Kommentar
10:42 Uhr, 07.02.2025

Wann beginnen die EZB-Zinssenkungen zu wirken?

Deutschlands Wirtschaft schrumpft, die der gesamten Eurozone stagniert. Dabei hat die EZB die Zinsen zum fünften Mal gesenkt. Wann wirken die Zinssenkungen endlich?

Der EZB wird häufig vorgeworfen, dass sie sehr politisch ist. Anstatt ihr Mandat zu erfüllen, steuert sie vielmehr die Eurozone und deren Politik. Bis zu einem gewissen Grad kann man diese Vorwürfe nachvollziehen. Die EZB erfindet regelmäßig neue Instrumente, um die Eurozone zusammenzuhalten.

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Dies tut sie mit dem Hinweis, dass die Instrumente zur Erfüllung ihres Mandats notwendig sind. Ob das richtig ist, werden wir nie erfahren. Wir können nur erahnen, was geschehen wäre, wenn die EZB nicht eingegriffen hätte, z.B. 2012 über Mario Draghis berühmten Satz "whatever it takes".

Beurteilt man die Geldpolitik der EZB in diesen Tagen, ergibt sich ein anderes Bild. Seit Ende 2022 ist das Wirtschaftswachstum in der Eurozone insgesamt sehr niedrig. Es schwankte zwischen -0,1 und +0,4 %. Die Industrie war zuletzt im Sommer 2022 auf Wachstumskurs.

Zwar sinken die Zinsen seit einigen Monaten wieder, doch man kann der EZB kaum vorwerfen, dass sie nicht beharrlich gegen die Inflation vorgeht. Sie hat die Wachstumsschwäche einfach ignoriert und an hohen Zinsen festgehalten. Inflation, das einzige Mandat, war ihr deutlich wichtiger als alles andere.

Die Spuren sind in vielen Ländern nicht zu übersehen. Die Firmeninsolvenzen steigen seit Jahren an. In Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und vielen anderen Ländern liegen die Insolvenzen deutlich höher als vor Beginn der Pandemie. Im Vergleich zu den Tiefs sind die Insolvenzen um 50 % gestiegen (Grafik 1).

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Mehr Insolvenzen können zu höherer Arbeitslosigkeit führen, müssen aber nicht. Spanien ist ein gutes Beispiel dafür. Die Insolvenzen steigen, doch die Arbeitslosenrate ist weiterhin rückläufig. In Deutschland ist das nicht der Fall. Es kommt darauf an, wie schnell die Unternehmen, die nicht Insolvenz anmelden, wachsen können. In Spanien können sie schnell wachsen, in Deutschland kommen sie nicht vom Fleck.

Der Grund für die steigenden Insolvenzen ist nicht nur vom Wirtschaftswachstum abhängig, sondern auch vom Zinssatz. Unternehmen, die sich bei niedrigen Zinsen trotz hohen Wachstums nur gerade so über Wasser halten können, gehen bei höheren Zinsen bankrott.

Der durchschnittliche Zinssatz für Unternehmenskredite erreichte bei 5,3 % ein Hoch. Inzwischen ist der Zinssatz wieder auf 4,5 % gesunken. Es gibt eine gewisse Verzögerung zwischen Zinssenkungen der EZB und dem Zinssatz für Kredite. Eine weitere Verzögerung ergibt sich bei der Wirkung von Kreditzinsen zu Insolvenzen. Der Kreditzins geht den Insolvenzen um ungefähr 15 Monate voraus.

Grafik 2 zeigt dazu die Insolvenzen in Deutschland und den Kreditzins mit 15 Monaten Vorlauf. Demnach ist das Schlimmste bald überstanden. Lange muss zum Glück nicht mehr auf die Wirkung der Zinssenkungen gewartet werden.

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1 Kommentar

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  • masi123
    masi123

    Wenn es so einfach wäre. Strukturelle Probleme lassen sich mit geldpolitischen Maßnahmen (Zinssatz) nicht lösen. Wenn z. B. ein Unternehmer keine Wachstumschancen sieht, wird er auch keinen Kredit für eine Erweiterungsinvestition aufnehmen. Wenn Unternehmen die Produktion aus verschiedenen Gründen (z. B. Energiekosten, Zölle) in die USA verlagern, spielt auch der Zinssatz der EZB keine Rolle. Über den Zinssatz lässt sich allenfalls eine Bubble-Ökonomie (Verschuldung) bremsen, Wachstum kann damit nicht generiert werden. Ich glaube es gab dazu den Spruch eines Ökonomen "Saufen müssen die Pferde schon selber".

    10:56 Uhr, 07.02.