Kommentar
11:50 Uhr, 28.01.2009

Weltwirtschaftsforum in Davos beginnt: Was sagten die Experten damals, was heute?

Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin wird heute das 39. Weltwirtschaftsforum in Davos eröffnen, das ganz im Zeichen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise steht.

Mehr als 40 Staats- und Regierungschefs werden teilnehmen – es werden damit doppelt so viele Spitzenpolitiker in den Schweizer Skiort kommen, als im letzten Jahr. Bis zum Sonntag werden die Veranstaltungen gehen, zu denen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao sowie Großbritanniens Premier Gordon Brown erwartet werden.

In diesem Artikel sollen die Aussagen der Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums vor einem Jahr mit den heutigen Aussagen verglichen werden.

Russland

DAMALS: Der russische Finanzminister Aleksei Kudrin bezeichnete sein vom Ölreichtum gesegnetes Land vor einem Jahr als den zukünftigen „Hort der Stabilität“ für ausländische Investoren.

HEUTE: Vor einem Monat prognostizierte er „das schlimmste Jahr für die Wirtschaft in der modernen Zeitrechnung. 2009 wird das schwierigste Jahr für die russische und globale Wirtschaft. Ich kann mich nicht an ein schlechteres Jahr seit dem zweiten Weltkrieg erinnern.“
Stephen Roach, Morgan Stanley

DAMALS kritisierte der Chairman von Morgan Stanley Asia die Zinssenkung, welche die Fed im Januar 2008 durchführte. Damals senkte sie den Leitzins um 75 Basispunkte und damit so stark wie nie zuvor. „Die Politiker gehen den gleichen Weg, der eigentlich zu dieser Krise geführt hatte“, so Roach im Januar 2008. „Wir haben zwei Faktoren die diese Schwächephase ausgelöst haben – ein Rückgang der Immobilienpreise und das Platzen der Kreditblase. Eine aggressive Fed-Politik wird nicht helfen, das Problem zwischen Angebot und Nachfrage zu beheben, was die Hauspreise fallen lässt, und es wird nicht helfen die Kreditmärkte wieder auf das Niveau zu stabilisieren, das vor der Krise da war.“

HEUTE: Kürzlich sagte Roach in einem Interview dann folgendes: „Was hat die Welt von den massiven monetären Stützprogrammen aus dem letzten Jahr? Es scheint mir als wollten die Politiker das gleiche nicht funktionierende System wieder beleben, das die Quelle unserer Probleme heute ist.“

„Das allerletzte was überschuldete, ohne Ersparnisse lebende Amerikaner jetzt brauchen ist eine Rückkehr zum Schulden gestützten und anlageabhängigen Konsum, der im Herzen der Krise steht.“

Fred Bergsten, Direktor des Peter G. Peterson Institute for Internationel Economics in Washington, D.C.

DAMALS: „Es ist undenkbar – ich wiederhole: undenkbar, dass wir eine Rezession der Weltwirtschaft bekommen.“

HEUTE: Vor der heutigen Eröffnung des Weltwirtschaftsforums sagte Bergsten: „Wir können uns über die Definition einer Rezession streiten, aber ich werde mich nicht hinter Definitionen verstecken. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und die Globalisierung dieser Schwäche sind weitaus kräftiger ausgefallen, als von mir erwartet.“ Er fügte aber hinzu: „Trotzdem war meine Prognose für die ersten drei Quartale 2008 richtig.“
Nouriel Roubini, Professor für Volkswirtschatslehre an der New York University

DAMALS: Roubini prognostiziert eine Flut von Kreditausfällen und einen verlängerten Bärenmarkt. „Die Debatte dreht sich nicht um die Frage, ob wir eine harte oder eine sanfte Landung der Wirtschaft haben werden. Die Frage ist wie hart die harte Landung sein wird.“

HEUTE: Roubini sieht heute die Verluste durch Kreditausfälle bei 3,6 Billionen US-Dollar für US-Unternehmen. Die Hälfte dieser Summe müsse von Banken und Wertpapierhandelsgesellschaften getragen werden. „Wenn diese Einschätzung zutrifft, bedeutete dies, dass das US-Bankensystem praktisch zahlungsunfähig ist, weil es nur mit 1,4 Billionen US-Dollar kapitalisiert ist. Wir haben es mit einer systemischen Bankenkrise zu tun.“

„Die Probleme von Citi, Bank of America und anderen deuten darauf hin, dass das System pleite ist. In Europa gilt das gleiche.“

Rohstoffpreise könnten weitere 15 bis 20 Prozent vom aktuellen Niveau fallen. Der Ausblick für die Rohstoffpreise ist gut für die Öl importierenden Länder. Die niedrigeren Preise würden ermöglichen, dass die Konjunkturerholung schneller eintritt. Für Öl exportierende Länder sei dies jedoch klar negativ zu werten.

John Snow, damals Finanzminister unter US-Präsident Bush und heute Chairman von Cerberus Capital Management

DAMALS: Damals sagte Snow, dass die Rezession, in welche die USA Anfang 2008 schlitterten, „kurz und seicht“ sein wird.

HEUTE: Heute lehnt Snow eine Stellungnahme ab.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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