Kommentar
17:24 Uhr, 29.01.2010

USA: Starkes BIP-Wachstum im vierten Quartal – Aufholprozess hat begonnen

1. Die wirtschaftliche Aktivität hat im vierten Quartal 2009 einen großen Sprung nach vorne gemacht. Das Bruttoinlandsprodukt ist nach vorläufigen Angaben um (annualisiert) 5,7 % gegenüber dem Vorquartal gestiegen (Bloomberg-Median: 4,7 %; DekaBank: 5,0 %). Dies war der stärkste Anstieg seit dem dritten Quartal 2003. Trotz des positiven Jahresausgangs war das Jahr 2009 eines der schlimmsten in den vergangenen Jahrzehnten. Insgesamt sank das Bruttoinlandsprodukt um 2,4 %. Dies ist der ausgeprägteste Rückgang seit 1946. Seit Beginn der Jahresstatistik Ende der Zwanzigerjahre des vorherigen Jahrhunderts gab es nur fünf Jahre mit noch stärkeren Rückgängen (1930: -8,6 %; 1931: -6,5 %, 1932: -13,1 %, 1938: -3,4 % und 1946: -10,9 %).

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2. Die Entwicklungen der Teilstatistiken im vierten Quartal im Einzelnen: Der private Konsum ist um 2,0 % (qoq, ann.) nahezu den Erwartungen entsprechend angestiegen (Bloomberg-Median: 1,8 %; Deka- Bank: 1,9 %). Nach Steuererleichterungen und Autoabwrackprämie („Cash for Clunkers“) mussten die privaten Haushalte nun wieder aus eigener Kraft ihren Konsum tätigen, und die Einkommensentwicklung hat hierbei entscheidend geholfen. So sind die Bruttoeinkommen der privaten Haushalte um 4,0 % (qoq, ann.) und die verfügbaren Einkommen sogar um 4,8 % (qoq, ann.) angestiegen. In beiden Fällen handelt es sich um nominale Zahlen, sodass man sie mit der nominalen Konsumentwicklung zu vergleichen hat. Hier war der Zuwachs um 4,7 % (qoq, ann.) entsprechend hoch. Es wurde also nicht entspart (die Sparquote ist marginal von 4,5 % auf 4,6 % angestiegen) und es lagen auch keine sonstigen begünstigenden Effekte vor. Es zeigt sich vielmehr, dass sich die Konsumdynamik überraschend schnell wieder stabilisiert hat.

3. Die offiziellen Zahlen lassen noch keinen Schluss darüber zu, wie stark das Konjunkturpaket vom Frühjahr vergangenen Jahres geschoben hat. Hierzu wird das BEA erst bei der Zweitveröffentlichung Aussagen machen. Allerdings lässt sich im Bereich der Staatsaktivität nicht viel erkennen. Einerseits sind die Staatsausgaben gegenüber dem Vorquartal gesunken. Hintergrund sind Rückgänge in den Bereichen Verteidigung und bei den Ausgaben der Bundesstaaten. Hierfür war einerseits ein Rückpralleffekt zum Vorquartal verantwortlich und zum anderen die klamme Finanzsituation vieler Bundesstaaten. Auf Bundesebene außerhalb des Verteidigungsbereichs könnte der Zuwachs um 8,1 % (qoq, ann.) durchaus Folge des Konjunkturpakets sein. Allerdings ist dessen Wachstumsbeitrag in Höhe von 0,2 Prozentpunkten eher vernachlässigbar.

4. Nach wie vor entscheidend für die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Denn diese beschreibt am ehesten den eigentlichen Konjunkturzyklus. Das Ausmaß der Investitionsdynamik ist letztlich entscheidend für die Entwicklung am Arbeitsmarkt und somit für die Lohnbzw. Einkommensentwicklung für die Konsumdynamik. Im vierten Quartal stiegen die Ausrüstungsinvestitionen um 13,3 % (qoq, ann.) für uns unerwartet kräftig an. Dies war der stärkste Quartalszuwachs seit Anfang 2006. Wir hatten zuletzt mit einem halb so hohen Zuwachs gerechnet. Sollte sich diese Investitionsdynamik auch in den kommenden Quartalen fortsetzen, müssten wir erhebliche Aufwärtsrevisionen bei unserer BIP-Prognose vornehmen. Zurzeit gehen wir von einer außerordentlich schwachen Investitionsdynamik der Unternehmen aus. Weiterhin spürbar ausgeprägt ist die Rezession im Bereich des Gewerbebaus. Der Rückgang um über 15 % (qoq, ann.) ist zwar geringer als im Vorquartal und auch etwas geringer als von uns erwartet. Die Abwärtsdynamik ist hier aber weiterhin sehr hoch. Normalerweise hinkt die Entwicklung im Gewerbebau der gesamtwirtschaftlichen um mehrere Quartale nach. Allerdings ist dieser Bereich ganz besonders von den Finanzierungsmöglichkeiten abhängig, sodass zumindest bis zum Sommer mit einer weit unterdurchschnittlichen Entwicklung zu rechnen ist. Zum zweiten Mal in Folge sind die Wohnungsbauinvestitionen angestiegen. Der Zuwachs war jedoch schwächer als von uns erwartet. Daran dürften die Witterungsverhältnisse Schuld gewesen sein. Der private Immobilienmarkt wurde in den vergangenen Monaten überaus stark von staatlicher Seite und der Zentralbank unterstützt. Da diese Unterstützungen in den kommenden Quartalen vermutlich auslaufen werden, kann die Bauaktivität in den kommenden Quartalen durchaus einen holprigen Verlauf annehmen. Eine erneute Wohnungsbaurezession ist im ersten Halbjahr 2010 sicherlich nicht auszuschließen.

