Kommentar
15:31 Uhr, 08.10.2008

USA: Konsumentenkredite sinken erstmals seit über zehn Jahren

1. Mit der erneuten Zuspitzung der Kreditkrise rücken makroökonomische Daten über die verschiedenen Kreditmärkte wieder in den Fordergrund. Gestern Abend wurden von der Zentralbank die neuesten Entwicklungen bei den Konsumentenkrediten veröffentlicht. Im August stiegen die Konsumentenkredite um 3,8 % gegenüber dem Vorjahresmonat an. Dies ist der geringste Jahreszuwachs seit über zwei Jahren. Im Vergleich zum Vormonatsniveau hat sich das Kreditvolumen sogar um 0,3 % verringert. Dies ist der erste monatliche Rückgang seit Anfang 1998. Der Rückgang entfällt vor allem auf den Bereich der Kredite mit fester Laufzeit (-0,4 % mom). Allerdings ist auch das Kreditvolumen für revolvierende Konsumentenkredite gegenüber dem Vormonat gesunken (-0,1 %).

2. Neben den Daten zu den Kreditvolumina werden von der Fed auch einmal im Quartal Zinssätze für verschiedene Arten von Konsumentenkredite erhoben. Demnach stagnierten die Zinsen für Kreditkartenkredite nahezu bei 11,93 % und liegen damit weiterhin auf historisch niedrigem Niveau. Leicht angestiegen sind die Zinsen für Autokredite (6,95 %) und für sonstige Konsumentenkredite (11,43 %). Trotz dieser Anstiege sind die Zinsen weiterhin auf äußerst niedrigem Niveau.

3. Die Bilanzen der privaten Haushalte sind nach wie vor nicht als „gesund“ zu bezeichnen. Dies zeigt beispielsweise die Verschuldungsquote (also die Relation aus Schuldenstand zum Gesamtvermögen) der privaten Haushalte, die mit 20,6 % im zweiten Quartal 2008 einen weiteren Rekordstand erreicht hat. Zu beachten ist aber, dass trotz dieser hohen Verschuldungsquote die monatliche Zinslast der privaten Haushalte gemessen an deren verfügbaren Einkommen nicht besonders hoch ist und zuletzt sogar deutlich abgenommen hat. Der Rückgang der Zinsbelastung ging bis etwa Frühjahr dieses Jahres auf die stark gefallenden Zinsen für Konsumentenkredite zurück. Zwischenzeitlich war sogar zu befürchten, dass die Zentralbank mit ihren damaligen Leitzinssenkungen des Guten zu viel getan hätte und die Konsumenten sich noch stärker verschulden würden. Seit etwa Mai hat aber die Kreditaufnahme der privaten Haushalte deutlich an Dynamik verloren. Diese geringere Kreditaufnahme dürfte in den vergangenen Monaten der Grund dafür gewesen sein, dass die Zinsbelastung der privaten Haushalte weiter abgenommen hat.

4. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die jüngste Entwicklung der Konsumentenkredite zu begrüßen, denn eine Konsolidierung der Bilanzen der privaten Haushalte dürfte helfen die langfristige gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Für die Gegenwart bedeutet dies allerdings, dass sich der private Konsum schwächer entwickelt als die persönlichen Einkommen, also die Sparquote steigt.

5. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen an den Kreditmärkten ist zu hinterfragen, ob der Rückgang des Kreditvolumens aus einem schwächeren Kreditangebot der Banken oder aus einer schwächeren Nachfrage der Konsumenten resultiert. Während mit Hinblick auf die Bilanzen eine schwächere Kreditaufnahme der privaten Haushalte grundsätzlich wünschenswert ist, würde eine geringere Kreditaufnahme der Unternehmen zu einem Rückgang der Investitionstätigkeit führen. Dies hätte wiederum negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und damit auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Leider fehlen auf Unternehmensebene entsprechende Daten zu den Kreditvolumina bzw. sind aktuell durch Änderungen im Bankensystem extrem verzerrt. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Verwerfungen an den Kreditmärkten sind daher nur bedingt abzuschätzen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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