Wann wird aus dem "L" ein "U"?
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Frankfurt (BoerseGo.de) - Die Experten von J.P. Morgan Asset Management zeigen sich verhalten optimistisch für die weitere Entwicklung der globalen Märkte. Bei einem Investorengespräch in Frankfurt erläutert Robert Michele, CIO für Anleihen und Währungen, dass es bei allen derzeit zu verzeichnenden positiven Frühindikatoren nach wie vor noch Korrekturbedarf gebe. Aber er sieht den G20-Gipfel als Wendepunkt: das Momentum des Abwärtstrends habe gestoppt werden können. Es sei – wenn auch auf niedrigem Niveau – zu einer Bodenbildung gekommen. Nun befinde sich die Wirtschaft in einer L-förmigen Seitwärtsbewegung. Damit aus dem „L“ nachhaltig ein „U“ werde, seien jedoch noch einige Folgen der Krise aufzuarbeiten: In der Historie zeigten Volkswirtschaften mit einer Bankenkrise im Durchschnitt vier Jahre ein Wachstum unter Trend. Ebenso dauere es rund vier Jahre bis das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wieder auf das Niveau vor der Krise ansteigt.
In den USA habe das von der Obama-Regierung angekündigte Public-Private Investment Program (PPIP) des US-Finanzministeriums und der geplante Aufkauf von Staatsanleihen sowie von zusätzlichen Mortgage Backed Securities (MBS) und Anleihen der US-Agencies durch die Federal Reserve erhebliche Auswirkungen auf die Rentenmärkte. Nach einer deutlichen Kontraktion in der ersten Jahreshälfte sollten die Konjunkturmaßnahmen, der fortschreitende Lagerabbau, der geringere Druck aus dem Wohnimmobilienmarkt und die etwas günstigeren Finanzierungsbedingungen im zweiten Halbjahr eine allmähliche Rückkehr auf den Wachstumspfad herbeiführen. Dennoch dürfte das Wachstum mit gut einem Prozent unter der langfristigen Trendrate und somit so schwach bleiben, dass mit einem anhaltenden Anstieg der Arbeitslosenquote gerechnet werden müsse. Aufgrund der beherzten Maßnahmen der Bank of England dürfte sich auch der Wirtschaftsabschwung in Großbritannien in den nächsten Monaten verlangsamen. Dennoch sei für die zweite Jahreshälfte bestenfalls mit einer Seitwärtsentwicklung der Wachstumsrate zu rechnen. Die Wirtschaftsflaute in Japan werde dagegen in den nächsten Quartalen anhalten, denn die Konjunkturindikatoren trübten sich weiter ein. Auch die Bank of Japan ging bereits zur Politik der Kreditlockerung über, um die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen zu verbessern. Darüber hinaus weitete die japanische Notenbank den Kauf von Staatsanleihen aus. Sogar die gescholtene EZB, die den Hauptrefinanzierungssatz zuletzt auf ein Prozent senkte, hat ihre Politik der Kreditlockerung durch die Ankündigung des Kaufs von Pfandbriefen ausgeweitet.
Durch die Maßnahmen der Notenbanken würden die Zinsen gewolltermaßen sinken, was „sichere Anlagehäfen“ wie den Geldmarkt und Staatsanleihen unattraktiver mache, erläutert Lisa Coleman, Leiterin des Teams für globale Unternehmensanleihen bei J.P. Morgan Asset Management. Obwohl bereits eine erste Rallye zu beobachten war, seien Anlagen, die etwas mehr Risiko aufweisen, nach wie vor attraktiv bewertet – so etwa Corporate Bonds, Wandelanleihen und sogar der Markt für Hochzinsanleihen. Allerdings seien die Fundamentaldaten weiterhin schwach, und für Coleman stellt sich die Frage, wie nachhaltig der Aufschwung an den Märkten für Unternehmensanleihen, Convertibles und High Yields tatsächlich ist. Lisa Coleman spricht von rezessionsbedingtem Gegenwind der weiterhin bestehe. Damit meint sie die nach wie vor zurückhaltende Kreditvergabe der Banken, die zurückgehende Profitabilität, den Trend zu übervorsichtigem Agieren der Rating-Agenturen bis hin zu wackeligen Refinanzierungsplänen der Unternehmen. Da jedoch die Risikoaufschläge nach wie vor ein negatives Szenario einpreisten, bestehe ein respektabler Puffer für eventuelle Ausfälle. Hintergrund sei, dass die Risikoprämien für die gesamte Anlageklasse „Credit“ 2008 Niveaus erreichten, wie seit der großen Depression nicht mehr. Seit Ende 2008 hätten sich diese Spreads schon wieder deutlich eingeengt, es bestehe aber weiterhin Renditepotenzial. Wichtig sei allerdings ein Bewusstsein für das erhöhte Risiko – denn Downgrades und Ausfälle dürften in der nächsten Zeit zunehmen.
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