Kommentar
13:26 Uhr, 18.03.2016

Was hat die EZB mit dem Raumschiff Enterprise gemeinsam?

Die Fed lässt ihre Leitzinsen erneut unangetastet. Mit gesenkten Zinsprojektionen für 2016 (0,875 nach zuvor 1,375), für 2017 (1,875 nach zuvor 2,375) und 2018 (3,0 nach 3,25 Prozent) untermauert sie ihren zinspolitischen Rückzug. Ihrer Leitzinserhöhungs-Askese verleiht sie mit gesenkten US-Wachstumsprojektionen für 2016 (2,2 nach zuvor 2,4) und für 2017 (2,1 nach zuvor 2,2 Prozent) zusätzlichen Nachdruck. Und schließlich ist die Lage an dem von der Fed vielbeachteten US-Arbeitsmarkt weniger robust, als die Statistik neu geschaffener Jobs alleine suggeriert. So deutet der von der US-Notenbank veröffentlichte, auf 19 Subindikatoren basierende US-Labor Market Conditions Index seit Jahresbeginn auf eine Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen hin.

Zudem verweist Fed-Chefin Yellen darauf, dass die seit Oktober 2015 im Trend ansteigende Inflationsrate „nicht zu optimistisch interpretiert werden dürfe“. Mit der Senkung ihrer Inflationsprognosen für 2016 auf 1,2 nach zuvor 1,6 Prozent setzt die Fed ein klares Signal, dass die USA kein Inflationsproblem hat, auch nicht auf der Erwartungsebene. Vor diesem Hintergrund ist ein Ende der Zinswende eingeleitet, auch wenn Frau Yellen dies aus Glaubwürdigkeitsgründen noch nicht aussprechen kann.

Der Blick der Fed geht weit über den nationalen Tellerrand hinaus

Eine eigenständige Geld- und Zinspolitik der Fed aufgrund der finanz- und realwirtschaftlichen Globalisierung ist der US-Notenbank ohnehin längst nicht mehr möglich. Ihr ist das Risiko sehr bewusst, dass Leitzinsanhebungen Kapitalströme aus den Schwellenländern in die USA in Gang setzen. An Attraktivität gewinnende US-Zinsanlagen bei gleichzeitigen Währungsgewinnen konkurrieren mit unsicheren Investitionsbedingungen in China und Lateinamerika. Käme es dort zu Investitionsausfällen, hätte die Fed nicht zuletzt auch der Weltwirtschaft einen schlechten Dienst erwiesen. Dieser Verantwortung ist sich Frau Yellen sehr bewusst. Sie ist die Schutzheilige der Schwellenländer. Denn angesichts ihrer hohen US-Dollar-Verschuldung kommt ihnen die Dollar-Abschwächung - über die Leitzinsentspannung - bzw. ihre Währungsaufwertung sehr zugute. Die Staatshaushalte werden so auf der Kostenseite entlastet.

Die zurückhaltende Zinsrhetorik der Fed verfehlt ihre Wirkung auch nicht bei Rohstoffen. Die Umkehrung der Dollar-Aufwertung hat zur Erholung der Rohstoffpreise beigetragen, die sich aus Gründen der Absicherung grundsätzlich entgegengesetzt zum US-Dollar entwickeln. So können sich die Staatshaushalte der Rohstoffländer auf der Einnahmenseite entspannen.

Die Bank of Japan hat sich für eine andere konjunkturelle Stoßrichtung entschieden

Die bisherige geldpolitische Expansion Japans hat nicht zum gewünschten Erfolg einer Währungsabwertung des Yen und damit einer exportseitigen Stimulierung der japanischen Volkswirtschaft geführt. Im Gegenteil, abgesehen davon, dass der japanische Yen als sicherer Hafen in Asien gilt, hat er seit Sommer 2015 trotz dramatischer Schwächungsversuche deutlich aufgewertet. Eine damit einhergehende Verbilligung der Importpreise hat zu einem dramatischen Verfall der Inflation beigetragen.

De facto ist die Bank of Japan ihrem Ziel der Deflationsbekämpfung seit Beginn ihrer Liquiditätsoffensive Anfang 2013 kein Stück näher gekommen. Denn auch die Inflationserwartungen haben deutlich nachgegeben.

Grundsätzlich hat man in Japan verstanden, dass der globale Währungsabwertungswettlauf ein Nullsummenspiel ist, bei dem keine Notenbank nachhaltig seine Währung abschwächen kann. Japan beschreitet einen anderen Weg der konjunkturellen Stützung: Die binnenwirtschaftliche Karte wird gezogen. Dabei liegt der Fokus auf staatlichen Infrastrukturmaßnahmen und einer Dynamisierung der unter Überalterung leidenden japanischen Binnennachfrage. Hiermit will man auch privatwirtschaftliche Investitionen anstoßen, um insgesamt der Deflation zu entkommen. Auch bei dieser Strategie bleibt die Geldpolitik von allergrößter Bedeutung. Sie ist seit 2013 der alleinige Finanzierer der japanischen Neuverschuldung.

