Kommentar
12:37 Uhr, 27.07.2006

USA: Nachlassendes Wachstum und anhaltender Inflationsdruck

1. Zwar berichten alle zwölf Federal Reserve Banks, dass die wirtschaftliche Aktivität auch in der Zeit von Anfang Juni bis Mitte Juli expandiert hat, jedoch wird aus vielen Distrikten eine Abschwächung des Wachstums gemeldet. Insbesondere Berichte aus dem verarbeitenden Gewerbe und von Anbietern unternehmensnaher Dienstleistungen deuten auf eine robuste Entwicklung hin. Demgegenüber haben sich die Bedingungen im Einzelhandel weiter verschlechtert. Obwohl die Umsätze in den meisten Regionen über dem Vorjahresniveau liegen, wird ihr Wachstum im Allgemeinen als „bescheiden“ oder „enttäuschend“ beschrieben. Der Absatz von Kraftfahrzeugen stagniert oder ist sogar rückläufig, wobei amerikanische Anbieter trotz Rabattaktionen Marktanteile an ausländische Konkurrenten verlieren. Auch auf dem Markt für Wohnimmobilien setzt sich die Abkühlung fort. Der Verkauf neuer und bestehender Häuser und die Bautätigkeit sind in den meisten Fed-Distrikten zurückgegangen. Die Schwäche im Wohnungsbau wird zum Teil ausgeglichen durch eine zunehmende Aktivität im Bereich der Gewerbeimmobilien.

2. Der Arbeitsmarkt nimmt im Entscheidungskalkül der Fed derzeit eine zentrale Stellung ein. Die Bedingungen dort werden als angespannt beschrieben und hätten sich in den vergangenen Wochen in einigen Distrikten sogar verschärft. Insbesondere in der Öl- und Gasförderung wird eine Knappheit an Arbeitskräften gemeldet; Arbeitsvermittler und Zeitarbeitsfirmen sehen sich einer steigenden Nachfrage gegenüber. Dennoch wird das Wachstum der Löhne und Gehälter als im Durchschnitt moderat bezeichnet. Kräftigere Lohnzuwächse werden für qualifizierte Fachkräfte in verschiedenen Wirtschaftszweigen sowie für Angestellte von Zeitarbeitsfirmen gemeldet. Auch College-Absolventen im Raum New York erzielen deutlich höhere Einstiegsgehälter als noch vor einem Jahr.

3. Der Kostendruck, dem sich die Unternehmen aufgrund gestiegener Preise für Energie und andere Rohstoffe gegenübersehen, hat sich in den vergangenen Wochen im Durchschnitt über alle Wirtschaftszweige kaum verändert. Dennoch wird der Anstieg der Absatzpreise auf der finalen Produktionsstufe als „bescheiden“ bezeichnet. Die Fähigkeit der Unternehmen, gestiegene Kosten an ihre Kunden weiterzureichen, wird in verschiedenen Branchen sehr unterschiedlich eingeschätzt. Reise- und Transportunternehmen haben erfolgreich Treibstoffzuschläge durchgesetzt, und auch einige Dienstleister und Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes konnten ihre Preise erhöhen. Demgegenüber hat sich der Anstieg der Preise im Einzelhandel in den vergangenen Wochen nicht beschleunigt oder sogar verlangsamt. Zudem wird aus einzelnen Regionen gemeldet, dass der intensive Wettbewerb und eine nachlassende Nachfrage den Preissetzungsspielraum der Unternehmen begrenzen.

4. Insgesamt untermauert das Beige Book den Eindruck, den bereits der in der vergangenen Woche vorgelegte Monetary Policy Report der Fed und die Minutes der FOMC-Sitzung am 28. und 29. Juni vermittelt haben. Das Wirtschaftswachstum scheint sich deutlich verlangsamt zu haben, während der Inflationsdruck immer noch recht stark ist und insbesondere vom Arbeitsmarkt nach wie vor hohe Inflationsrisiken ausgehen. Da die Fed aber bereits signalisiert hat, dass sie von einem baldigen Nachlassen des Preisauftriebs überzeugt ist, stehen die Hauptaussagen des Beige Book auch im Einklang mit unserer Prognose, dass die Fed ihren Leitzins nicht weiter anheben wird.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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