VDA: Mehr als jeder dritte Betrieb plant Investitionsverlagerung ins Ausland
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Mehr als jedes dritte Unternehmen in Deutschlands automobilem Mittelstand plant Investitionsverlagerung ins Ausland. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Diese zeigt außerdem, dass jedes zweite Unternehmen Beschäftigung in Deutschland abbauen will und dass die Bürokratie die Unternehmen zunehmend belastet. Der VDA forderte die Bundesregierung angesichts der Umfrageergebnisse auf, für wettbewerbsfähige Energiepreise, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie ein wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem in Deutschland zu sorgen.
In der Umfrage gaben gut acht von zehn (82 Prozent) Unternehmen an, eigentlich geplante Investitionen in Deutschland zu verschieben, zu verlagern oder ganz zu streichen. Mit 37 Prozent plant mehr als jedes dritte Unternehmen eine Investitionsverlagerung ins Ausland. Laut VDA sind Verlagerungsziele andere Länder der Europäischen Union (EU), gefolgt von Asien und Nordamerika. Weitere 13 Prozent planen eine Streichung von Investitionen. Lediglich 1 Prozent der Unternehmen gab an, seine Investitionen in Deutschland angesichts der aktuellen Lage erhöhen zu wollen.
"Immer mehr Unternehmen des automobilen Mittelstandes planen, Investitionen ins Ausland zu verlagern. Für Berlin muss diese Entwicklung gleichermaßen Warnsignal wie Weckruf sein. Die Bundesregierung muss aufpassen, dass das industrielle Netzwerk, das den Wirtschaftsstandort Deutschland ausmacht, keinen Schaden nimmt", forderte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die Devise müsse "Weniger reden, konsequenter handeln" lauten.
Die Umfrage zeigte außerdem, dass der Anteil der Unternehmen, die unter einem Mangel an Fach- und Arbeitskräften leiden, weiter hoch ist. Demnach geben 52 Prozent der Unternehmen geben an, Schwierigkeiten zu haben, den kurz- und mittelfristigen Fachkräftebedarf zu decken. Um den Herausforderungen zu begegnen, greifen die Unternehmen vor allem auf eigene Ausbildung zurück.
Jobabbau wegen Transformation und Digitalisierung
Beim Thema Beschäftigung gaben dennoch 45 Prozent der Unternehmen an, trotz des Fach- und Arbeitskräftemangels Beschäftigung abbauen zu wollen. Als Grund nannte der Verband etwa die Transformation der Automobilindustrie in Richtung Klimaneutralität und die Digitalisierung. Lediglich 16 Prozent geben an, Beschäftigung aufzubauen, in 38 Prozent der Unternehmen bleiben die Beschäftigungszahlen konstant.
Die Unternehmen machten in der Umfrage außerdem ihre Unzufriedenheit mit der Handelspolitik der EU deutlich. So gaben 80 Prozent der Unternehmen an, dass die Handelspolitik der EU nicht zum Wohl des industriellen Mittelstands beitrage. Zudem erwarten 82 Prozent durch zunehmende Handelskonflikte negative Auswirkungen auf ihr Unternehmen.
Der VDA forderte hier mehr Einsatz der Politik für freien und fairen Handel. Denn dieser sei für die Exportnation Deutschland und auch für die Automobilindustrie, wo etwa 70 Prozent der Arbeitsplätze vom Export abhingen, wichtig.
Die EU und auch die Bundesregierung müssen sich deutlicher und entschlossener für offene Märkte einsetzen. Es braucht endlich eine aktive Agenda der EU für freien und fairen Handel und mehr Pragmatismus und Flexibilität bei den Verhandlungen von Freihandels- und Investitionsabkommen.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
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