Kommentar
10:22 Uhr, 05.03.2018

Wie Trump uns alle ärmer macht

Zölle schützen niemandem, sondern machen alle nur ärmer. Europa sollte trotzdem einen kühlen Kopf bewahren.

Die Ankündigung von US-Präsident Trump in der vergangenen Woche, Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu verhängen, hat weltweit für Empörung gesorgt. Nicht nur die EU, sondern auch China, Kanada und zahlreiche andere Länder haben mit Vergeltungmaßnahmen, also eigenen Strafzöllen gedroht. Am Samstag legte Trump in einem Tweet nun nach: Sollte die EU ihrerseits mit weiteren Zöllen reagieren, würden die USA einfach Zölle auf Automobilimporte aus Europa verhängen.

Trumps Drohung zielt in erster Linie auf die deutschen Autobauer. Andere europäische Autobauer spielen (mit der Ausnahme von Fiat Chrysler) auf dem US-Markt fast keine Rolle. Obwohl der chinesische und der europäische Markt auch für Daimler, BMW und Volkswagen viel wichtiger sind als der US-Markt, erzielen die deutschen Autobauer doch einen signifikanten Teil ihres Gewinns in den USA, wo die Margen oftmals höher sind als in anderen Märkten.

Dass Trump gezielt die europäische Autobranche zum möglichen Ziel erklärt, ist wohl kein Zufall. Denn Deutschland ist nicht nur ein leidenschaftlicher Verfechter des Freihandels, sondern auch einer seiner größten Profiteure. Trump möchte mit seiner Drohung wohl die Bundesregierung dazu bringen, erst einmal die Füße still zu halten und mäßigend auf die EU einzuwirken.

Trump: Importe gefährden die nationale Sicherheit

Für Empörung sorgen nicht nur die Strafzölle selbst, die klar gegen die auch von den USA ratifizierten Regeln der Welthandelsorganisation WTO verstoßen, sondern auch Trumps Begründung. Trump beruft sich bei seinen Strafzöllen auf Stahl und Alluminium nämlich auf ein obskures Gesetz aus dem Jahr 1962, das die Verhängung von Zöllen erlaubt, wenn Importgüter die "nationale Sicherheit" der USA gefährden. Die Antwort auf die Frage, wie Stahl- und Aluminiumimporte zu einer Gefährdung der Sicherheit führen sollen, bleibt Trump natürlich schuldig. Aber Argumente und Begründungen sind bei Trumps Politik ohnehin Nebensache.

Trumps Strafzölle sind in erster Linie Symbolpolitik. Auch in Trumps Regierungsmannschaft gibt es genügend wirtschaftspolitischen Sachverstand, um zu verstehen, dass die Importzölle auf Stahl und Aluminium letztlich auch für die US-Wirtschaft schädlich sind. Denn die Stahl- und Aluminiumhersteller, die durch die Zölle vordergründig vor Konkurrenz aus dem Ausland geschützt werden, machen nur einen sehr geringen Teil der US-Wirtschaft aus. Ein weitaus größerer Teil der US-Wirtschaft ist hingegen auf möglichst billigen Stahl und billiges Aluminium angewiesen. Die Importzölle verteuern nicht nur diese wichtigen Werkstoffe dramatisch, sondern könnte sogar zu einem Versogungsengpass führen. Noch viel gefährlicher wird es für die US-Wirtschaft, wenn andere Länder mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren. Trump schneidet sich mit seinen Zöllen also ins eigene Fleisch - und vermutlich weiß er das auch.

Europa sollte einen kühlen Kopf bewahren

Die direkten Folgen von Trumps Zöllen sind überschaubar. Das gilt allerdings nur, solange es eben nicht zu einem ausgewachsenen Handelskrieg kommt. Um dies zu vermeiden, sollten europäische Politiker zunächst einmal einen kühlen Kopf bewahren und genau abwägen, ob Vergeltungsmaßnahmen wirklich sinnvoll sind. Denn zum einen schaden diese Vergeltungsmaßnahmen eben nicht nur der US-Wirtschaft, sondern tendenziell auch der eigenen Wirtschaft, wenn Preise steigen oder es gar zu Versorgungsengpässen kommt. Zum anderen dürften Vergeltungsmaßnahmen Trump zu weiteren Schritten anstacheln.

Trump ist ein gefährlicher und unberechenbarer Gegner, weil er seine Entscheidungen nicht rational, sondern eher emotional trifft. Das hat allerdings auch zur Folge, dass Trump Entscheidungen trifft, die weder für die USA noch für ihn selbst vorteilhaft sind. Denn unter dem Strich profitieren eben auch die USA vom offenen Welthandel, wenn auch etwas weniger stark als etwa Deutschland, die Schweiz oder China.

Vergeltungsmaßnahmen sind wohl keine sinnvolle Reaktion auf Trumps Drohungen. Im Gegenteil könnten andere Länder wie die EU, Kanada und China eher davon profitieren, untereinander weiter Handelshemmnisse abzubauen. Der freie, offene Welthandel ist nicht nur die Quelle unseres Wohlstands, sondern hat im vergangenen Jahrhundert auch zu einer Wohlstandsexplosion in Schwellenländern wie China oder Indien geführt. Auf lange Sicht macht der freie Handel alle nur reicher. Falls Trump das noch nicht weiß, wird er es wohl irgendwann lernen müssen.

Lesen Sie auch: USA gegen den Rest der Welt: Kommt der Handelskrieg?

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30 Kommentare

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  • Löwe30
    Löwe30

    Mit Zöllen auf Importgüter schadet Trump lediglich der Bevölkerung in den USA, denn diese kommen dann nicht mehr in den Genuss günstiger Güter, womit ihr Wohlstand sinkt. Die EU sollte auf Trumps "Androhung" mit dem Abbau von Zöllen antworten. Zölle schaden nämlich.

