Kommentar
12:00 Uhr, 07.04.2014

Value-Aktien jetzt besser als Wachstumswerte?

Der Markt hat gedreht - zumindest für Wachstumswerte. Gerade noch Liebling der Börse, drehen Wachstumswerte gerade massiv nach unten.

Erwähnte Instrumente

Ein Beispiel einer ganzen Branche, die betroffen ist, sind 3D-Drucker-Hersteller. Der Branchenindex hat seit dem Hoch Ende 2013 über 30% eingebüßt. Cloud Computing, ebenfalls einer der großen Hoffnungsträger im Technologie Bereich, zeigt sich etwas robuster, aber auch nicht wirklich gut. Der Branchenindex verlor allein seit Anfang März 12%. Ganz besonders hart traf es den Brennstoffzellenindex. Dieser verlor fast die Hälfte an Wert - in drei Wochen!

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Das sind nicht nur subtile Anzeichen einer Umschichtung von Wachstums- zu Value Aktien. Es ist schon eher eine Aufforderung! Die Kurse schreien es quasi von allen Dächern. Nun sind die Verluste aber schon da und als Anleger muss man sich fragen, ob man mit einer Umschichtung zum jetzigen Zeitpunkt nicht schon zu spät dran ist. Denn eines ist klar: Hin und Her macht Taschen leer (wie es René Berteit kürzlich sehr schön auf den Punkt gebracht hat).

Der Sinn von Umschichtungen kommt ganz auf den Anlagehorizont an. Wachstumswerte sind kurzfristig immer volatiler als Value-Aktien. Auf lange Sicht kann sich deren Performance aber durchaus sehen lassen. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Eugene Fama hat 80 Jahre Kursgeschehen analysiert und die Performance von unterschiedlichen Klassen identifiziert. Er unterscheidet dabei große und kleine Value Werte (nach Marktkapitalisierung) und große und kleine Wachstumsunternehmen. Unternehmen mit großer Marktkapitalisierung, die sich dem Wachstumssegment zuordnen lassen, haben im Durchschnitt eine Performance von 9,2% p.a. gebracht. Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung kommen auf 9,6%. Beides ist nicht schlecht. Die große Überraschung kommt aber noch: Value Aktien performen deutlich besser.

Value-Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung brachten in den vergangenen 80 Jahren auf 11,9% durchschnittliche Jahresrendite und kleine Value-Unternehmen sogar 14,9%. Jetzt könnte man meinen, die Sachlage sei klar. Wer immer in Value investiert, fährt besser. Das ist nur eingeschränkt richtig. Die große Differenz kommt vor allem aus Firmenpleiten. Wachstumswerte, die sich oft noch in der Anfangsphase ihrer Firmengeschichte befinden, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, in den Bankrott zu gehen. Lässt man diese Fehlschläge außen vor, dann ergibt sich wieder ein anderes Bild: Value und Growth performen in etwa gleich gut. Das zeigt die Gegenüberstellung zweier Indizes (Wilshire Large Cap Value vs. Wilshire Small Cap Growth). Seit Datenverfügbarkeit zeigt keiner der Indizes eine langfristige Outperformance. Was allerdings schon deutlich wird, ist ein klarer Vorteil von Value in Korrekturphasen. Value sinkt weniger stark als Growth. In Bullenmärkten kommt es hingegen zu einer regelmäßigen Outperformance von Growth gegenüber Value im Bereich von 10%.

Für Anleger, die ständig investiert sein wollen wäre es optimal, je nach Marktphase umzuschichten. Aber wer kann schon mit großer Sicherheit sagen, ob eine Korrektur oder ein Wirtschaftsabschwung bevorsteht? Eine Börsenweisheit besagt ja, dass die Börsen 10 von 3 Rezessionen vorhersagen. Mal ganz abgesehen davon, dass es immer noch am besten ist, ganz einfach nur in Aufwärtsphasen investiert zu sein. Das ist wohl aber ebenso unrealistisch wie die erste Variante, in der je nach Phase umgeschichtet wird.

Was bleibt, das ist der gesunde Menschenverstand. Wachstumswerte korrigieren ja nur so überproportional stark, weil im Vorfeld Übertreibungen stattfinden. Bei 3D-Druckherstellern notierten Unternehmen mit KGVs im 100er bis 200er Bereich und zum 15 fachen des jährlichen Umsatzes. Wer Wachstumswerte kaufen will, sollte die fundamentalen Gesichtspunkte nie außer Acht lassen. Damit entgeht man als Anleger schon einmal den gröbsten Fehltritten. Das zeigt sich auch aktuell. Viele Branchen korrigieren stark, aber nicht alle Wachstumsunternehmen sind betroffen. Das sind vor allem Unternehmen, die jetzt erst in Schwung kommen. Zuletzt hatte ich hier die Werte Inside Secure und Eurotech vorgestellt. Das sind natürlich immer noch Investments auf der riskanten Seite. Am schönsten sind daher Value Unternehmen mit Wachstumsperspektive. Das klingt zunächst wie ein Widerspruch und wird auf häufig so behandelt. Meiner Meinung nach ist das aber ganz und gar kein Widerspruch. Solche Unternehmen findet man immer wieder. Zuletzt war das z.B. die türkische Akbank, die wie eine Value Aktie bewertet ist - sogar noch darunter – aber eigentlich das Wachstum eines Growth Unternehmen hat.

Pauschal im aktuellen Umfeld Wachstumswerte zu verkaufen halte ich für falsch. Wer in ungesund bewerteten Branchen steckt (wie 3D Druck), für den lohnt sich der Ausstieg wahrscheinlich noch. Ansonsten beginnt so langsam die Zeit der Schnäppchensuche bei Wachstumswerten.

Clemens Schmale
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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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