlich steigenden Zahl an notleidenden Krediten einhergeht.

Ebenfalls unter einem schlechten Image leiden auch die arg verprügelten Immobilienaktien. Allerdings ist hier die Baisse wirklich schon sehr weit fortgeschritten. So weisen viele dieser Gesellschaften Abschläge gegenüber den Nettoinventarwerten von 70 Prozent und mehr auf. Das lässt sich auch auf die schlechte Presse zurückführen, welche die Branche durch die skandalumwitterten Vorgänge bei Immoeast und Immofinanz erhalten hat und lässt sich eigentlich nur rechtfertigen, wenn wirklich eine schwere Depression auf uns zukommt. Solidere Branchenvertreter wie CA Immo und CA Immo International dürften aber zu sehr unter die Räder gekommen sein und das jüngste Kursverhalten deutet an, dass hier möglicherweise die Bodenbildung bereits gelungen ist.

Trotzdem gehört nach den schlechten Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit natürlich viel Mut dazu, schon jetzt wieder in den Sektor zu investieren. Das gilt wegen dem unsicheren konjunkturellen Ausblick auch für Aktien aus zyklischen Branchen. Allerdings dürfte hier teilweise auch schon relativ viel an negativen Nachrichten in den Kursen stecken. So gehen die Analysten bei der Raiffeisen Zentralbank inzwischen davon aus, dass die Gewinne der im ATX vertretenen Unternehmen im laufenden Jahr um 20,2 Prozent sinken werden. Trotz dieser markanten Gewinnrevision wird das Markt-KGV für 2008 nur auf gut fünf und für 2009 nur auf gut sechs veranschlagt.

Intakter langfristiger Abwärtstrend

Die Zeit für einen Neuanfang und damit für steigende Kurse an der Wiener Börse ist vermutlich erst dann gekommen, wenn sich erste Anzeichen auf eine konjunkturelle Stabilisierung und noch besser Erholung auf dem Heimatmarkt und auf den Absatzmärkten in Osteuropa abzeichnen. Charttechnisch gesehen müssen aktuell jedenfalls leider noch immer völlig intakte mittel- und langfristige charttechnische Abwärtstrends konstatiert werden. Inzwischen gibt es zwar erste Hinweise auf eine mögliche Bodenbildung, Vollzug kann in dieser Hinsicht aber noch nicht gemeldet werden. Als Befreiungsschlag wären im Grunde genommen erst Kurse oberhalb der wichtigen Widerstandszone von 2.000 bis 2.200 Punkten zu werten. Stark eintrüben würde sich die Lage dagegen bei einem Fall unter das Vorjahrestief bei 1.516 Punkten.

Wohin die Reise letztlich geht, wird natürlich auch stark davon abhängen, wie sich die Weltbörsen allgemein entwickeln werden. Ein Eigenleben wird der Schottenring mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls nicht führen können. Zumal die Bedeutung ausländischer Investoren an der Wiener Börse in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist. Im Dezember 2008 belief sich der Anteil der inländischen Investoren am gesamten Handelsumsatz nur noch ein auf Drittel, während es im Jahr 2003 noch 75 Prozent waren.

Erste Bank Research Alpha Zertifikat kommt ins Musterdepot

Wer die andauernde saure Gurken-Zeit alternativ überbrücken will, für den kommt eventuell ein Engagement beim Erste Bank Research Alpha Zertifikat (ISIN: AT0000A02YT1, 104,87 Euro) in Frage. Grundlage dieses Produkts ist ein Vergleich des Performanceerfolgs des Erste Group-Research Teams mit dem ATX. Die Differenz zwischen der Performance des „Erste Group Research“-Baskets und des ATX wird am Laufzeitende unabhängig von der allgemeinen Marktentwicklung ausbezahlt.

Die Zusammensetzung und die Änderungen der Gewichtungen des Basket gleicht dem des Top of Erste Group Research-Zertifikats. Wunderdinge sind hier zwar nicht zu erwarten. Aber die meisten Investoren wären angesichts des schwierigen Marktumfelds schon froh, wenn das Produkt ein ähnliches Ergebnis wie im Vorjahr erzielen könnte. Denn da kletterte der Kurs um rund zehn Prozent. Die Gewichtung sowie erfolgte Umschichtungen werden wöchentlich unter www.erstebank-zertifikate.com veröffentlicht. Das Zertifikat ist in Wien und Stuttgart an der Börse gelistet. Wir nehmen das Zertifikat in das Musterdepot auf.

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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