Fundamentale Nachricht
08:56 Uhr, 17.05.2019

Viel Potential bei Schwellenländer-Aktien

Die Erholung an den Schwellenländer-Märkten im ersten Quartal 2019 dürfte sich längerfristig fortsetzen. Dieser Ansicht ist James Donald, Leiter der Schwellenländer-Plattform von Lazard Asset Management.

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New York (GodmodeTrader.de) - James Donald, Leiter der Schwellenländer-Plattform von Lazard Asset Management, sieht den langfristigen Trend für die Schwellenländer trotz höherer Volatilität und möglicher kurzfristiger Schwankungen positiv. „Investoren sind nach wie vor mit einer Reihe von Unsicherheiten in Schwellenländern konfrontiert, aber die potenziellen negativen Auswirkungen dieser Unsicherheiten sind aus unserer Sicht bereits in den Märkten eingepreist. Mögliche positive Entwicklungen hingegen noch nicht“, schreibt Donald in einem Marktkommentar.

Hinzu käme, dass die Aktienbewertungen im Vergleich zu den entwickelten Märkten weiterhin attraktiv seien nach den Rückgängen im vergangenen Jahr. Auch die weitere Entwicklung der Fed-Politik dürfte sich nach Einschätzung des Experten noch für eine längere Zeit positiv für die Schwellenländer auswirken. Zudem werde sich die Kluft zwischen dem EM- und dem US-Wirtschaftswachstum wieder ausweiten, nachdem sie zwei Jahre lang geschrumpft ist. „Die Konjunkturprogramme in China, die zu einem Motor der Weltwirtschaft geworden sind, treiben das Wachstum“, erklärt Donald. „Wir glauben, dass das Wachstum der Schwellenländer das der USA übertreffen wird.“

Für eine langfristige positive Entwicklung von Schwellenländer-Aktien sprechen für Donald unter anderem die jüngsten Entscheidungen der US-Notenbank, günstige Unternehmensbewertungen und das Gefälle zwischen Wirtschafts- und Gewinnwachstum.

Schwellenländer-Aktien hätten 2018 erhebliche Verluste hinnehmen müssen. Vor allem im zweiten und dritten Quartal 2018 habe ein starker US-Dollar auf die Performance von EM-Aktien gedrückt. Dies habe sich insbesondere auf Schwellenländer mit hohen Leistungsbilanzdefiziten sowie signifikanten Beständen an Schuldtiteln in US-Dollar ausgewirkt. Die Stärke des US-Dollars sei getrieben vom anziehenden Wirtschaftswachstum in den USA. Doch dann habe sich die Stimmung an den globalen Aktienmärkten eingetrübt und der Ton der Fed habe sich geändert. Nach vier Zinsschritten im Jahr 2018 habe Powell Anfang Januar angedeutet, die Fed sei nunmehr „geduldig“ in Bezug auf weitere Zinsschritte und „flexibel“ bezüglich der Bilanzabwicklung. Die Erwartungen der Investoren im Hinblick auf weitere Zinserhöhungen im Jahr 2019 seien von zwei auf null gefallen, heißt es weiter.

Mit der Veränderung der Fed-Geldpolitik und den Anzeichen für Fortschritte im Handelsstreit zwischen den USA und China sei der Wendepunkt gekommen. Seit Anfang 2019 sei der MSCI Emerging Markets Index in US-Dollar um rund zehn Prozent gestiegen. Aufgrund dieser starken Performance seien die Bewertungen von Schwellenländer-Aktien nicht mehr ganz so günstig wie zuletzt. „Die Treiber, wie die Entwicklung des US-Dollars, des Handels und des Weltwirtschaftswachstums, sind bereits eingepreist“, sagt Donald. Dennoch reflektierten die Aktienbewertungen von Schwellenländern nach wie vor eine hohe Unsicherheit der Anleger. Starke Daten, ein positiver Trend oder die positive Auflösung einzelner Konfliktpunkte könnten die Stimmung weiter verbessern und damit auch die Indizes noch weiter anheben. Anleger, die auf der Suche nach zukünftigen Renditen seien, könnten also vom Potential bei Schwellenländer-Aktien profitieren, heißt es weiter.