Die EZB glaubt an das Wirtschaftswunder

Neben ihrer extrem großzügigen Liquiditätsausweitung und Senkung des Einlagenzinssatzes auf minus 0,4 Prozent kauft sie nun auch Nicht-Banken-Unternehmensanleihen von mindestens Investment Grade-Bonität auf. Nach Senkung der Renditen von Staatsanleihen will man nun auch die Finanzierung von Papieren des Unternehmenssektors erleichtern. Seit Mitte 2015 hatten nämlich die Russland-Sanktionen, die Nachfrageschwäche der Rohstoffländer und die Ängste vor einem hard landing Chinas zu steigenden Risikoaufschlägen 10-jähriger Unternehmensanleihen (BBB) zu deutschen Staatsanleihen gleicher Laufzeit geführt.

GRAFIK DER WOCHE
Bilanzsumme der EZB und Renditeaufschlag 10-jähriger Unternehmensanleihen zu deutschen Staatsanleihen

Doch auch diese geldpolitische Angebotsverbesserung wird nicht die nachfrageseitige Trendwende der Konjunktur in der Eurozone bewirken. Die Reformwüste in der Eurozone, die Bilanzbereinigung der Banken - sie sitzen immer noch auf vielen faulen Krediten - und große Verunsicherungen auf der Konsumenten- und Unternehmerseite stehen dem entgegen.

Helikopter-Geld ist im wahrsten Sinne des Wortes Wahnsinn

Helikopter-Geld oder was ist Wahnsinn?
Laut Albert Einstein ist die Definition von Wahnsinn, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Auf die EZB bezogen heißt das, immer wieder die Geldpolitik zu missbrauchen, um auf ein anderes Ergebnis - die Konjunkturstimulierung - zu hoffen. Mario Draghi will den Aufschwung mit seiner Geldpolitik erzwingen. Auf der letzten EZB-Sitzung gestand er sogar ein, dass man das Konzept von „Helicopter-Geld“ zumindest „beobachten müsse“. Dabei würde die Notenbank de facto Geld zur Ankurbelung der Wirtschaft direkt an Haushalte ohne jegliche Gegenleistung verschenken.

Die allgemein diskutierten Vorschläge reichen von einem Geldtransfer an Euro-Staaten, die das Geld in Form von Steuererleichterungen oder Schenkungen dann an ihre Bürger weitergeben - in der Finanzkrise 2008 erhielten US-Amerikaner solche Steuergutschriften von insgesamt 150 Mrd. US-Dollar - bis zu einem direkten Geldtransfer der EZB an die Euro-Bürger, in der Hoffnung den Konsum und schließlich die Wirtschaft anzukurbeln. Abgesehen von zahlungstechnischen Hindernissen ist es absurd, an die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu glauben. Das unübersehbare Scheitern der bisherigen Geldpolitik wäre damit dokumentiert. Wenn selbst Notenbanken kapitulieren, ist steigendes Misstrauen und Verunsicherung in unserem Finanzsystem nicht mehr zu verhindern. Im besten Fall führten die geldpolitischen Wohltaten - die man ja ausgeben müsste, damit sie nicht verfallen - nur zu einem konjunkturellen Einmal-Effekt, einem Strohfeuer. Eine nachhaltige Wirkung wäre nur dann zu erwarten, wenn sich die allgemeine Konsum- und Investitionsstimmung bessern würde. Davon ist nicht auszugehen. Dann würden die Wirtschaftsteilnehmer aber erwarten, dass der nächste Geldscheck verabreicht würde. Zum Schluss befänden wir uns in einer Daueralimentierung, die jeder persönlichen Anstrengung entgegenwirkt und damit das Leistungsprinzip ausschaltet. Diese Idee ist im wahrsten Sinne des Wortes Wahnsinn. Was haben die EZB und das Raumschiff Enterprise gemeinsam? Beide erreichen Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Eine sinnvolle Alternative wäre es dagegen, wenn die Euro-Staaten die zu negativen Renditen mögliche Staatsneuverschuldung zur infrastrukturellen Standortverbesserung nutzten.

Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung - Die Elemente der Risikoentspannung nehmen zu
Die für Rohstoffländer negative Kausalkette „Steigende US-Leitzinsen = starker Dollar = schwache Rohstoffpreise = sinkende Kaufkraft“ hat eine Trendwende vollzogen. Die globalen Konjunkturängste geben nach. Von mehr Kaufkraft in den Opec-Ländern profitieren insbesondere exportsensitive deutsche Unternehmen.

