Kommentar
16:16 Uhr, 10.05.2018

Wie nachhaltig ist die Zinswende?

Zumindest in den USA sind die Zinsen so hoch wie lange nicht. Doch können die Zinsen überhaupt noch weiter steigen? Und wie lange können sie es noch?

Sparer werden in den USA nun nicht gerade mit Zinsen überschüttet, aber immerhin gibt es wieder Zinsen. In den meisten europäischen Ländern gibt es nichts. Wer zu viel Vermögen hat, zahlt sogar, wenn er sein Geld auf dem Konto hat. Banken geben die Strafzinsen der EZB weiter.

In den letzten 12 Monaten wurde immer deutlicher, dass die Notenbanken die Zinsen mittelfristig wieder anheben wollen. Die US-Notenbank tut dies bereits seit Jahren, wenn auch im Schneckentempo. In Großbritannien gab es auch schon einen ersten, symbolischen Zinsschritt. In der Eurozone ist dieser Moment vermutlich noch ein Stück entfernt.

In der Eurozone stellt sich da fast schon die Frage, ob wir vor dem nächsten Abschwung überhaupt noch eine Zinserhöhung sehen werden. In den USA sind wir weiter. Hier ist die Frage, ob das aktuelle Zinsniveau höher gehen oder ob es überhaupt auf diesem Niveau gehalten werden kann.

Am Ende hängt alles am Wirtschaftswachstum. Vergleicht man das Wachstum mit den langfristigen Zinsen (Grafik 1), ist der Zusammenhang ziemlich klar. Je schneller die Wirtschaft wächst, desto höher sind auch die Zinsen.

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Zinsen setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen. Da ist zum einen der von der Zentralbank vorgegebene Leitzins. Darüber hinaus gibt es eine Inflationskomponente. Liegt der Leitzins unterhalb der Inflation, können die Langfristzinsen dennoch deutlicher höher stehen. Anleger wollen real kein Geld verlieren, sondern welches verdienen. Der Zins ist höher als der Leitzins.

Für längere Laufzeiten gibt es noch einen Risikoaufschlag für die Unsicherheit auf Sicht von vielen Jahren, denn wer weiß schon, was wirklich in 7 oder 10 Jahren ist. Dieser Aufschlag war lange Zeit positiv. Aktuell ist er negativ. Das ist eine ungewöhnliche Situation, zeigt aber, dass Anleger wohl langfristig mit weiter fallenden Zinsen rechnen.

Betrachtet man das Wachstum in Grafik 1, so zeigt sich eigentlich eine Bodenbildung seit 2012. „Zufällig“ bilden auch die Zinsen seit 2012 einen Boden aus. Steigt das Wachstum weiter an, dürften auch die Zinsen weiter ansteigen.

Das abgebildete Wachstum ist das reale Wachstum plus Inflation. Auch wenn die Wirtschaft real nicht schneller wächst, kann sie nominell einen Zahn zulegen, wenn die Inflation anzieht. Inflation wiederum ist ein Nachfragephänomen. Je mehr nachgefragt wird, desto eher steigen die Preise.

Ein wichtiger Faktor in der Nachfrage ist der Staat mit seinen Investitionen und Konsumausgaben. Die Investitionen sind seit Jahrzehnten im Rückwärtsgang (Grafik 2). Es ist vermutlich kein Zufall, dass sich das Wachstum in den letzten Jahrzehnten immer weiter abgeschwächt hat. Die Staatsausgaben wachsen immer langsamer.

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Die USA versuchen die Kehrtwende. Sie haben die Steuern gesenkt, damit die Privatwirtschaft mehr investieren kann. Das bleibt vermutlich mehr ein Wunsch. Dafür werden die Staatsausgaben angehoben. Zumindest das kann der Inflation und dem Wachstum unter die Arme greifen. Ich halte es daher nicht für ausgeschlossen, dass die Zinsen noch ein klein wenig weiter steigen können, solange wir keine Rezession sehen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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