Kommentar
15:44 Uhr, 15.11.2022

USA: Rezession schon vorbei?

Für das kommende Jahr wird der US-Wirtschaft eine Rezession vorhergesagt. Was, wenn diese Rezession bereits beendet ist?

Unter Banken, Analysten und Ökonomen bildet sich ein Konsens heraus. Dieser sieht eine Rezession in den USA im ersten Halbjahr 2023 vor. Im laufenden Quartal wird noch ein kleines Wachstum prognostiziert. Gegenüber dem dritten Quartal 2022 soll die Wirtschaft im vierten Quartal 2022 um 0,13 % wachsen.

Nachdem die Wirtschaft im dritten Quartal um 0,64 % wuchs, wäre dies eine deutlich nachlassende Dynamik. Unter diesen Voraussetzungen wirkt die Rezessionsprognose nicht unrealistisch. Für das erste Quartal 2023 wird ein Wachstum von -0,65 % und im zweiten Quartal von -0,4 % vorhergesagt.

Das Echtzeitmodell der Notenbank von Atlanta sieht die Dinge anders. Für das laufende Quartal wird ein Wachstum von einem Prozent vorhergesagt. Das sind 0,83 Prozentpunkte mehr als im Konsens (Grafik 1). Damit würde die Wachstumsdynamik nicht nachlassen, sondern steigen. Das Wachstumstief wurde im ersten Quartal 2022 erreicht. Seither beschleunigt sich das Wachstum wieder.


Starkes Wachstum in einem Quartal bedeutet nicht automatisch, dass die Wirtschaft im darauffolgenden Quartal nicht schrumpfen kann. Auch Ende 2021 wuchs die Wirtschaft dynamisch, um dann Anfang 2022 zu schrumpfen. Die aktuelle Situation unterscheidet sich jedoch von der vor einem Jahr. Vor einem Jahr hörte die pandemiebedingte Sonderkonjunktur auf.

Im Normalfall schwächt sich das Wachstum ab, bevor die Wirtschaft zu schrumpfen beginnt. Derzeit sieht es nach dem Gegenteil aus. Auch Anleger glauben nicht so recht an die Prognose. Aktien von Industrieunternehmen zeigten in den letzten Wochen eine deutliche Outperformance. Das ist ein Signal für Wachstum und nicht für eine Rezession.

Die Rezession, die alle für 2023 erwarten, hat möglicherweise bereits stattgefunden – im ersten Halbjahr 2022. Der Verlauf des S&P 500 war allerdings untypisch. Ein halbes Jahr vor Rezessionsbeginn tendieren Aktien schwächer. 2021 konnte der Markt noch steigen, bevor die Rezession Anfang 2022 begann (Grafik 2).


Der aktuelle Kursverlauf hält sich ebenfalls nicht an das typische Muster (Grafik 3). Anstatt nun auf einen gradlinigen Abwärtstrend einzuschwenken, zeigt sich der Markt stark. Der S&P 500 erreichte zuletzt ein höheres Hoch. Damit ist der Bärenmarkt nicht unbedingt beendet.

Die Geldpolitik wird Anleger auch zukünftig negativ überraschen. Der jetzigen Euphorie folgt auch wieder Ernüchterung. Nach einer Rezession sieht es derzeit jedenfalls nicht aus. Dazu trägt auch bei, dass in Europa vorerst keine Energieknappheit herrscht. China steuert zudem langsam auf Lockerungen in der Covid-Politik zu. Auch das stützt das globale Wachstum. Anstatt Anfang 2023 zu schrumpfen, könnte die US-Wirtschaft, aber auch Europa, eine Beschleunigung erleben.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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