Kommentar
09:23 Uhr, 11.05.2015

Was wurde eigentlich aus ZYPERN?

Zypern is back. Der Staat ist auf den Finanzmarkt zurückgekehrt. Die Kapitalverkehrskontrollen sind aufgehoben und Bankaktien sind nach 2 Jahren nicht mehr vom Handel ausgesetzt.

An die Finanzmärkte zurückzukehren ist noch nicht der endgültige Ritterschlag. Vor einem Jahr schaffte auch Griechenland den Weg zurück an die Märkte. Was daraus geworden ist, wissen wir nur allzu gut. Die Kreditausfallversicherungen für griechische Anleihen stehen so hoch wie zuletzt kurz vor dem Schuldenschnitt.

Das muss Zypern nicht passieren. Das Land hat große Anstrengungen unternommen und hart durchgegriffen. Es hat vieles von dem getan, worauf man bei Griechenland noch wartet. Die Mittel waren durchaus umstritten. Das Land führte Verkehrskapitalkontrollen ein. Die Menge an Geld, die außer Landes gebracht werden durfte, war stark begrenzt. Kontoinhaber wurden zwangsenteignet, um die Banken zu retten. Letzteres halte ich auch heute noch für einen Skandal, gewirkt hat es trotzdem.

Grafik 1 zeigt einige der wichtigsten Kennzahlen für das Land. Das Wirtschaftswachstum ist stark negativ. 2013 schrumpfe die Wirtschaft 7,6%. Vergangenes Jahr waren es noch einmal 2,3%. 2015 sollte sich die Lage wieder soweit stabilisieren, dass Zypern nicht weiter schrumpft oder sogar wieder ein minimales Wachstum zeigt.

Die Deflation wird 2015 ebenfalls ein Ende finden, zumindest ist davon grundsätzlich auszugehen. Die Arbeitslosenquote stieg 2014 nicht weiter an, obwohl die Wirtschaft schrumpfte. Das ist ein ziemlich klares Signal dafür, dass die Wirtschaft ihr Tal durchschritten hat.

Die Entwicklung der Staatsschulden ist nicht ganz so ermunternd. Bis Ende 2014 war noch keine Trendwende in Sicht. Von 2012 bis 2014 stiegen die Schulden von 66 auf über 100% der Wirtschaftsleistung. Ein Teil des Anstiegs ist auf die geschrumpfte Wirtschaftsleistung zurückzuführen. Einen anderen, nicht unwesentlichen Teil trug die Bankenrettung bei. Rechnet man die Rekapitalisierung des Genossenschaftsbankensektors aus den Staatsfinanzen heraus, dann konnte Zypern bereits im vergangenen Jahr fast einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen.

Die Schulden dürften 2015 ihren Höhepunkt erreichen und dann wieder abgebaut werden. Zypern hat bereits von 2004 bis 2009 bewiesen, dass es Schulden nicht nur auf-, sondern auch abbauen kann.

Anleger können seit einem Monat wieder Bankaktien handeln. Sie wurden von März 2013 bis Ende 2014 vom Handel ausgesetzt. Handelbar und interessant ist nur eine Bankaktie und zwar die der Bank of Cyprus (BoC). Seitdem der Handel wieder aufgenommen wurde geht es mit dem Kurs volatil seitwärts. Die Marktkapitalisierung schwankt zwischen 1,5 und 2 Mrd. Euro. Das mag fast ein wenig viel erscheinen. So unnatürlich es klingt, die Bewertung macht durchaus Sinn.

Die Bilanz wurde um ein Drittel verkleinert. Das ausstehende Kreditvolumen sank von 28 Mrd. Euro auf 18 Mrd. Höchstwahrscheinlich wird es noch weiter fallen und auf 15 Mrd. sinken. Die Kapitalflucht wurde per Gesetz verhindert. Bevor es allerdings soweit war und die Kapitalverkehrskontrollen in Kraft traten, machten Zyprioten und Russen durchaus noch gebrauch vom Kapitalverkehr und zogen fast zwei Drittel aller Einlagen ab.

Wenn man sich vorstellt, dass innerhalb kurzer Zeit zwei Drittel aller Einlagen abgezogen wurde, dann versteht man, wieso die Regierung zu drastischen Mitteln greifen musste. Hätte sie es nicht getan, dann wäre das Bankensystem komplett zusammengebrochen. Das hätte in ziemliches Chaos gegeben. Zypern hätte komplett von vorne beginnen müssen. Die Maßnahmen der Regierung haben das verhindert.

Inzwischen ist die BoC mit einer ordentlichen Eigenkapitaldecke ausgestattet. Kurz bevor der Kapitalmarkt abgeschottet wurde sank das Eigenkapital der BoC praktisch auf Null. Möglicherweise war es zeitweise sogar negativ. Leider hat die Bank keinen Bericht zum ersten Quartal 2013 veröffentlicht, sodass sich das nicht nachvollziehen lässt. Bedenkt man aber wie schnell das Eigenkapital von Ende 2011 bis Ende 2012 schmolz, kann man sich vorstellen wie Situation Anfang 2013 gewesen sein muss.

Inzwischen hat die Bank über 3 Mrd. an Eigenkapital. Bewertet wird sie mit 1,8 Mrd. an der Börse. Die Aktien sind also weniger wert als das Eigenkapital. Der Puffer zwischen Eigenkapital und Bewertung liegt bei über einem Drittel. Das ist relativ komfortabel.
Grafik 3 zeigt den Geschäftsverlauf der Bank auf Jahressicht. 2012 und 2013 wurden jeweils mehr als 2 Mrd. Verlust eingefahren. Hauptgrund war nicht nur die Finanzkrise an sich und einbrechende Einnahmen, sondern auch hohe Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Bankrott Griechenlands. 2013 mussten die zyprischen Banken ihre Beteiligungen und Zweigstellen in Griechenland verkaufen. Das führte noch einmal zu einem hohen Sonderverlust (Ergebnis aus Assetverkäufen). Wie sich jetzt herausstellt war das trotz der hohe Verluste die richtige Entscheidung die griechischen Geschäftszweige loszuwerden.

2014 erwirtschaftete die Bank noch einen Verlust von 260 Mio. Euro. Nimmt man an, dass das so bleibt, dann könnte die BoC noch 5 Jahre lang Verluste in gleicher Höhe einfahren und das Unternehmen wäre an der Börse noch immer sinnvoll bewertet. Das Eigenkapital würde sich durch fünf weitere Jahre von jeweils 260 Mio. von gut 3 Mrd. auf 1,8 Mrd. reduzieren. Das entspricht dann dem Börsenwert.

Man kann nicht absehen was passiert, wenn Griechenland in den Bankrott geht. Vermutlich werden zyprische Banken davon jedoch so gut wie gar nicht getroffen werden. Sämtliche Verflechtungen mit Griechenland wurden aufgelöst.

Persönlich traue ich der Bank of Cyprus bereits dieses Jahr ein annähernd ausgeglichenes Ergebnis zu. Ab 2016 kann wieder ein Gewinn erwirtschaftet werden. Auf Basis der aktuellen Bilanzgröße hat das Unternehmen eine Ertragskraft von ungefähr 300 Mio. Euro pro Jahr, sobald die Wirtschaft wieder anzieht und Kreditnehmer ihre Kredite wieder bedienen können. Auf Basis dieser Ertragskraft müsste die Bank eigentlich mit 3,6 Mrd. bewertet werden. Langfristig sollte dieser Wert auch wieder erreicht werden. Der Weg dorthin ist jedoch sicherlich nichts für schwache Nerven.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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