Nachricht
08:52 Uhr, 24.08.2007

Wall Street: Spielverderber Countrywide

Erwähnte Instrumente

New York (BoerseGo.de) - Der Tag hatte so schön angefangen. Die Nachricht, dass sich die Bank of America mit 2 Milliarden Dollar an dem angeschlagenen Hypothekenfinanzierer Countrywide beteiligt, hatte noch am Morgen Vertrauen geschaffen und die Börsen in Europa und die Futures an der Wall Street beflügelt. Doch dann verdarb ausgerechnet der CEO von Countrywide wieder die Stimmung. In einem Interview des TV-Kanals CNBC erklärte der Chef des größten US-Hausfinanzierer, er befürchte, die Krise auf dem US-Hausmarkt führe in die Rezession. Derzeit herrsche die größte Panik an den Finanzmärkten seit 55 Jahren. Damit weckte der Bankier wieder die Ängste am Markt und schickte die Kurse auf Talfahrt.

Auch die Meldung, dass das Volumen der ausstehenden US-Unternehmensanleihen in der vergangenen Woche um 4.23 Prozent zurückging, verstimmte die Investoren. Der größte wöchentliche Rückgang seit 2000 wurde als Zeichen verstanden, dass die Flucht der Investoren in sichere Anlagen wie US-Regierungsanleihen zu Lasten der riskanteren Unternehmensschulden noch anhält.

Zaghafte Rückkäufe verringerten zum Schluss wieder die Tagesverluste. Der Dow Jones Industrial Average stagnierte praktisch bei 13,235.88 Punkten. Der S&P 500 bröckelte 0.11% auf 1,462.50 Punkte. Der technologielastige Nasdaq Composite Index fiel 0.43% auf 2,541.70 Punkte. Härter traf es den Russell 2000 Index, der kleinere Unternehmen erfasst (Small Caps). Das Barometer rutschte wegen abnehmender Risikobereitschaft 1.29% auf 788.25 Zähler.

Dow Jones Average: Opfer des teuren Sprits

Die größten Gewinner im heute ausgewogenen Dow Jones waren die alten Schlachtrösser der Technologie: Hewlett Packard gewann 2,65% auf 47.50 Dollar. Nachrichten gab es dafür keine. Der weltweit größte Druckerhersteller hatte sich allerdings in den Vortagen weit schlechter entwickelt als der Dow. Vor allem am Montag war das Papier in einem sonst recht freundlichen Gesamtmarkt deutlich ins Rutschen gekommen. Die heutige Rallye, die lediglich den Verlust vom Montag wieder ausglich, läßt sich wohl als eine Aufholjagd - angetrieben von Schnäppchenjägern - verstehen.

Den 2. Platz belegte heute IBM. „Big Blue“ stieg 1,32% auf 111.45 Dollar. Dort half wohl ein Bericht der Researchfirma IDC, die IBM als Marktführer bei Servern auswies. Der Technologieriese profitiere von der „Virtualisierung“, einer Technik, die eine effiziente Kombination mehrerer Rechner zu einer Einheit erlaubt.

Der größte Verlierer war dagegen Home Depot. Die Baumarktkette rutschte 2,16% auf 34.02 Dollar. Die Financial Times hatte berichtet, dass die Investmentbanken derzeit - wegen der allgemeinen Liquiditätskrise am Markt - derzeit nicht bereit sind, den geplanten Verkauf der Beschaffungssparte zu finanzieren, obwohl der Heimwerkeraustatter den Preis dafür bereits gesenkt hat.

General Motors fiel 1,85% auf 30.75 Dollar. Der Autoriese wird zunehmend zu einem Opfer des teuren Sprits. Die Deutsche Bank glaubt, dass die Nachfrage nach den schweren Geländewagen des Konzerns den Gipfel überschritten hat, weil die Verbraucher zunehmend zu benzinsparenden Fahrzeugen überlaufen.

S&P 500: Schweinefleisch und Spiele

Sieger im S&P 500 war der Videospiele-Händler Game Stop, der 9,28% auf 47.45 Dollar gewann. Dort sprang der heute gemeldete Quartalsgewinn um 581%, angetrieben von Blockbustern wie Guitar Hero II (Hersteller: Activison) oder Forza Motorsport 2 (Microsoft).

Der Lebensmittelkonzern Smithfield gewann 8,28% auf 32.58 Dollar. Der weltweit größte Erzeuger von Schweinefleisch hatte heute fast eine Verdopplung seines Gewinns gemeldet. Der Umsatz kletterte wegen gestiegener Nachfrage nach Schweine- und Rindfleisch um 21 Prozent. Außerdem beflügelte die Meldung, dass der Nahrungsmittelerzeuger Gespräche mit einer chinesischen Firma führt. Dabei geht es um den Export von Schweinefleisch nach China.

