Kommentar
14:30 Uhr, 30.04.2019

USA: Was bedeutet das Sensationswachstum für die Zinsen?

Die US-Wirtschaft hat trotz aller Widrigkeiten ein Quartalswachstum von über 3% rausgehauen. Schwenkt die Fed jetzt wieder auf Zinserhöhungen ein?

Man muss das Wachstum wirklich mit einem Superlativ ehren. Mehr als 3 % hat wirklich niemand erwartet. Es war die größte Wachstumsüberraschung seit mehreren Jahren, obwohl es an Problemen nicht gemangelt hat.

Einige dieser Probleme waren hausgemacht. So dauerte der Regierungs-Shutdown zum Jahreswechsel ewig. Fast 1 Mio. Staatsbedienstete erhielten keinen Lohn. Das hätte den Konsum dämpfen und das Wachstum drücken sollen. Es hilft auch nicht, dass der Handelsstreit mit China und der EU noch immer nicht beendet ist.

Mit viel Gegenwind ist der Jahresauftakt dennoch gelungen. Bei so robusten Zahlen sollten eigentlich Zinserhöhungen bald wieder auf dem Programm stehen. Das ist absolut intuitiv, wird so aber nicht geschehen. Vielmehr reagierte der Markt auf die Wachstumszahlen vollkommen kontraintuitiv. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung bis Jahresende schnellte in die Höhe (Grafik 1).

Das ist schon ein Ding. Da wächst die Wirtschaft rasant und der Markt sieht die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung ansteigend. Die Wahrscheinlichkeit erreicht sogar fast wieder den höchsten Wert in diesem Jahr und übertrifft den Panik-Spike Ende 2018 um Längen.

Irgendetwas stimmt da also nicht. Was das ist, ist auch schnell identifiziert. Das Kernwachstum ist schwach. Das Kernwachstum umfasst die Komponenten Konsum und Investitionen, die zusammen über vier Fünftel der Wirtschaftsleistung ausmachen. Kommt es hier zu einer Schwäche, ist das bedenklich. Genau das ist geschehen.

Zieht man von diesem Kernwachstum das Gesamtwachstum ab, ergibt sich aktuell eine Lücke von 2,1 Prozentpunkten. Von 3,2 % Wachstum stammen also 2,1 Punkte nicht aus dem Kernwachstum (Grafik 2). Das ist der höchste Wert seit 2011.

Eine solche Lücke tritt vor allem dann auf, wenn das Wachstum insgesamt rückläufig ist. Die Wachstumsschwäche und folgende Rezession Anfang des Jahrhunderts und 2008/09 waren von solchen Lücken gekennzeichnet. Das ist kein Zufall. Sie sind ein Hinweis auf eine Abschwächung und sogar drohende Rezession.

So kam ein Drittel des Wachstums zu Jahresbeginn aus dem Außenhandel. Der Wachstumsbeitrag ist hier im Normalfall negativ, weil die Exporte langsamer wachsen als die Importe. Anfang 2019 war es umgekehrt. Während sich also die Binnenkonjunktur abkühlt, scheint es außerhalb der USA wieder einen Rebound zu geben. So steigt die Nachfrage nach US-Gütern. Die USA für ihren Teil fragen hingegen weniger nach.

Aus diesem Grund werden die Daten nicht gefeiert, sondern erhöhen sogar die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung. Das ist zugegebenermaßen alles andere als intuitiv. Trotzdem hätten die Zahlen auch viel schlimmer sein können. Ich sehe auch keinen Grund dafür, gleich eine Zinssenkung zu fordern. So schlimm ist die Lage wirklich nicht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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