Zusätzliche Unterstützung für eine Wende an den Schwellenländer-Märkten sei aus China gekommen. Um den Druck auf die Wirtschaft zu verringern und eine dramatische Verlangsamung des Wachstums zu verhindern, habe China 2018 kontinuierlich die Konjunkturimpulse verstärkt. So beispielsweise mit seinen Plänen zur Kürzung des Mehrwertsteuersatzes für das verarbeitende Gewerbe sowie den Transport- und Bausektor. Zudem hätten sich Investoren offensichtlich von den Fortschritten (oder den Gerüchten über Fortschritte) in den Verhandlungen zwischen den USA und China ermutigt gefühlt. „Die Investoren waren bereit, jedwede Vereinbarung zu begrüßen, da sie Klarheit in eine unsichere Situation bringen würde“, sagt Donald.

Andere Schwellenländer kämpften weiterhin mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren. In Russland beispielsweise drücke die Aussicht auf weitere mögliche Sanktionen die Aktienkurse. Nachdem das Land bereits für Cyberkriminalität und Gewaltanwendung in der Ukraine von den US-Behörden mit Sanktionen bestraft worden sei, habe es sich im ersten Quartal 2019 im Zuge der Ermittlungen rund um die US-Wahlen 2016 mit weiteren Sanktionen konfrontiert gesehen. Doch Russland dürfte vom Ölpreis profitieren, der seit den Tiefständen im Januar um mehr als 25 Prozent gestiegen sei, heißt es weiter.

In Brasilien hätten die Aktien im ersten Quartal nachgegeben, was unter anderem auf Gewinnmitnahmen der Anleger und Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kongress und der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro über das zukünftige nationale Rentensystem zurückgeführt werden könne. In Südafrika seien die Aktien gefallen, nachdem die Regierung das staatliche Energieunternehmen Eskom retten musste, weil ständige Stromausfälle die Wirtschaft belastet hätten. Darüber hinaus könnte die Höhe der Unternehmensschulden (für die der Staat garantiert) sowie die für die Rettung benötigten Mittel die Bonität des Landes untergraben. Am 8. Mai stünden nationale Wahlen an. Präsident Cyril Ramaphosa sei erst vor knapp einem Jahr ins Amt gekommen und habe versprochen, die Korruption der Regierung und dringend nötige Reformen anzugehen. Nun könnten unter anderem die Probleme rund um Eskom sein Amt gefährden, heißt es weiter.

Auch Indien stünde 2019 vor wichtigen Wahlen: Premierminister Narendra Modi habe in Indien sein Amt vor fünf Jahren mit dem Auftrag angetreten, Wirtschafts- und Marktreformen durchzuführen. Die Ergebnisse während seiner Amtszeit seien bislang gemischt, eine Niederlage wäre jedoch vermutlich ein schwerer Rückschlag für die Reformdynamik.

Im Februar habe MSCI Inc. angekündigt, die Gewichtung der in China gelisteten Aktien (oder China A-Aktien) in seinen Indizes von 0,8 auf 3,8 Prozent zu erweitern. Weitere Gewichtssteigerungen seien von Fortschritten unter anderem bei der Marktzugänglichkeit – insbesondere bezüglich Termingeschäfte und anderer Derivatinstrumente – abhängig. Zusätzlich zu den chinesischen A-Aktien werde der MSCI EM Index 2019 saudi-arabische Unternehmen aufnehmen. Bis September 2019 sollten sie rund 2,7 Prozent des Index ausmachen, und damit höher gewichtet sein als zum Beispiel Mexiko, Thailand, Malaysia oder Indonesien. Schließlich würden auch argentinische Aktien im Mai in den Index aufgenommen. Diese Zuteilung werde mit 0,3 Prozent klein ausfallen. Andere Länder würden ihre Gewichte anteilig reduzieren müssen. So werde zum Beispiel Südkoreas Anteil von 13,6 Prozent auf 12,8 Prozent sinken, heißt es weiter.

Angesichts der Bedeutung des MSCI Index für aktive und passive Investoren könnten diese Veränderungen Milliarden-Zuflüsse in China A-Aktien und saudische Aktien zur Folge haben. „Die anstehende Aufnahme in den MSCI EM Index scheint bei saudi-arabischen Aktien schon bis zu einem gewissen Grad eingepreist worden zu sein. Rund um den Aufnahme-Termin könnten die Kurse entsprechend etwas nachlassen, weil Investoren Gewinne mitnehmen“, so Donald. „Die eigentliche Chance liegt aus unserer Sicht langfristig aber darin, Unternehmen ausfindig zu machen, die gute Wachstumsaussichten aufweisen und attraktiv bewertet sind.“

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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