    Dass es sich lohnt auch einseitig Handelsbeschränkungen aufzuheben, hat Hongkong vorgemacht. Denn es hat eine Politik der einseitigen Handelsliberalisierung betrieben und bereits zur Zeit als Kolonie von GB keine Importzölle erhoben, egal ob andere Länder dies im Gegenzug auch taten oder nicht. Das ermöglichte Hongkong von 1950 – 2015 ein beeindruckendes Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens. Siehe dazu „Hongkong und China im Vergleich über die Jahre“ hier: http://www.misesde.org/?p=16158 Was dazu führte, dass Hongkong heute ein höheres Pro-Kopf-Einkommen hat als die USA. (Siehe Abbildung 1 im Artikel)

    Würde kein Zoll von der EU auf Importe erhoben wäre auch ein Ausgleich der Handelsbilanz in Deutschland möglich. Denn dann wären Importgüter niedriger im Preis und es würde mehr importiert werden können. Das nützt auch den Menschen in Deutschland. Sie würden wohlhabender, da sie sich mehr Güter leisten könnten.

    Die „Androhung“ Trumps könnte also ein Geschenk für die Bürger in der EU werden, wenn die richtigen Schlüsse gezogen werden. Leider sieht es nicht danach aus. Was zeigt, dass Regierungen potenziell kriegerisch eingestellt sind.

    10:22 Uhr, 06.03. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • Trash
    Trash

    So kurios es klingt, aber es könnte tatsächlich passieren, dass Trump der erste Präsident seit langem ist, der mit aller Macht versucht Wahlversprechen einzuhalten. Auch der erste Präsident seit langem der keinen Krieg verursacht - trotz heftiger Verbalattacken und Machosprüchen. Und das i tüpfelchen wäre es noch wenn er der erste Präsident wäre, der verschärfte Waffengesetze durchsetzt. Wenn auch nur in homöopatischer Dosis. Wenn Obama einen Friedensnobelpreis bekommt, müsste man Trump - falls es so eintrifft - heilig sprechen. Verrückte Welt! Ich geh jetzt traden.

    14:31 Uhr, 05.03. 2018
  • wolle271
    wolle271

    Lieber Herr Baron,

    der Hr. Trump macht nichts anderes als seine Wahlsprechen umzusetzen. Dafür wurde er gewählt. Das die ständige Kritik von außen, speziell uns Europäern kommt, ist leicht nachzuvollziehen, denn hier bleiben Wahlsprechen nur heiße Luft. Wem er letztendlich schadet oder auch nicht ist doch reine Spekulation und wissen auch Sie erst hinterher...

    14:01 Uhr, 05.03. 2018
  • netzadler
    netzadler

    trump will in die Geschichtsbücher und zwar mit positiver Erwähnung.

    da reicht es nicht, ein zerrüttetes System weiter künstlich am leben zu halten. das schafft man nur, wenn man dinge neu denkt und dabei grenzen beseitigt. ich zumindest halte mir die Möglichkeit offen, dass ich trump unterschätze, weil er mir so plump daher kommt bzw. die meisten Kommentatoren das zumindest behaupten.

    das Europa 2018 hat fertig. Italien ist pleite, die briten zeigen uns den hintern und der franzosenchef ist wahrscheinlich ein blender.

    Deutschland wird so oder so zahlen müssen, ohne euro oder mit euro.

    13:33 Uhr, 05.03. 2018
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Ich verstehe absolut, dass die EU zornig über de Flatrate bei Stahl ist, allerdings ist sie nicht in der Position um sich als Vorreiter der freien Welthandels zu gebärden. US-Zölle sind im Durchschnitt niedriger als EU-Zölle, die EU verlangt 10% auf amerikanische Autos, die US umgekehrt nur 2,5%.

    12:09 Uhr, 05.03. 2018
    4 Antworten anzeigen
  • Reinhard Scholl
    Reinhard Scholl

    Exczellenter Beitrag, Oliver, Danke!

    Wenn die EU schlau ist, dann "sitzen sie erstmal aus". Denn mit Kanada und Mexiko sind ja direkte Nachbarländer betroffen. Sie sind wohl auch emotional den meisten US-Bürgern nächer als die "Insel" EU die irgendwo weit weg liegt.. (Klingt hart, aber meiner Erfahrung nach die Sichtweise sehr vieler US-Amerikaner).

    Erst wenn Kanada/Mexiko reagiert haben, dann würde ich meinen Schachzug aus EU Sicht planen.

    Denn das ist ja das Ganze: Schach.
    Die Spirale "Handelskrieg" in Gang zu setzen kann aber niemand wollen. Auch Trump nicht. Auch erst - als Großkapitalist und Milliardär - würde sich im worst case Handelskrieg-Szenario ins eigene Fleisch schneiden....

    Ich habe dazu noch ein paar Worte (und Charts) im meinem guidants-Blog geschrieben:
    Scholl am Wochenende - Börsen am Abgrund? Handelskrieg oder Leere Worte?
    https://www.guidants.com/share...

    11:33 Uhr, 05.03. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • okay
    okay

    Soll die Eu die Sanktionen aufheben,als erste Maßnahme

    11:16 Uhr, 05.03. 2018
  • kingkong007
    kingkong007

    Da jault die deutsche Industrie weil Amerika Strafzölle auf Stahl und Alu verhängt. Hier wird beides mit Riesensummen subventioniert auf Kosten des Steuerzahlers. Das macht uns arm.

    Von der Agenda 2010 wollen wir gar nicht reden. Schuld sind immer andere.

    11:15 Uhr, 05.03. 2018

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Oliver Baron
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Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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