Kommentar
08:16 Uhr, 20.09.2005

USA: Wiederaufbau vertreibt Konjunktursorgen

Katrina ist an den Kapitalmärkten mittlerweile verarbeitet. Die US-Konjunktur wird durch den Hurrikan allenfalls leicht gebremst werden. Die Notwendigkeit einer Zinspause der FED wird daher kaum mehr gesehen. Die Kurse festverzinslicher Wertpapiere haben daraufhin in der vergangenen Woche vor allem in den USA spürbar nachgegeben, was die Rendite entsprechend nach oben trieb. Anleihen der Eurozone folgten ihren Pendants mit gebremsten Tempo.

USA: Wiederaufbau vertreibt Konjunktursorgen

Der amerikanische Rentenmarkt hat seine Korrektur in der abgelaufenen Woche beschleunigt fortgesetzt. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries legte um 15 Basispunkte auf 4,27 Prozent zu. Sie befindet sich damit kurz vor dem oberen Rand eines Seitwärtstrends, der mittlerweile gut ein Jahr anhält. Seit August 2004 rentieren zehnjährige US-Treasuries abgesehen von kurzen peaks und dips zwischen 4,00 und 4,40 Prozent. Beigetragen zum jüngsten Anstieg innerhalb dieses Bandes hat das Hilfsprogramm der US-Regierung für die Region am Golf von Mexiko. Ohne konkrete Summen zu nennen kündigte Präsident Busch ein Maßnahmenbündel aus Infrastrukturprojekten, finanziellen Unterstützungen und Fördergesetzen für den Wiederaufbau der Region an. Die Wachstumseinbußen infolge von Katrina werden also auf Sicht der kommenden Monate weit geringer ausfallen, als zunächst befürchtet. Kurzfristig hinterlässt der Wirbelsturm freilich seine Spuren in den Daten. Die Industrieproduktion legte im August schwächer zu als erwartet, der Philadelphia-Fed-Index und das von der Universität Michigan gemessene Verbrauchervertrauen brachen deutlich ein. Den Rentenmarkt beeinflusste das aber nur marginal. Im Fokus stand neben dem Wiederaufbau vielmehr die Preisentwicklung. Die Verbraucherpreise waren im August aufgrund der Energiepreisentwicklung 3,6 Prozent höher als vor Jahresfrist - und eine weitere Zunahme kann wegen der Hurrikan bedingten Kapazitätsausfälle bei Ölförderung und Weiterverarbeitung für September nicht ausgeschlossen werden. Die um Energie und Lebensmittel bereinigte Kernrate stieg im August um 2,1 Prozent. Diese Daten machen es in Verbindung mit der unverändert robusten Konjunkturverfassung sehr wahrscheinlich, dass die FED am Dienstag ihren Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf dann 3,75 Prozent erhöht. Der Zinserhöhungszyklus bleibt damit intakt, weshalb dem US-Rentenmarkt unserer Einschätzung nach mit Vorsicht zu begegnen ist.

Eurozone: Inflationsrate legt zu

In der Eurozone ist die Situation unverändert. Die Konjunktur erholt sich nur langsam, während die Inflation getrieben von den Energiepreisen über dem EZB-Zielwert verharrt. Die endgültige Teuerungsrate im August wurde von den Statistikern mit 2,2 Prozent errechnet, nach 2,1 Prozent in der Schnellschätzung. Die Kernrate blieb mit 1,3 Prozent konstant. Nach Ausführungen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vor dem Europäischen Parlament werde die Inflation zum Jahresende hin anziehen. Im Blick hat er vor allem den Ölpreis, der seiner Ansicht nach die Gefahr von Zweitrundeneffekten sowohl auf der Lohn- als auch auf der Preisseite in sich berge. Trotz dieses an und für sich eher unschönen Ausblicks auf die Preisentwicklung sagte Trichet aber, dass es in der Eurozone weiterhin keine signifikanten Anzeichen von Inflationsdruck gebe. Die Geldpolitik der Eurozone bleibt damit neutral.

Wahlausgang: Nur minimaler Einfluss auf Anleihen

Der Ausgang der Bundestagswahl hat nach unserer Einschätzung nur einen minimalen Einfluss auf den Euro-Rentenmarkt. Die maßgeblichen Faktoren sind die politische Stabilität, welche außer Frage steht, die Preisentwicklung und die konjunkturelle Verfassung. Letztere ist allerdings abhängig von den Rahmenbedingungen, die von den jeweils nationalen Regierungen gesetzt werden. Der knappe Wahlausgang und die daraus resultierende Pattsituation in der Bundesrepublik dürfte daher - wenn überhaupt - in der sehr kurzfristigen Betrachtung Staatsanleihen aus Deutschland und der Eurozone eher stützen. Den Euro sehen wir gegenüber anderen Währungen kurzfristig etwas schwächer.

Ausblick:

Das Ereignis der laufenden Woche ist die FOMC-Sitzung am Dienstag. Eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte gilt als relativ sicher. Spannend wird allerdings sein, ob es Hinweise auf eine mögliche Zinspause geben wird, die zuletzt recht eifrig diskutiert wurde, oder ob der maßvolle Kletterkurs beibehalten wird. Mindestens ebenso interessant wird die Einschätzung der Katrina-Katastrophe durch die FED sein. Ebenfalls am Dienstag wird für Deutschland der ZEW-Index veröffentlicht. Am Freitag folgt der belgische BNB-Frühindikator.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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