Kommentar
16:16 Uhr, 18.07.2023

Was steckt hinter dem Dollar-Kollaps?

Der Dollar Index steht nicht nur deutlich unter seinem Hoch, sondern bricht seit Tagen regelrecht weg. Das freut alle anderen Währungen, nur der Euro dürfte nicht mehr viel profitieren.

Bei Währungen kommt alles auf die relative Entwicklung an. Währungen wie der Dollar werten auf, wenn die Lage besser ist als in anderen Währungsräumen. Bei der Lage sind vor allem zwei Faktoren ausschlaggebend. Zum einen ist es die Zinsdifferenz, zum anderen die relative wirtschaftliche Entwicklung.

Dank guter Inflationsdaten gehen Marktteilnehmer nur noch von einem Zinsschritt in den USA aus. Für die Eurozone wird noch etwas mehr erwartet. In Großbritannien erwarten Anleger das Zinshoch bei 6,5 % und Japan kann im Vergleich zu den USA seine Geldpolitik nur straffen. Dass der Dollar in den vergangenen Tagen schwach war, lässt sich durch die verschiedenen Zinsausblicke erklären. Es steckt allerdings noch mehr dahinter.

Auch wirtschaftlich spricht das Umfeld gegen den Dollar. Das ist nicht unbedingt intuitiv. Die US-Wirtschaft wächst, die Eurozone und Großbritannien stagnieren. Hier kommt die Relation ins Spiel. Der Ausblick für die US-Wirtschaft ist stabil. In Europa und Großbritannien hat sich der Ausblick leicht verbessert. Die Entwicklung der Frühindikatoren bringt es auf den Punkt (Grafik 1).

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Steigt der Index der Frühindikatoren in den USA schneller als in anderen Ländern, sollte auch der Dollar aufwerten. Langsam, aber sicher verschiebt sich diese Relation zugunsten anderer Währungen. Beispielhaft ist dies für den Yen dargestellt (Grafik 2). Die Aufwertung des Yen und anderer Währungen gegenüber dem Dollar haben den Trend inzwischen vorweggenommen.

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Deswegen muss die Dollarschwäche noch nicht am Ende sein. Der reale Dollarindex ist immer noch auf hohem Niveau (Grafik 3). Langfristig tendieren Indizes wieder zum Mittel. Der Dollar könnte weitere 10 % verlieren. Dies dürfte jedoch vor allem von anderen Währungen als dem Euro getrieben sein. Das britische Pfund ist im Vergleich zur langen Historie immer noch schwach (Grafik 4).

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Eine Rückkehr zum langjährigen Mittel seit den 60er Jahren ist unwahrscheinlich. Dazu hat sich zu viel in Großbritannien verändert. Eine weitere Aufwertung im Bereich von 10 % ist jedoch denkbar. Beim Yen könnte es wesentlich mehr sein. Der inflationsbereinigte Yen-Index ist auf ein 50-jähriges Tief gefallen (Grafik 5). Trotz weiterhin lockerer Geldpolitik ist das übertrieben. Der Yen ist deutlich unterbewertet.

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Für den Euro und Vorgängerwährungen gilt dies nicht. Der Euro-Index schiebt sich unter geringeren Schwankungen als andere Indizes seitwärts. Eine Rückkehr zum Mittel hat bereits stattgefunden (Grafik 6). Eine weitere Abwertung des Dollars dürfte also vor allem von anderen Währungen getrieben werden. Die Abwertung ist eine Mischung aus einer Verschiebung der relativen Lage zugunsten anderer Währungen und einer Überbewertung des Dollars in den vergangenen Jahren.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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