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13:37 Uhr, 19.02.2024

Verband fordert mehr Tempo und Förderung beim Aufbau des Wasserstoffmarktes

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Die deutsche Gas- und Wasserwirtschaft fordert von der Bundesregierung mehr Tempo und finanzielle Förderung beim Aufbau des Wasserstoffmarktes. Die Energieversorgung in Deutschland lasse sich in Zukunft nur sicherstellen, wenn Wasserstoff die fossilen Energieträger Kohle, Erdgas und Erdöl ersetze, wie der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Berlin erklärte. Aktuell sei Wasserstoff aber noch zu teuer, denn es gebe noch keinen globalen Wettbewerb. Der Verband forderte außerdem den Bau von mehr Gaskraftwerken, die auf Wasserstoff umgesetzt werden könnten, als die Bundesregierung dies bei den H2-ready Gaskraftwerken aktuell plane.

Ein Großteil der Unternehmen sei bereit, Initialinvestitionen in den Wasserstoffmarkt zu tätigen. Alle Unternehmen hätten aber ein Problem mit den Betriebskosten, auch Operational Expenditures (OpEx) genannt. Wasserstoff sei zu heutigen Marktbedingungen einfach noch zu teuer.

"Wir müssen dieses Tal des Todes irgendwie durchschreiten", sagte Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, auf einer Pressekonferenz in Berlin. Dazu bräuchten Unternehmen Förderungen, wie etwa eine OpEx-Förderung oder eine Quoten-Regelung mit Förderung. "Klimapolitik ist nicht zum Nulltarif zu bekommen", ergänzte er.

   Wasserstoff darf nicht hinter Wind und Photovoltaik zurückfallen 

Sein Verband forderte, dass Wasserstoff im Ranking der für die grüne Transformation zentralen Energiequellen nicht hinter Wind oder Photovoltaik stehen dürfe. Sonst erreiche Deutschland seine Klimaziele nicht. Denn Wasserstoff sei ein "eingefrorenes Elektro".

"Wenn SPD, Grüne und FDP ihr erklärtes Ziel, Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien zu entwickeln, erreichen möchten, müssen sie enorm an Tempo zulegen. Positiv bewerten wir, dass insbesondere mit der Nationalen Wasserstoffstrategie die Grundlagen für den Einsatz klimaneutraler Gase gelegt wurden. Daran gilt es jetzt anzuknüpfen", sagte Linke.

Nicht zufrieden ist der Verband mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, denn es mangele noch an Klarheit bei der Regulatorik und dem Abbau von Hemmnissen. So ginge etwa der Fortschritt bei Planung und Ausbau der Verteilnetze zu schleppend voran. Investiert werde nur, wenn Prozesse beschleunigt würden und Verbindlichkeit bestünden.

Es sei außerdem ebenso wichtig, den Ausbau der Infrastrukturen für Transport und Verteilung von Wasserstoff zu beschleunigen und auf die Verteilnetzebene auszudehnen, wie das von der Bundesregierung vorangetriebene Wasserstoff-Kernnetz.

Außerdem müssten beim Wasserstoff-Kernnetz die Verteilnetzbetreiber stärker als bisher und in formalisierter Form in die Planung einbezogen werden.

   Zusätzliche H2-ready Gaskraftwerke nötig 

Mit Blick auf die Einigung der Bundesregierung zur Kraftwerksstrategie sagte Linke, dass die geplante Kapazität von H2-ready Gaskraftwerken von viermal 2,5 Gigawatt voll ausgeschöpft werden sollte. Allerdings werde Deutschland zukünftig weitere H2-ready Gaskraftwerke benötigen. "Andernfalls wären der Ausstieg aus der Kohleverstromung sowie die Versorgungsicherheit gefährdet", mahnte er.

Der Verband betonte mit Blick auf die Wasserstofferzeugung in Europa, dass die europäischen Erzeugungspotenziale im Jahr 2030 zwar den Wasserstoff-Bedarf noch übersteigen würden, langfristig seien aber Importe aus anderen Regionen der Welt notwendig. Daher sei es gut und richtig, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den vergangenen Monaten regelmäßig Bezugsquellen und Partner sondiert habe und sich mit relevanten Lieferländern austausche.

Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mit Investitionen in die Produktion sowie interkontinentalem Handel und Import-Export-Strukturen seien jedoch noch einige Hürden zu nehmen.

Dazu gehöre etwa die Einführung einer Grüngas-Quote. Diese sollte dem Verband zufolge die Versorgungsunternehmen dazu verpflichten, emissionsfreie gasförmige Energieträger mit Jahr für Jahr steigenden Anteilen einzusetzen.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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