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17:03 Uhr, 18.11.2004

Wie geht es weiter mit dem US-Dollar ?

US-Finanzminister John Snow sorgte am Montag für unfreiwillige Komik. "Die Politik des straken Dollar soll fortgesetzt werden", liess er sich entlocken. Unwillkürlich baute sich vor meinem geistigen Auge der Chart des letzten Jahres auf. War DIES etwa die Konsequenz einer Politik des starken Dollars?

Dennoch, gemeinsam mit Verbalattacken von EZB-Chef Jean-Claude Trichet half Snow, bei einem Kurs von 1,3 US-$/EUR einen Widerstand zu etablieren, der zumindest kurzfristig halten sollte oder sogar als Ausgangsbasis für eine Gegenbewegung dienen könnte.

Die fundamentalen Gründe für die Talfahrt des Greenback sind hinlänglich bekannt. Um genau zu sein, meine Nachbarin kennt sie auch, und ebenso mein Friseur. Das Sentiment könnte nicht negativer für die US-Währung sein.

Die letzten Zahlen zum US-Leistungsbilanzdefizit haben deutlich gemacht, dass sich die Lücke im Handel mit dem Euro-Raum verringert, während in Asien weiterhin das Hauptproblem liegt. Kein Wunder: Denn gegenüber dem EUR verlor der Dollar wesentlich stärker als gegenüber dem Yen, von China, die den Yuan nicht freigeben wollen ganz zu schweigen. Dass die Asiaten letztlich das US-Handelsdefizit finanzieren und damit gleichzeitig die US-Währung vor dem totalen Verfall retten zeigen eindrucksvoll die weltweite Devisenreserven: Der gesamte Euro-Raum verfügte im August nur über 174 Mrd. US-$. Selbst das relativ kleine Südkorea lag mit 170 Mrd. US-$ nur geringfügig darunter, China verbuchte fast 500 Mrd., und Japan gar sagenhafte 808 Mrd. US-$.
In diesem Zusammenhang wird viel von der Macht der Asiaten gesprochen: Sie könnten den Geldhahn zudrehen, massenhaft US-Anleihen verkaufen etc.

Die Wahrheit ist vielmehr, wenn sie das tun, versenken sie das Boot in dem sie selber sitzen. Der US-Markt ist für die asiatischen Länder der mit Abstand wichtigste und solange das so ist wird die bisherige Politik weitergehen. Denn ein Crash des Dollars würde die Importe nach Amerika derart verteuern, dass in China von einer weichen Landung keine Rede mehr sein könnte. Von Japan ganz zu schweigen, welches eben erst aus einer Dauerdepression erwacht ist, was überwiegend dem starken Export zu verdanken ist (der wiederum mit einem schwachen Yen korreliert).

Die Asiaten sind also symbiotisch mit den Amerikanern verbandelt, was aber könnte Europa tun? Ich bin eigentlich gegen Interventionen am Devisenmarkt, aber die EZB zeigte schon einmal gutes Timing, als sie nahe am Tief mit massiven Stützungskäufen für den EUR begann. Es entspricht der mehrstufigen Eingreifpolitik wenn Trichet jetzt erstmal zur Verbalkeule greift. Wenn das nicht fruchtet sind durchaus auch andere Schritte denkbar.

Vor diesem Hintergrund ist, trotz aller mittel-und langfristig absolut begründeten Sorgen, ein kurzfristiges Ende der Dollar-Abwärtsbewegung gegenüber dem EUR nicht unwahrscheinlich.

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