5. Der Außenhandel hat im vierten Quartal etwas stärker als von uns erwartet die wirtschaftliche Aktivität gestützt. Während der Exportzuwachs von gut 18 % (qoq, ann.) nahezu unseren Erwartungen entsprach, stiegen die Importe schwächer als von uns erwartet. Hintergrund für die Exportdynamik ist weiterhin das globale wirtschaftliche Umfeld, das sich in den vergangenen Monaten sogar noch weiter aufgehellt hat. Sowohl auf der Export- als auch auf der Importseite ist der Nachholbedarf nach dem sehr starken Rückgang während der Rezession enorm hoch. So ist das Exportniveau im vierten Quartal 2009 noch um knapp 7 % niedriger als im dritten Quartal 2008 – das Importniveau um knapp 12 %. Dies bedeutet, dass beide Bereiche auch in den kommenden Quartalen weiter stark ansteigen werden. Allerdings ist der Nachholbedarf auf der Importseite deutlich höher als auf der Exportseite. Der Außenhandel kann also in den kommenden Quartalen ein bedeutender Bremsfaktor werden.

6. Die verwendungsseitige Berechung des Bruttoinlandsprodukts wird komplettiert durch die Lagerinvestitionen. Viel wurde im vergangenen Jahr über den Lagerzyklus berichtet und auch im vierten Quartal hat dieser Teilbereich der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung das Bruttoinlandsprodukt maßgeblich beeinflusst. Mit 3,4 Prozentpunkten stammt von hier der mit Abstand höchste Wachstumsbeitrag. Allerdings ist der Lagerzyklus damit noch nicht zu Ende, denn im vierten Quartal wurden die Lagerbestände nochmals um 33,5 Mrd. US-Dollar (ann.) verringert. Der positive Wachstumsbeitrag resultiert daraus, dass der Lagerabbau nicht mehr ganz so stark gewesen ist wie im Vorquartal. Im dritten Quartal betrug der Abbau noch rund 140 Mrd. USDollar. Die Lagerbestände sind also alles andere als gefüllt. Vermutlich sind mit dem vierten Quartal 2009 ca. 60 % des Lagerzyklus abgeschlossen, und die weiteren 40 % werden sich aller Voraussicht nach über mehrere Quartale hinziehen. Einen Wachstumsschub wie im vierten Quartal dürfte es somit in einem einzelnen Quartal nicht wieder geben.

7. Der Aufholprozess der US-Wirtschaft hat begonnen und dies mit deutlich mehr Schwung als von uns erwartet. Hierauf deutet vor allem die Investitionstätigkeit der Unternehmen hin. Trotz des starken BIP-Wachstums im vierten Quartal liegt weiterhin ein unterdurchschnittlicher Aufschwung vor. Im Durchschnitt der vergangenen Konjunkturaufschwünge wurden in den beiden ersten Quartalen Zuwachsraten von jeweils 6,2 % (qoq, ann.) erzielt. Von solch einer Dynamik kann derzeit keine Rede sein, zumal der durchschnittliche Konjunkturaufschwung auch in den weiteren Quartalen Zuwächse von 5 bis 6 % aufweist. Das vierte Quartal 2009 ist ein besonderes Quartal und lässt sich durchaus als „Leuchtturmquartal“ bezeichnen, weil es sowohl die vergangene Entwicklung weit überstrahlt und vermutlich auch zukünftig lange Zeit nicht übertroffen werden wird. Dennoch, unsere Einschätzung eines zähen Aufschwungs steht spätestens mit den heutigen Zahlen auf dem Prüfstand.

Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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