Kommentar
18:03 Uhr, 06.09.2017

Wagt die US-Notenbank Fed den dritten Zinsschritt?

Für viele ist inzwischen sicher: der dritte Zinsschritt kommt nicht. Darauf wetten würde ich nicht, denn das Hauptargument gegen den dritten Zinsschritt hinkt.

Der Markt hat die Sache für sich schon entschieden. Noch im Juli lag die Wahrscheinlichkeit für einen dritten Zinsschritt bei 62 %. Inzwischen sind es keine 40 % mehr (Grafik 1). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen weiterhin in der Range von 100 bis 125 Basispunkte verharren werden, liegt bei 61 %.

Der Markt ist sich also sicher. Bis Jahresende kann aber noch viel passieren. Einloggen sollte man das also nicht, denn das Hauptargument hinkt. Der Markt sieht derzeit vor allem die niedrige Inflation. Diese befindet sich seit Februar wieder auf dem Rückzug (Grafik 2).

Die Inflationsrate ist zweifelsohne ein bestimmender Faktor in der Geldpolitik. Das Mandat lautet ja auch: Vollbeschäftigung und Preisstabilität. Die viel gepriesene Preisstabilität (2 % Inflation) will sich jedoch nicht einstellen. Die Teuerung weigert sich praktisch, auf die Zielgerade einzubiegen.

Es gab wegen steigender Ölpreise zu Jahresbeginn ein kurzes Strohfeuer. Die Inflationsrate stieg auf 2,8 %. Die Kernraten verharrten bei der 2 %-Marke. Seitdem sinken die Inflationsraten wieder. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um die „normalen“ Inflationsraten handelt oder das von der Notenbank bevorzugte Maß der Konsumausgaben-Inflation.

Das Inflationsziel wird so schnell nicht erreicht werden, könnte man meinen. Das gilt insbesondere, da trotz niedriger Arbeitslosenrate die Löhne nicht überdurchschnittlich stark steigen wollen.

Das Wirtschaftswachstum ist solide, aber es zeigt keine Anzeichen von Beschleunigung. Man kann sogar eine leichte Verlangsamung feststellen. Eigentlich fehlt es an allen Ecken und Enden an Argumenten, weshalb die Zinsen überhaupt steigen sollten – und dann noch 2017.

Persönlich stufe ich die Chancen für einen dritten Zinsschritt in diesem Jahr ebenfalls als gering ein.

Es hängt aber alles von einem Faktor ab: dem Ölpreis. Würde dieser z.B. bis Jahresende auf 60 Dollar steigen, hätten wir plötzlich wieder eine Teuerungsrate, die über 2 % liegen dürfte. Die Notenbank kann dann die Zinsen anheben.

So handhabte sie es auch zum Jahreswechsel. Sie nutzte den Inflationsanstieg, der fast ausschließlich auf den Ölpreisanstieg zurückzuführen war, um die Zinsen anzuheben. Diesen Rückenwind nutzte die Fed, um im Dezember 2016, März und Juni 2017 die Zinsen anzuheben. Nun, da die Inflation wieder sinkt, kann sie einen Zinsschritt nicht rechtfertigen.

Kurz gesagt: der nächste Zinsschritt kommt, wenn die Inflation wieder ansteigt. Das wird vom Ölpreis bestimmt. Der Ölpreis wird die Zinspolitik auf Sicht von mindestens einem Jahr bestimmen. Ich favorisiere einen Anstieg des Ölpreises auf 60 Dollar, sehe diesen aber mittelfristig und nicht kurzfristig.

Falls Öl entgegen aller Indikationen nun zur Rally ansetzt, sollten sich Anleger schnell mit dem Gedanken einer weiteren Zinserhöhung anfreunden. Solange das jedoch nicht der Fall ist, bleiben die Zinsen dort, wo sie sind.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Fed die Bilanzverkleinerung angehen will. Ob sie dies schon im September tun wird, ist noch offen, auch wenn es wahrscheinlich ist. Reagiert der Markt zu nervös darauf, ist die Zinswende ohnehin erst einmal auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Mittelfristig sehe ich noch ein bis zwei Zinsschritte als wahrscheinlicher an, als dass der nächste Schritt nach unten geht.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    ein bis zwei Zinsschritte bevor er dann wieder runtergeht?? Das ist doch quasi der Marktkonsens aktuell: 1 Zinsschritt....verstehe dann nicht warum sie schreiben das der Markt schief liegen könnte

    19:35 Uhr, 06.09.2017
  • Marco S.
    Marco S.

    wird sie machen den dritten schritt . dem Trump noch einen mitgeben bevor sie geht. Draghi pumpt weiter .Dollar bald auf Parität mit Euro. mein Szenario. dann kommt der neue FED Chef und druckt weiter. und Draghi kann nicht mehr und muss QE beenden und wahrscheinlich bisschen die Zinsen erhöhen. . Euro wird extrem stark.Edelmetalle und Rohstoffe ab durch die Decke.

    19:30 Uhr, 06.09.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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