Kommentar
15:24 Uhr, 08.03.2017

Vor den Wahlen in Frankreich: Vorsicht bleibt angebracht

Politische Unsicherheit hat das Jahr 2016 geprägt – und sie drückt angesichts der anstehenden Wahlen in den Niederlanden und vor allem Frankreich auch dem laufenden Jahr ihren Stempel auf. Trotzdem scheinen die Kapitalmärkte bisher immun gegen politische Unwägbarkeiten. Uwe Diehl, Head of Client Group Germany and Austria bei AXA Investment Managers, warnt trotzdem vor zu großer Gelassenheit.

„Denn insbesondere die Wahlen in Frankreich haben «Sprengpotenzial» für den Euro und die EU“, erklärt Diehl. „Sollte Marine Le Pen tatsächlich die nächste französische Präsidentin werden, dann könnten eine ganze Reihe von Punkten aus dem publizierten Programm des Front National umgesetzt werden.“ Dazu gehörten etwa die Wiedereinführung des Franc, die Kündigung und Neuverhandlung von EU-Verträgen, die direkte Staatsfinanzierung durch die französische Notenbank und protektionistische Maßnahmen mit staatlich regulierten Preisen, Löhnen und Pensionen.

„All dies würde, sollte es politische Realität werden, auch massive Auswirkungen auf Deutschland haben“, so Diehl weiter. So dürften beispielsweise die bilateralen Handelsbeziehungen der beiden Nachbarländer leiden: Frankreich ist für Deutschland der wichtigste Handelspartner in Europa. Das Handelsvolumen mit Frankreich (Einfuhr und Ausfuhr) belief sich 2015 auf rund 173 Milliarden Euro.

So liegen die Chancen für Marine Le Pen

Vor diesem Hintergrund ist es durchaus sinnvoll, der Wahrscheinlichkeit eines Wahlsieges des Front National (FN) eine eingehendere Analyse zu widmen. AXA Investment Managers hat genau dies getan und ein Modell entwickelt, das die verschiedenen Meinungsumfragen aggregiert, mit der Abweichung der Umfragewerte von den tatsächlichen Wahlergebnissen in der Vergangenheit korreliert und auch in Abhängigkeit zum zeitlichen Abstand zum Wahltermin setzt.

Folge man den Ergebnissen dieser Analyse, so liege die Wahrscheinlichkeit, dass der FN und Marine Le Pen die Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten erreichen, bei mehr als 90 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Marine Le Pen diese Stichwahl gewinnt, liege hingegen lediglich bei 22 Prozent; mit jeweils über 30 Prozent führten hier der konservative Politiker François Fillon und der marktliberale Emmanuel Macron.

Bestätigt werde das Modell der nicht übermäßig hohen Wahrscheinlichkeit eines FN-Siegs durch die Wettbuchmacherquoten (36 Prozent) und die Prognosewerte der politischen Analystengilde (27 Prozent). „Dennoch ist ein Risikofaktor zwischen 22 Prozent und 36 Prozent in jedem Fall ein Szenario, auf das man vorbereitet sein sollte“, erklärt Diehl. „Wir empfehlen in unserer aktuellen Asset-Allokation daher eine vorsichtige Haltung gegenüber den Kreditaufschlägen für Anleihen aus Euro-Peripheriestaaten und eine neutrale Position hinsichtlich deutscher Bundesanleihen. Darüber hinaus empfehlen wir Absicherungsmaßnahmen gegenüber einer zu erwartenden, fortgesetzten Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar.“

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