Der Einzelhändler Limited Brands, Eigentümer der Marken Victoria's Secret und Bath and Body Works, hatte mit seinen Zahlen ebenfalls die Erwartungen übertroffen und wurde dafür mit einem Plus von 6,47% auf 23.69 Dollar belohnt.

Nucor verlor dagegen 3,79% auf 51.53 Dollar. Gestern war der Stahlkonzern noch um 7,1% gestiegen. Anscheinend führten die neuen Zweifeln an der Konjunktur jetzt zu einer Teilkorrektur.

Nasdaq: Rallye gestoppt

Die Nasdaq konnte von den Sprüngen der Technologie-Giganten Hewlett Packard und IBM nicht profitieren, weil beide dort nicht notiert werden. Sie waren schon börsennotiert als die Nasdaq ins Leben gerufen wurde. Wenig hilfreich waren die Chip-Titel. Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, verlor 0,74% auf 492.80 Punkte.

Apple musste die Rallye der vergangenen Tage unterbrechen, die von großzügigen Analysten-Prognosen angeheizt worden war, und gab heute 1,09% nach und schloss auf 131.07 Dollar

Der Gewinner im Auswahlindex Nasdaq war eine eher untypischer Wert, nämlich Joy Global, ein Hersteller von Minigeräten zur Gewinnung und Verarbeitung von Kohle und anderen Metallen, der 4,80% auf Dollar avancierte. Dort hatte die UBS eine optimistische Prognose für den Absatzmarkt gegeben.

Internet: Erholung unterbrochen

Auch im heute nachrichtenarmen Internetbereich überwogen die Verluste. Wie üblich werden bei abnehmender Risikobereitschaft die als spekulativ geltenden Internet-Titel zuerst verkauft.

Yahoo verlor 0,43% auf 23.13 Dollar, Google sank 0,11% auf 512.19 Dollar und sein chinesischer Herausforderer Baidu.com rutschte 0,75% auf 203.21 Dollar.

Der Onlinehändler Amazon.com unterbrach die Erholung der Vortage und verlor 1,53% auf 77.30 Dollar. Ebay gab 0,73% preis und schloss auf 34.20 Dollar. Der Online-Juwelier Blue Nile gewann dagegen 1,05% auf 82.85 Dollar.

Obwohl die Reisesaison zu Ende geht gewann das Online-reisebüro Expedia 2,73% auf 29.31 Dollar. Dessen Rivale priceline gewann 2,29% auf 80.98 Dollar.

Besser erging es Limelight Networks, ein Dienstleister über dessen Netzwerke im Internet Videos und andere Dokumente verbreitet werden. Der Netzwerkbetreiber sprang 4,95% auf 8.90 Dollar. Der dienstleister profitiert heute von einem Deal mit Microsoft. Limelight unterstützt künftig den Technologieriesen bei der Übermittlung von Videos, Musik, Spielen und anderen Inhalten über die Microsoft-Internetseiten.

Energie: Allgemeine Verteuerung

Die Fonds haben heute wieder zurückgekauft. Der Oktober-Kontrakt für Crude verteuerte sich um 57 Cents auf 69.83 Dollar. Der September-Kontakt Erdgas stieg 4,4 Cents auf 5.62 Dollar. September-Heizöl wurde um 1.27 Cents teurer und schloss auf 1.96 Dollar. Der September-Kontrakt für Benzin verteuerte sich um 3,4 Cents auf 1.92 Dollar.

Energie-Titel: Verbesserte Margen

ExxonMobil Corp. gewann 0,20% auf 83.75 Dollar. Chevron Corp. stieg 0,11% auf 85.48 Dollar, ConocoPhillips kletterte 0,63% auf 79.49 Dollar. Valero anvancierte 1,56% auf 66.28 Dollar. Die größte Ölraffinerie Nordamerikas profitierte davon, dass sich das Benzin heute prozentual stärker verteuerte als Crude. In den vergangenen Wochen war Valero noch gefallen, weil sich das Benzin bei steigenden Crude-Preisen verbilligt hatte, was die Margen schmälerte..

Die Uranmine Cameco sank 0,98% auf 38.57 Dollar und Monsanto, dessen genverändertes Saatgut von der Biospritbranche gebraucht wird, verlor 1,37% auf 65.59 Dollar.

Gold: Ausstieg der Fonds setzt sich fort

Die Fonds steigen weiter aus dem Gold aus. Das Edelmetall konnte heute nicht einmal vom fallenden Dollarkurs (gegenüber dem Euro) und der Verteuerung der Energie profitieren. Der Dezember-Kontrakt Gold fiel 30 Cents auf 668.40 Dollar. Der heutige Versuch, die Marke von 675 Dollar zu übertreffen, ist damit vorläufig gescheitert. Der September-Kontrakt Silber gewann dagegen 7.5 Cents auf 11.64 Dollar.

Barrick Gold fiel 1,84% auf 32.63 Dollar.
Newmont Mining sank 0,56% auf 40.53 Dollar.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

Mehr über Jochen Stanzl
Mehr Experten