Kommentar
21:25 Uhr, 11.02.2019

Warnsignal für die Börsen: Warum sieht das niemand?

Börse gut, alles gut? Von wegen. Dieses Segment sendet katastrophale Signale. Man fragt sich, wieso niemand beunruhigt ist.

Die Korrelation zwischen diesen beiden Märkten ist immens. Man sollte das Signal sehr ernst nehmen. Es scheint aber aktuell kaum jemanden zu interessieren.

Der Aktien- und Anleihemarkt sind stark korreliert. Sind Anleger risikofreudig, kaufen sie Aktien und verkaufen Anleihen. Aktienkurse steigen und die Renditen der Staatsanleihen steigen ebenfalls. Ende 2018 fielen die Zinsen und Aktienkurse. Das war eine ganz normale Reaktion. Im Januar hat sich das Blatt zumindest für den Aktienmarkt gewendet. Aktien konnten steigen, nicht aber die Zinsen. In Deutschland erreichte die Rendite 10-jähriger Anleihen im vergangenen Jahr einmal 0,7 %. Inzwischen sind es wieder weniger als 0,1 %. Es fehlt nicht mehr viel bis zur negativen Rendite.

Japan hat das bereits erreicht (Grafik 1). Die Rendite fiel im Januar wieder unter die Marke von 0 %. Das ist außergewöhnlich, da die Risikofreude zu Jahresbeginn deutlich gestiegen ist. Aktien wurden im Rekordtempo nach oben gekauft.

Von Zinswende ist auf dem Anleihemarkt inzwischen aber nichts mehr zu spüren. Anleger flüchten in Sicherheit. Das tun sie nicht nur zum Spaß. Anleihen werden gekauft, wenn sich der wirtschaftliche Ausblick eintrübt. Zinssteigerungen sind dann unwahrscheinlicher und es gibt kaum Argumente, weshalb Aktien steigen sollten. Entsprechend attraktiv erscheinen da Anleihen.

Dass die Zinsen fallen und Aktien steigen, ist ungewöhnlich. Anleger sollten daher vorsichtig bleiben. Die Aktienmarktrally steht auf wackeligem Fundament. Sie wurde maßgeblich vom Einlenken der US-Notenbank getragen. Diese hat eine 180° Wende vollzogen. Anstatt an Zinserhöhungen und Bilanzreduktion festzuhalten, lässt sie nun vollkommen offen, was als nächstes geschieht. Es könnte auch eine Zinssenkung sein.

Das ist für die Börse erst einmal gut. Die Notenbank ändert ihren Ausblick allerdings auch nicht einfach nur so. Es muss schon einen Grund geben. Die Volatilität auf dem Finanzmarkt hat in der Realwirtschaft zu Problemen geführt. So brach etwa der Emissionsmarkt für hochverzinsliche Anleihen im Dezember ein. Können sich Unternehmen nicht über den Anleihemarkt finanzieren, weil Anleger zu nervös sind, schadet das der Realwirtschaft.

Auch die Stimmung der Unternehmen war schon einmal besser. Die Lage hat sich eingetrübt. Damit werden auch Unternehmen unter Druck bleiben. Gewinnwachstum wird schwierig. Anleger feiern die Kehrtwende der Fed, vergessen dabei aber die Gründe dafür.

Es ist ein Reflex, der da stattgefunden hat. Die Fed wird lockerer, man kauft – ohne nachzudenken. Früher oder später wird auch Aktienanlegern ein Licht aufgehen. Die Kehrtwende der Notenbank ist nicht positiv, sondern negativ, weil sie ankündigt, dass sich die Wirtschaft abkühlt.

Anleger hoffen, dass die Abkühlung nun nicht in dem Ausmaß kommt wie befürchtet. Hoffnung ist aber keine vernünftige Anlagestrategie. Anleger sollten daher die Zinsenwicklung nicht aus dem Auge verlieren. Diese spricht dagegen, dass sich das hohe Kursniveau lange halten wird.

Autor: Clemens Schmale

1 Kommentar

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    Tja Herr Schmale, die Frage stellt sich in der Tat. Wobei es nicht so ist, das tatsächlich niemand das rote Warnsignal sieht, welches die Anleihemärkte aussenden. Die Zinswende ist bis auf Weiteres abgesagt, die Kurse klettern emsig nach Norden, es fließt jede Menge Cash in den Anleihemarkt, er ist der Elefant im Raum.

    Die ihn sehen sollten, die Kleinanleger nämlich, sehen ihn nicht. Sie sehen nur eine dovishe FED und sind deshalb der Meinung, die Vollkasko in Form des FED-Put sichert bis auf eine überschaubare Selbstbeteiligung größere Schäden ab.

    Die ganze Rally seit Weihnachten hat ja unter ziemlich dünnen Umsätzen stattgefunden und bislang keine Dickfische in den Markt locken können. Der S+P ist überkauft und hat sich an der SMA 200 festgefressen. Es sollte nicht verwundern, wenn der S+P plötzlich 250 Punkte tiefer notiert.

    22:30 Uhr, 11.02.2019

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