Kommentar
15:00 Uhr, 30.08.2016

Wann beginnt der Crack-up-Boom?

Kommt der Kollaps oder kommt erst der große Boom vor dem Kollaps? Die Antwort auf diese Frage hängt allein von einer Anlageklasse ab: Anleihen.

Die Liste an prominenten Investoren, Hedgefonds Managern und Analysten, die vor einer der größten Preisblasen der Geschichte warnen, wird immer länger. Sowohl Bondkönig Jeffrey Gundlach als auch der ehemalige Bondkönig Bill Gross sehen die Entwicklung auf dem Anleihemarkt mit großer Sorge. Gundlach sieht vor allem Hochzinsanleihen in einer gefährlichen Blase, doch auch die niedrigen Renditen bei Staatsanleihen sind ihm keinesfalls geheuer.

Bill Gross ist weniger subtil und nennt die niedrigen Renditen bei Staatsanleihen rund um den Globus eine der größten, wenn nicht sogar die größte Spekulationsblase der Menschheitsgeschichte. Hedgefonds Manager Paul Singer von Elliott Management, einem der größten Fonds der Branche, sieht inzwischen auch eine gefährliche Blase.

Wieso aber wird überhaupt eine Anleiheblase befürchtet? – Ein Blick auf die Renditen bzw. die Preise von Anleihen gibt darüber hervorragend Auskunft. Staatsanleihen aus den USA, aber vor allem aus Japan und Großbritannien, waren die besten Performer in diesem Jahr. Die Preise stiegen zwischen 10 % und 55 %. Wenn ein Asset innerhalb von nur wenigen Monaten – oder wie im Fall Großbritanniens innerhalb weniger Wochen – um 50 % steigt, also quasi senkrecht nach oben geht, dann muss man keine Investorenlegende sein, um zu erkennen, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann.

Ein senkrechter Preisanstieg eines Assets kann es eigentlich nicht deutlicher sagen: Es herrscht Kaufpanik, die nichts mehr mit den fundamentalen Gegebenheiten zu tun hat. Es ist in solchen Fällen nur eine Frage der Zeit, bis der Preis wieder kollabiert. Es wäre andernfalls wohl das erste Mal in der Geschichte, wenn es anders käme.

Im Prinzip sind sich alle einig. Der Anleihemarkt befindet sich in einer Blase, die früher oder später platzen wird. Doch was kann diesen Markt kippen, wenn Zentralbanken die größten Marktteilnehmer sind? Und muss der Markt überhaupt kippen?

Keiner weiß, was geschieht, wenn Notenbanken ihre QE-Programme beenden. Die US-Notenbank hat zwar ihr Programm beendet, doch die Ausweitung bzw. die Auflage von Anleihekaufprogrammen in Japan und der Eurozone haben dies mehr als kompensiert. Die Liquiditätsflut war nie größer als jetzt.

Die große Herausforderung für Notenbanken wird darin bestehen den Ausstieg so schonend zu vollführen, dass es eben nicht zu einem Kollaps des Marktes kommt. Ob das gelingen kann, weiß niemand. Wie schwierig es selbst für die US-Notenbank war, obwohl sie Hilfe aus anderen Ländern hatte, zeigt, dass es eine Gratwanderung wird.

Investoren haben große Angst davor, dass der Rückzug der Notenbanken nicht geordnet stattfinden kann. Werden diese Befürchtungen wahr, wird es richtig hässlich. Der Anleihe- und Zinsmarkt ist der mit Abstand größte der Welt. Der Kollaps des US-Immobilienmarktes ist im Vergleich niedlich.

Der Anleihemarkt darf, kurz gesagt, nicht kollabieren. Anleger und institutionelle Anleger, darunter viele Pensionsfonds, würden so viel Vermögen verlieren, dass der Konsum auf lange Zeit massiv beeinträchtigt wäre. Viele Unternehmen, vor allem Versicherungen und Banken, müssten nach einem schnellen und starken Preisrutsch bei Anleihen so viel Abschreiben, dass das Eigenkapital stark beeinträchtigt oder teilweise aufgezehrt würde. Insolvenzen wären die Folge.

Rasch steigende Renditen machen es für Regierungen unmöglich, großangelegte Ausgabenprogramme aufzulegen, um den wegbrechenden privaten Konsum auszugleichen. Ebenso können Staaten Finanzinstitute nicht rekapitalisieren, wenn sie sich wegen zu hoher Zinsen kein Geld mehr leihen können.

Wenn es so etwas wie „too big to fail“ gibt, dann ist es der Anleihemarkt. Der Markt muss nicht zwangsläufig kollabieren. Gelingt den Notenbanken ein sehr langsamer Ausstieg und ein langsamer Zinsanstieg, dann gibt es auch kein Problem. Ein Problem gibt es nur dann, wenn es zu rapiden Zinsveränderungen kommt.

