Kommentar
12:23 Uhr, 02.01.2021

Wer zahlt die Rechnung für die Coronakrise?

Die Weltwirtschaft schrumpfte 2020 um 4 Billionen Dollar und Regierungen häuften Defizite von mehr 10 Billionen an. Eine stattliche Rechnung. Doch wer zahlt sie?

Die Frage ist bisher ungeklärt. Die Politik vermeidet es derzeit gewissenhaft, die Frage überhaupt anzuerkennen. Währenddessen ist die Verschuldung rasant angestiegen. Allein in den USA ist die Verschuldung um 20 Prozentpunkte nach oben geschnellt. Mit einem neuen Konjunkturprogramm und weiterhin niedrigen Steuereinnahmen dürfte es 2021 noch einmal ein Defizit von mindestens 10 % der Wirtschaftsleistung geben.

Finanziert wird das alles derzeit durch die Notenbanken. Für viele ist die Frage der Finanzierung der Defizite daher auch müßig. Es gibt ja die Notenbanken. Notenbanken sind jedoch unabhängig von der Politik, theoretisch zumindest. Werden Notenbanken nicht zu einem Instrument von Regierungen, müssen Staaten die Verschuldung anpacken.

Notenbanken wurden für ihre Eingriffe teils stark kritisiert. Wenn es jedoch eine Krise gibt, die Eingriffe rechtfertigt, dann sicherlich diese. Die Alternativen wären Massenarbeitslosigkeit, Massenarmut, Staatsbankrott und Finanzkrise gewesen. Das kann keiner wirklich wollen.

Notenbanken werden Regierungen nicht ewig in diesem Ausmaß finanzieren wie sie es derzeit tun. Sie müssen den Anschein der Unabhängigkeit wahren. Andernfalls kommt es zu Zuständen wie in Simbabwe. Das Notenbanken das riskieren, ist nicht zu erkennen. Jemand muss die Zeche für die Krise früher oder später zahlen.

Konkret müssen die Steuern steigen. Steuern sind für viele zu hoch, sobald sie 0 % überschreiten. Spitzensteuersätze von 42 % bzw. 45 % in Deutschland sind bereits stattlich. Eine Steuererhöhung erscheint schwierig. Über viele Jahre lag der Spitzensteuersatz jedoch bei mehr als 50 % (Grafik 1). Der Steuersatz griff allerdings erst bei höheren Einkommen. Der Spitzensteuersatz von 60 % Ende der 50er Jahre galt für Einkommen über 250.000 Euro. Der Wert ist inflationsbereinigt, also vergleichbar zu heute.


Die Steuerlast ist tendenziell nicht gesunken, da sich der Punkt, ab dem der Spitzensteuersatz gilt, immer weiter nach unten verschoben hat. Inflationsbereinigt ist der Einsatzpunkt erst seit 15 Jahren stabil.

Dennoch kann man sagen, dass höhere Steuern durchaus denkbar sind. Historisch lagen die Steuersätze häufig höher als heute. Das gilt insbesondere auch in den USA. Die USA finanzierten hohe Defizite, etwa um die Weltkriege zu finanzieren, durch hohe Steuern. Der Spitzensteuersatz lag zeitweise bei 90 % (Grafik 2).

Nur eine Gruppe an Steuerzahlern hat über die Jahre immer weniger Steuern gezahlt: Unternehmen. Da Unternehmen ihre Steuern über Grenzen hinweg optimieren können, ist der effektive Steuersatz von 50 % auf 10 % gesunken. Bei Unternehmen gibt es also viel zu holen, wenn man will.

Steuererhöhungen werden aber als Gift für Wachstum gesehen. Das ist so nicht ganz korrekt. Was bei Steuersenkungen ganz offensichtlich geschieht, sind steigende Defizite (Grafik 3). Steuererhöhungen wie in den 90er Jahren haben mittelfristig zu einem Haushaltsüberschuss geführt. Das Wachstum litt deswegen nicht.

Einkommenssteuersenkungen haben tendenziell den Effekt, dass das Wachstum für ein oder zwei Jahre zulegt und danach wieder abflacht. Steuersenkungen für Unternehmen haben keinen solchen Effekt (Grafik 4). Steuererhöhungen sind aus Wachstumssicht durchaus verkraftbar.

Für Anleger wären sie ein schwerer Schlag, vor allem wenn die Unternehmenssteuern erhöht werden. Regierungen arbeiten an Rahmenwerken für ein internationales Steuersystem für Unternehmen, damit Steuerflucht vermieden werden kann. Das dauert Jahre. Die Rechnung für die Krise wird nicht gleich morgen gezahlt. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Rechnung zum Teil über Steuern beglichen wird. Das wird auch den Aktienmarkt beeinflussen.

Clemens Schmale


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7 Kommentare

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  • Expat
    Expat

    Der Ausweitung der Schulden steht 1:1 die Erhöhung der Guthaben gegenüber.

    Schuldgeldsystem nicht verstanden?

    17:25 Uhr, 03.01.2021
    1 Antwort anzeigen
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    Die Unternehmensseite verdient das Geld. Deren Wirtschaftsleistung und Entwicklung ist Grundlage für die zukünftige Entwicklung eines Landes und damit auch ob das Land Schulden machen kann, also die Anleihen am Markt verkauft bekommt.

    16:21 Uhr, 03.01.2021
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    Wenn die Einnahmenseite schwächelt muss man die Ausgaben reduzieren, eine einfache wirtschaftliche Rechnung. 13. Gehalt, Pensionen die deutlich höher sind wie durchschnittliche Renten, Diätenerhöhungen diesen Geldhahn darf man nicht weiter sprudeln lassen als wäre nichts passiert. Auf Dauer wirken sich die Umstellung auf Elektroautos, oder andere Branchenprobleme auf viele industriezweige aus. Dann muss bei den Staatsausgaben bei den sicheren Beamtengehältern und im Öffentlichen Dienst entsprechend der wirtschaftlichen Lage gekürzt werden, so daß der Schuldenberg nicht unkontolliert ansteigt.

    16:01 Uhr, 02.01.2021
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Ich meinte die Steuererhöhungen für Unternehmen, vor allem für die amerikanischen Großkonzerne.

    13:04 Uhr, 02.01.2021
  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    "Steuererhöhungen werden aber als Gift für Wachstum gesehen." Ja, dies Mär hält sich hartnäckig. Vielleicht sollte es man mal testen, ob das wirklich so ist. Wahrscheinlich wird es aber so sein, dass die Kosten durch eine erhöhte Inflation noch in diesem Jahrzehnt in größerem Umfang vom Druchschnittseinkommensbezieher zu bezahlen sind.

    13:02 Uhr, 02.01.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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