Kommentar
09:36 Uhr, 14.08.2008

Wahrscheinlichkeit - Das sollten Sie wissen!

Ein Wort, das in der Börsenwelt sehr häufig strapaziert wird, ist der Begriff „Wahrscheinlichkeit“. Aber was heißt es nun, wenn Sie lesen „es ist wahrscheinlich, dass...“?

Lassen Sie uns dazu den Begriff Wahrscheinlichkeit an sich etwas näher betrachten. In den meisten Fällen wird der Ausdruck benutzt, um mit ihm bewusst oder unbewusst relative Häufigkeiten zum Ausdruck zu bringen. Im Kern drückt diese relative Häufigkeit aus, wie oft ein bestimmtes Ereignis innerhalb einer Reihe von Ereignissen aufgetreten ist. Sicher, die Wissenschaft kennt noch viele weitere Wahrscheinlichkeitsbegriffe, im Rahmen der Börse reduziert sich der Begriff jedoch zum größten Teil auf eben solche relativen Häufigkeiten.

So ist bspw. die Trefferquote eine solche relative Häufigkeit / Wahrscheinlichkeit. Haben Sie von den letzten 100 Trades 60 mit Gewinn abgeschlossen, beträgt Ihre Trefferquote 60 % oder anders ausgedrückt, in 60 von 100 Fällen gewinnen Sie oder wiederum anders formuliert, Ihre Wahrscheinlichkeit beim nächsten Trade zu gewinnen, liegt bei 60 %.

Diese Häufigkeiten können Sie praktisch auf alles anwenden, was Ihnen in den Sinn kommt. Sie können sämtliche Chartformationen wie Schulter-Kopf-Schulter (SKS), Doppelhochs, Dreiecken und Schiebezonen hinsichtlich verschiedenster Ereignisse untersuchen und entsprechende Wahrscheinlichkeiten bilden. Wie oft in Relation zu allen gezählten SKS Formationen wurde die Nackenlinie durchbrochen? Wie oft lief der Kurs nach einem solchen Bruch bis an ein bestimmtes Ziel? Wie oft hielt eine Unterstützung, wie oft wurden diese durchbrochen? Ihrer Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Aufgrund der schier unendlichen Situationen, deren Wahrscheinlichkeiten Sie relativ genau ermitteln könnten, greifen die meisten hier nicht auf eine konkrete Zählung, sondern auf Ihre Erfahrungswerte zurück. Das Motto lautet dann in etwa wie folgt: Ich kann die genaue Wahrscheinlichkeit nicht bestimmen, aber aus der Erfahrung weiß ich, dass diese Konstellation wahrscheinlicher ist als eine andere (A trat häufiger auf als B). Letztlich ließe sich aber auch diese Wahrscheinlichkeit mit Hilfe einer einfachen Zählung deutlich näher bestimmen.

Das Große Aber

Haben Sie solche Wahrscheinlichkeiten bestimmt, können Sie mit diesen natürlich Ihr Trading verbessern. Hier gibt es jedoch einige „Aber“, die Sie beachten müssen.

Beginnen wir mit dem Punkt, dass Sie Ihre Zählung aus der Vergangenheit hochrechnen bzw. verallgemeinern. Dies birgt vor allem dann ein Risiko, wenn Sie nur wenige Ereignisse ausgezählt haben, denn in der Praxis schwanken die Wahrscheinlichkeiten durchaus sehr stark. Nehmen wir den Fall, Sie haben Ihre Trefferquote aus lediglich drei Trades berechnet, wobei sie zunächst gewannen, dann verloren und beim letzten Trade wieder gewannen. Insgesamt waren 2 von 3 Trades Gewinner und ihre Trefferquote liegt bei 66,66%. Lassen Sie aber den letzten Trade in der Betrachtung weg, so sinkt ihre Trefferquote auf 50 %. Sie sehen also, eine von Ihnen berechnete Wahrscheinlichkeit (im Beispiel die Trefferquote) ist immer nur ein Näherungswert, der in Abhängigkeit von der Anzahl der Versuche schwankt. Dies müssen Sie beim „Hochrechnen / Verallgemeinern“ immer im Hinterkopf haben.

Neben dem Verallgemeinerungsproblem liegt eine weitere häufige Fehlerquelle in der Nutzung von Wahrscheinlichkeiten bzw. in dessen Interpretation. Nehme wir hierzu an, Sie haben eine Handelsstrategie mit einer sagenhafte Trefferquote von 95 %. Damit liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn in einem Trade bei 95 %, aber was sagt Ihnen dass mit Blick auf Ihren nächsten Trade? Die Antwort darauf ist: Gar nichts.
Die Wahrscheinlichkeit gibt Ihnen keine Auskunft über einen einzelnen Trade. Sie können mit Ihr weder bestimmen, wie der nächste Trade ausfallen wird, noch wissen Sie, wann die Fehltrades auftreten werden. Die Wahrscheinlichkeitsaussage bezieht sich nicht auf einen, Ihren nächsten Trade, sondern immer nur auf eine ganze Reihe von Trades. Sie wissen, dass Sie, wenn Sie 100 Trades abwickeln damit rechnen können, in 95 Fällen davon einen Gewinn zu erwirtschaften bzw. dass Sie bei den 100 Trades 5 Verlierer haben werden, aber wann diese auftreten, kann Ihnen die Wahrscheinlichkeit nicht beantworten.
Wer sich diesem Hintergrund nicht bewusst ist, dem vermitteln Wahrscheinlichkeiten eine falsche Sicherheit. Es ist bei unserem Beispiel einer 95%igen Trefferquote mathematisch zwar unwahrscheinlich ( :-) ), aber selbst hier könnte es Ihnen passieren, dass genau Ihre nächsten 5 Trades in Folge die Verlierer sind - es gibt KEINE Möglichkeit, dies vorherzubestimmen.

Wie ist nun der richtige Umgang mit Wahrscheinlichkeiten? Sind diese denn nutzlos?
Natürlich erhalten Sie mittels Wahrscheinlichkeiten sehr wichtige Informationen, mit dessen Hilfe Sie optimale Positionsgrößen, Einstiege, Ausstiege und Stopploss besser bestimmen können, aber bei all dem dürfen Sie nie vergessen, dass Sie unter Unsicherheit agieren und das Ergebnis des nächsten Trades (der nächsten SKS etc.) nicht bestimmbar ist. Eine 95%iger Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis drückt ein gewisses Maß an Sicherheit aus, aber immer nur bezogen auf eine ganze Reihe gleichartiger Wiederholungen, nie auf das nächste Ereignis.

Viel Erfolg
Rene Berteit - Technischer Analyst und Ausbilder bei GodmodeTrader.de

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Über 25 Jahre professioneller Trader und Tradingmentor! Tausende von real durchgeführten Trades in Aktien, Indizes und Währungen! Fast 20 Jahre Mentorin und tausende von zufriedenen Ausbildungsteilnehmern! Diplom Betriebswirt mit Fokus Börse! Das ist unser Trader(mentor) René Berteit, der Ende der 90er die Börse für sich entdeckt hat. Börse, Trading und die Trader-Ausbildung sind für Ihn keine Berufe, sondern seine Berufung und Leidenschaft.

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