Kommentar
16:44 Uhr, 30.06.2004

VDAX Rotator Zertifikat: Volatilität etabliert sich als Investment-Kriterium

Obschon die VDAX-Zertifikate wie auch die meisten "Vola-Plays" primär für engagierte Anleger interessant sind, können auch eher passiv orientierte Investoren einen Nutzen aus Veränderungen der Schwankungsintensität ziehen. Möglich wird das beispielsweise über Strategie-Zertifikate, bei denen der VDAX als Steuerungsinstrument dient - so, wie beim "IRIS"-Modell der Deutschen Bank (ISIN DE 000 DB3 YYY 7, vgl. ZJ 09/04), wo jedes Vierteljahr auf Basis des Volatilitäts-Barometers zwischen einer "Deep Discount"-, einer "DoubleChance"- oder einer Absicherungsstruktur gewählt wird.

Noch weiter geht jetzt ABN Amro. Beim neuen "VDAX Rotator" soll der Frankfurter Schwankungsindex gleich die ewige Gretchenfrage der Portfolio-Diversifikation beantworten - Aktien oder Anleihen? Ausgangspunkt des Konzepts ist zunächst ein Mischungsverhältnis von 75:25 zugunsten der Rentenpapiere, die hier durch den REX Performance repräsentiert werden, während die Aktienseite über den DAX ins Spiel kommt. Sobald der VDAX über 40 Punkte steigt, wird die Relation allerdings umgehend auf 50:50 angepasst. Damit wollen die Niederländer einen Ihnen bereits bestens bekannten Zusammenhang zwischen dem Aktienmarkt und der Volatilität ausnutzen: Temporäre Hochs im VDAX fallen oft mit temporären Tiefs am Aktienmarkt zusammen und sind deshalb ein Signal für eine baldige Trendwende, an der man mit der Hochgewichtung des DAX-Anteils besonders partizipieren will.

Musterbeispiel für diese Idee ist die Zeit nach der Krise vom Herbst 1997. Am 31. Oktober durchbrach der VDAX die "Schallmauer" von 40 Punkten, der DAX notierte bei 3.748 Punkten. Bis zum 2. März 1998 schnellte der Aktienindex dann auf 4.781 Punkte empor - ein Gewinn von 27,5 Prozent, an dem man mit dem "VDAX Rotator" immerhin zur Hälfte beteiligt gewesen wäre. Dann jedoch hätte ABN Amro die Ursprungsrelation wieder hergestellt, weil der VDAX unter 20 Punkte gefallen war. Dermaßen niedrige Volatilitäten werden nämlich als Indiz für ein baldiges Ende der Aktien-Hausse angesehen, so dass die Rentenposition im Interesse der Kapitalsicherheit wieder auf 75 Prozent hochgefahren wird.

Eine Volatilität oberhalb von 40 VDAX-Punkten muss allerdings nicht zwangsläufig das Ende einer Baissephase einläuten, wie die Erfahrung der Jahre 2002/03 zeigt. Am 11. Juli 2002, als das Volatilitätsbarometer sich erstmals wieder über die "magische" Schwelle emporgearbeitet hatte, stand der DAX bei rund 4.100 Zählern - gut zwei Monate später war er bis auf 3.000 Punkte eingebrochen. Bei einem derartigen Minus (26,8 Prozent) bringt selbst eine 50prozentige Anleihenquote nicht mehr allzu viel; es fallen Verluste an und die wollen aufgeholt werden. Deshalb hat ABN eine weitere VDAX-Marke eingezogen: Ab einem Volatilitäts-Niveau von 55 Punkten ist das Zertifikat schlagartig zu 100 Prozent im DAX investiert. Rückblickend hat diese Schwelle sich durchaus bewährt. Zwar wäre der Total-Einstieg in den Aktienmarkt bei 3.000 Punkten etwas zu früh erfolgt (es ging ja noch bis auf 2.200 Zähler bergab), doch immerhin hätte man bis zum erneuten Unterschreiten der unteren Schwelle von 20 VDAX-Punkten Ende 2003 per saldo knapp 25 Prozent Performance voll mitnehmen können.

Auch wenn die Indikationen nicht ganz exakt sind, insgesamt funktioniert das "Frühwarnsystem" Volatilität. Entsprechend positiv gestaltet sich die historische Rückrechnung: Während die "VDAX Rotator"-Strategie seit Anfang 1995 gut eine Verdreifachung des Kapitals gebracht hätte, liegen sowohl der DAX als auch ein statischer 75:25-Mix zwischen Anleihen und Aktien per saldo nur mit gut 90 Prozent im Plus. Fraglich bloß, ob diese Zahlen eine realistische Indikation für die Zukunft darstellen. Die Schwelle von 40 VDAX-Punkten ist momentan ziemlich weit entfernt und bis sie endlich einmal wieder übersprungen wird, stecken drei Viertel des Kapitals in Bundesanleihen - und die werden angesichts der absehbaren Zinswende und der damit einhergehenden Kursverluste kaum mehr dieselben Erträge abwerfen wie in der Vergangenheit.

Das "VDAX Rotator" krankt somit nicht an seinem Mechanismus (im Gegenteil, der ist absolut überzeugend), sondern an den unbefriedigenden Perspektiven für den Rentenmarkt. Darüber hinaus stört die unklare steuerliche Behandlung - im Verkaufsprospekt führt ABN Amro lediglich aus, dass Erträge innerhalb der Spekulationsfrist zu versteuern sind, was ohnehin klar ist. Alles in allem hätten wir uns wohler gefühlt, wenn statt des REX-P eine "Rolling Deep"-Strategie (zur Not mit 10 Prozent Cap-Abstand wie beim "Vario Rendite" von UBS) als Absicherungskomponente eingebaut worden wäre. Damit hätte man sowohl das Zinsänderungs- als auch das Steuerrisiko ausschalten können. In der jetzigen Form bleiben jedoch gewisse Zweifel, die auch durch bemerkenswerte Ausstattungsdetails wie die Möglichkeit zur jährlichen Anpassung der VDAX-Schwellen an ein verändertes Marktumfeld nicht ausgeräumt werden.

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