Wahrscheinlichkeit für Zinserhöhungen steigen
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Überraschend günstige Beschäftigungszahlen und die hohen Ölpreise lassen die Wahrscheinlichkeit für baldige Leitzinsanhebungen in den USA steigen. Im Schlepptau des starken US-Renditeanstiegs zogen auch die Renditen diesseits des Atlantiks kräftig an. Zum Wochenschluss legte der US-Dollar gegenüber allen wichtigen Währungen erneut zu.
Die Job-Maschine scheint in den Vereinigten Staaten jetzt richtig in Gang zu kommen. Im April erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten um 288.000, was deutlich über den Erwartungen lag. Gleichzeitig hat man für März die Zahl neuer Stellen um 25.000 auf 337.000 nach oben korrigiert. Erstmals seit Juli 2000 wurden dabei auch in der Industrie wieder Arbeitsplätze geschaffen. Zusammen mit der Sorge um weiter steigende Ölpreise hat aus Sicht der Marktteilnehmer damit die Wahrscheinlichkeit für eine baldige Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank (FED) stark zugenommen. In der Mehrzahl erwarten sie bereits im Juni einen ersten Zinsschritt, wozu auch die veränderte Rhetorik der FED beiträgt. Am US-Rentenmarkt führte dies zu neuerlichen Kursverlusten. Im Wochenverlauf zog die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen um fast 0,3 Prozent an und liegt mit nunmehr knapp 4,8 Prozent auf dem höchsten Stand seit Juli 2002. Am Markt wird damit wieder auf eine steigende Inflation gesetzt. Inwieweit der Preisdruck bereits zugenommen hat, wird sich bei der Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise für April herausstellen. Ein Ende des Renditeanstiegs ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht, wenngleich die FED vermutlich nur behutsam die Leitzinsen anheben wird. In den Future-Kontrakten ist momentan ein Zinsanstieg um 100 Basispunkte bis Jahresende eingepreist, was im historischen Vergleich immer noch niedrig wäre. Die Sorge vor einem Einbruch der Konjunktur sollte die FED jedoch eine vorsichtige Strategie verfolgen lassen, dürften doch schon die starken Ölpreisanstiege mittelfristig das Verbrauchervertrauen und das Geschäftsklima belasten.
Die Aussicht auf Zinserhöhungen in den Vereinigten Staaten unterstützt die amerikanische Währung. Nach Bekanntgabe der freundlichen US-Arbeitsmarktdaten am Freitag büßte beispielsweise der Euro fast zwei Cent gegenüber dem Doller ein. Das Bild am Devisenmarkt hat sich inzwischen erheblich gewandelt. Noch vor wenigen Monaten wurde der Euro mit fast 1,30 US-Dollar gehandelt und eine Aufwertung in Richtung 1,35 US-Dollar schien nur eine Frage der Zeit zu sein. Aktuell wird dagegen sogar ein Fall auf 1,15 US-Dollar nicht mehr ausgeschlossen. Auf Dauer könnte indes das mit dem starken US-Wachstum vermutlich weiter zunehmende amerikanische Leistungsbilanzdefizit für eine Gegenbewegung sorgen.
In der Eurozone mussten Anleihen zuletzt ebenfalls wieder Kursverluste hinnehmen. Damit setzte sich ein Trend aus der jüngsten Zeit fort, wonach hiesige Bonds trotz Konjunkturschwäche die Bewegung in den Vereinigten Staaten nachvollziehen, wenngleich auch in spürbar geringerem Umfang. Mit einer Zinserhöhung von Seiten der Europäischen Zentralbank ist in diesem Jahr aus unserer Sicht jedenfalls nicht mehr zu rechnen, auch wenn EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vor Stabilitätsgefahren in Folge des Ölpreisanstiegs warnte. Dies ist aber eher dahingehend zu werten, dass eine Zinssenkung, die zwischenzeitlich diskutiert wurde, nicht mehr ansteht. Auch in der Eurozone erwarten wir in den längeren Laufzeiten noch Renditeanstiege, der Abstand zu den Renditen von US-Anleihen dürfte sich aber weiter vergrößern. Der Fokus der Anleger sollte daher weiterhin auf Kurzläuferfonds liegen, da bei diesen die Zinsänderungsrisiken vergleichsweise gering sind.
Die Bank von England setzte in der Vorwoche ihren restriktiven geldpolitischen Kurs fort und legte den Repo-Satz auf 4,25 Prozent fest. Damit liegen die Kurzfristzinsen 225 Basispunkte höher als in der Eurozone und sogar 325 Basispunkte höher als in den USA. Mit der dritten Anhebung seit November 2003 reagiert sie auf die konjunkturelle Situation Großbritanniens mit gut ausgelasteten Kapazitäten und hohen Immobilienpreisen sowie auf die wachsende Verschuldung der privaten Haushalte. Es ist wahrscheinlich, dass der Zinserhöhungskurs im Sommer weitergeht.
Ausblick: Mit Spannung dürfte in der kommenden Woche insbesondere der Anstieg der Verbraucherpreise in den USA verfolgt werden. Die Marktteilnehmer erwarten sich hiervon weitere Indizien für die anstehende Zinspolitik der FED. Von Bedeutung sind darüber hinaus die Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen sowie zur Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung. Unter den wenigen Daten, die in den nächsten Tagen in der Eurozone veröffentlicht werden, stehen die BIP-Zahlen fürs erste Quartal sicherlich im Mittelpunkt.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 110 Milliarden Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2003. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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