Auch die chinesische Verunsicherung an den Finanzmärkten lässt nach. Die geldpolitische Stützung des Aktienmarktes hat Befürchtungen vor einem unkontrollierten Einbruch der Konjunktur nach dem Motto „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“ eingedämmt. Auch die Kreditausfallprämien haben deutlich nachgegeben.

Nach dem verbalen Rückzug der Fed hat der Euro aufgewertet. Im Kopfkino der Anleger wird damit sofort eine Schwächung der Außenhandelsposition Deutschlands in Verbindung gebracht. Doch das realwirtschaftliche Handicap ist geringer als gedacht. Deutsche Unternehmen konnten in der Vergangenheit selbst bei weit höheren Euro-Notierungen gute Umsatz- und Gewinnausweise zeigen.

Ein besonderes Pro-Argument für deutsche Aktien ist die anstehende Dividendensaison. Insgesamt haben 80 Prozent aller im deutschen Leitindex gelisteten Unternehmen ihre Ausschüttungssummen erhöht. Insgesamt wird die höchste Dividendensumme der DAX-Konzerne aller Zeiten ausgeschüttet, die erfreulicherweise nicht aus der Unternehmenssubstanz, sondern aus erwirtschafteten Gewinnen gezahlt wird. Nicht zuletzt bieten dividendenstarke Aktien ein ordentliches Risikopolster gegen Kursschwankungen.

Der DAX stellt mit einer Dividendenrendite von aktuell 3,3 Prozent alternative Zinsanlagen weit in den Schatten. Bei deutschen Einzelaktien lassen sich Dividendenrenditen über fünf Prozent erzielen.

Vor diesem Hintergrund wächst insgesamt der Risikoappetit der Anleger am deutschen Aktienmarkt. Unterstrichen wird diese Einschätzung durch konjunktur- und exportsensitive Aktien, die bereits wieder an relativer Stärke gegenüber Defensivtiteln gewinnen. Die zwischenzeitlich eingetrübten ifo Geschäftserwartungen werden offensichtlich als nicht nachhaltig angesehen.

Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50 - Es geht weiter bergauf
Charttechnisch liegen im DAX die ersten Widerstände auf dem Weg nach oben in der Zone zwischen 9.905 und 9.925, bei rund 10.000 und bei 10.123 Punkten. Darüber liegen weitere Barrieren bei 10.416, 10.485 und am mittelfristigen Abwärtstrend bei zurzeit 10.494 Punkten. Auf der Unterseite verlaufen dagegen Unterstützungen bei rund 9.700 und 9.620 Punkten. Darunter bietet die wichtige Marke bei 9.498 Halt.

Im Euro Stoxx 50 liegt auf der Oberseite die nächste Hürde bei 3.137 Punkten, gefolgt von weiteren bei rund 3.200 und 3.262. Im Falle einer Korrektur bietet der kurzfristige Aufwärtstrend bei 2.998 Punkten Halt. Darunter wartet eine Unterstützungszone zwischen 2.950 und 2.930 Punkten.

Der Wochenausblick für die KW 12 - Konjunkturstimmungstest in Deutschland
In Japan setzen ein schwacher Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe und zunehmender Deflationsdruck die Bank of Japan unter Zugzwang, auf der nächsten geldpolitischen Sitzung weitere Liquiditätsmaßnahmen zur Finanzierung von Konjunkturprogrammen zu ergreifen.

In den USA zeichnen im Februar rückläufige Auftragseingänge langlebiger Güter und Neubauverkäufe, die ihren volatilen Seitwärtstrend fortsetzen, ein wenig dynamisches Bild der US-Wirtschaft.

In der Eurozone unterstreichen die Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe die lethargische Wirtschaftsentwicklung. Der Fokus der Anleger liegt auf den ZEW Konjunkturerwartungen und den ifo Geschäftsdaten.

Eine eigenständige Geld- und Zinspolitik der Fed aufgrund der finanz- und realwirtschaftlichen Globalisierung ist der US-Notenbank ohnehin längst nicht mehr möglich. Ihr ist das Risiko sehr bewusst, dass Leitzinsanhebungen Kapitalströme aus den Schwellenländern in die USA in Gang setzen. An Attraktivität gewinnende US-Zinsanlagen bei gleichzeitigen Währungsgewinnen konkurrieren mit unsicheren Investitionsbedingungen in China und Lateinamerika. Käme es dort zu Investitionsausfällen, hätte die Fed nicht zuletzt auch der Weltwirtschaft einen schlechten Dienst erwiesen. Dieser Verantwortung ist sich Frau Yellen sehr bewusst. Sie ist die Schutzheilige der Schwellenländer. Denn angesichts ihrer hohen US-Dollar-Verschuldung kommt ihnen die Dollar-Abschwächung - über die Leitzinsentspannung - bzw. ihre Währungsaufwertung sehr zugute. Die Staatshaushalte werden so auf der Kostenseite entlastet.

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