Eine drastische Zinsveränderung muss unter allen Umständen verhindert werden. Sollte die Anleiheblase also wirklich platzen, weil Notenbanken aus QE aussteigen, wird es wohl zu mehr QE kommen. Da der Markt schlichtweg nicht kollabieren darf, bleibt Notenbanken nichts anderes übrig, als unbegrenzt im Markt zu intervenieren.

Kommt es zu solchen Interventionen, ist das praktisch ein fortgeführtes QE. Der einzige Unterschied ist, dass Notenbanken nicht monatlich einen festen Betrag in den Markt pumpen, sondern innerhalb kurzer Zeit ein Vielfaches der aktuellen Mengen kaufen müssen.

Durch eine massive Beschleunigung der Geldflut wird viel Kapital frei. Es kommt zu einer Art Liquiditätsschock. Plötzlich müssen nicht 100 Mrd. oder 200 Mrd. anderweitig angelegt werden, sondern ein Vielfaches davon. Man kann sich vorstellen, was dann mit anderen Assets (Immobilien, Aktien usw.) geschieht.

Zusammengefasst kann man sagen, dass ein Kollaps des Anleihemarktes zu einer noch viel größeren Intervention führt als die derzeitigen QE-Programme. Es folgt ein Liquiditätsschock, der zu einer Flucht in Sachwerte führt. Die Inflation dürfte sprunghaft ansteigen, der Aktienmarkt boomen und der Konsum in Gang kommen. Das wäre dann der berühmte Crack-up-Boom. Wann dieser beginnt steht in den Sternen. Es hängt alles am Anleihemarkt und ein Kollaps dieses Marktes ist keine ausgemachte Sache.

Clemens Schmale

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6 Kommentare

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    ein gut vorstellbares Szenario. Bin gespannt, wann eine dafür notwendige Inflationsbewegung beginnt.

    00:51 Uhr, 31.08. 2016
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Momentan halten Draghi&Co. die Märkte noch na ja, sagen wir mal in der Balance. Die wichtigste aller Währungen, das Vertrauen, ist nach wie vor vorhanden. Kritisch wird es dann, wenn das Vertrauen abhanden kommt. Die Spargewohnheiten der Menschen funktionieren wie seit Jahrzehnten, niemand räumt die Konten, auf Banken, bei Lebensversicherern etc. liegen immense Beträge. Das wird bei einer fortgesetzten Marktmanipulation durch die Zentralbanken jedoch nicht so bleiben, da diese schrittweise, zunächst fast unmerklich zu einer Zerrüttung der Währungen führt.

    Wenn die Masse der Markteilnehmer den Effekt der Währungszerrüttung realisiert, dürfte der Punkt erreicht sein, an dem eine massive Flucht aus den Währungen bzw. Geldwertanlagen in Sachwerte erfolgt, dann steigt die Inflation rapide. Können die Zentralbanken auch in einer solchen Situation einen Zinsanstieg noch ausbremsen um heftige Marktturbulenzen zu verhindern?

    Fazit:

    Die Notenbanken der Welt geniessen noch das Vertrauen der Massen, solange das so bleibt, wird kein Lehman 2.0 möglich sein, da die Notenbanken alles aufkaufen, was nicht bei 3 auf dem Baum ist, sie ertränken jeden Ansatz von Crash in Liquidität und sie versuchen penetrant ihre Inflationsziele zu erreichen. Notabene sind die führenden Notenbanker dieser Welt auch der Ansicht, das sie die Inflation am Zügel führen, wie ein Bauer seinen Esel. Nicht vergessen sollten die Herren der Druckerpresse jedoch die alte Weisheit: Wer mit der Inflation flirtet, wird von ihr geheiratet.

    22:59 Uhr, 30.08. 2016
  • Market Impact
    Market Impact

    "Ein Problem gibt es nur dann, wenn es zu rapiden Zinsveränderungen kommt.

    Eine drastische Zinsveränderung muss unter allen Umständen verhindert werden."

    na gut herr schmale , dann werde ich die zinsen nicht zu drastisch erhöhen.

    wer oder was bestimmt denn den zins?

    21:56 Uhr, 30.08. 2016
  • tradesequenz
    tradesequenz

    Genau das wid kommen und schneller als und allen lieb sein wird. Dow 30k oder gar 40k+xxx

    Das Vertraueb in die Staatengemeinschaften erodier, auch alles andere erdodiert und wie psychologisch schon bekannt, kommt es am SCHLUSS EINER WELLE ZUM FINAL UND DA STEHEN WIR KURZ DAVOR!!!

    20:36 Uhr, 30.08. 2016
  • bembes
    bembes

    Der EZB unter Super-Draghi wäre ein solches Szenario zu wünschen !!!

    15:16 Uhr, 30.08. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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