Kommentar
17:00 Uhr, 15.02.2025

Vorsicht vor der "Schraubenschlüssel-Attacke"

Krypto-Anleger leben gefährlich. Überfälle scheinen in den letzten Jahren zugenommen zu haben. Wie man sich vor "Schraubenschlüssel-Attacken" schützt.

“Be your own Bank”, das sind nicht nur leere Worte. Damit verbunden ist auch viel Verantwortung: Du allein hast Kontrolle über deine Kryptowährungen. Wodurch man leider auch immer häufiger zur Zielscheibe von Kriminellen werden kann, wie sich an den sich aktuell häufenden Fällen zeigt, bei denen Menschen entführt, misshandelt und ausgeraubt werden. So brachial die Vorgehensweise oftmals ist, so auch der Name, den man dieser Art von Angriffen gegeben hat: “5-Dollar-Wrench-Attack”, weil man sich schon für fünf US-Dollar einen Schraubenschlüssel im Baumarkt besorgen kann.

Krypto-Wallets: Eine leichte Beute?

Digitale Erpressung im Zusammenhang mit Kryptowährungen ist ein lange bekanntes und weit verbreitetes Phänomen. Das Ausmaß physischer Gewalt hat zuletzt aber wieder eine neue Qualität erreicht. Für Aufsehen sorgte kürzlich die Geiselnahme von David Balland, Mitgründer des Wallet-Herstellers Ledger, im Januar. Balland wurde zusammen mit seiner Frau entführt, gefangen gehalten und um ein hohes Lösegeld in Krypto erpresst. Das Ehepaar konnte schließlich befreit werden. Die Polizei nahm zehn Personen in Gewahrsam.

Ein Einzelfall ist das leider nicht. Erst wenige Monate zuvor, im November 2024, wurde der CEO von WonderFi, einer kanadischen Holdinggesellschaft für Kryptowährungen, auf offener Straße in Toronto entführt und später nach Zahlung eines Lösegelds in Höhe von einer Million kanadischen Dollar, etwa 720.000 US-Dollar, freigelassen.

Ein weiteres Drama spielte sich erst diese Woche im spanischen Malaga ab. Ein britischer Krypto-Broker wurde in eine Wohnung verschleppt, misshandelt und um ein fünfstelliges Lösegeld in Kryptowährungen erpresst. Als er entkommen konnte, stürzte er vom Balkon neun Meter in die Tiefe. Kurz darauf wurde die Wohnung von Polizeikräften gestürmt. Wie durch ein Wunder zog sich das Opfer nur Knochenbrüche zu.

Hohe Dunkelziffer

Offizielle Statistiken zur Häufigkeit solcher Fälle gibt es nicht. Jameson Lopp, Mitgründer und CSO von Wallet-Anbieter Casa, hat in einer fortlaufend aktualisierten Liste auf dem Entwickler-Portal Github 189 öffentlich bekannte Fälle von “Krypto-Raubüberfällen, Entführungen, Morden oder ähnlichem” seit 2014 dokumentiert. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein.

Unter den Opfern sind auch Bitcoin-Pioniere wie Hal Finney. Doch nicht immer handelt es sich um bekannte Personen, und nicht immer geht es um hohe Summen. Betroffen sind oftmals auch Familien und Kinder sowie Krypto-Anleger mit normalen Einkommen, wie Vorfälle in den USA zeigen.

Auffällig viele der Fälle haben sich seit 2021 ereignet. Die Anzahl solcher Angriffe habe laut James Lopp insgesamt “deutlich zugenommen”. 2023 richtete sich bereits die kanadische Polizei explizit an Krypto-Investoren, als sie vor der zunehmenden Anzahl an Raubüberfällen warnte.

Welche Vorsichtsmaßnahmen gibt es?

Ausräumen lässt sich das Risiko nie, doch zumindest minimieren. Eine Wallet für den Notfall, auf der nur geringe Krypto-Mengen liegen, ist eine Möglichkeit, die James Lopp jedoch skeptisch sieht: “Die Wirksamkeit einer Köder-Wallet ist bestenfalls fraglich”. Man könne nie einschätzen, “wie ein Krimineller reagieren wird”. Der Bluff könne auch nach hinten losgehen.

Eine einfache Regel könne dagegen schon viel bewirken: “Don’t talk about your Bitcoin”. Was man auf alle Kryptowährungen anwenden sollte. Daran anknüpfend rät Lopp davon ab, eine Art Krypto-Lifestyle “zur Schau zu stellen”, insbesondere nicht in den sozialen Medien. Geradezu makaber wirkt angesichts jüngster Ereignisse eine Produkt-Kampagne, mit der ausgerechnet Ledger mehr Sicherheit beworben hat: Eine Halskette für die Hardware-Wallet – das ist wohl die denkbar schlechteste Methode.

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