Kommentar
17:27 Uhr, 14.09.2007

USA: Konjunkturindikatoren weiterhin unbeeinflusst von der Kreditkrise

1. Wie stark wird die US-Wirtschaft von der aktuellen Kreditkrise belastet? Wer sich zu dieser Frage Antworten von der Vielzahl an Datenveröffentlichungen, die heute Nachmittag bekannt gegeben wurden, erhofft hatte, wurde enttäuscht. Beginnen wir zunächst mit dem Stimmungsindikator: Das Konsumklima der Universität von Michigan verbesserte sich im September von 83,4 auf 83,8 Punkte (Bloomberg-Umfrage: 83,5 Punkte und DekaBank: 84,5 Punkte). Während die Lagekomponente im Vergleich zum Vormonat nahezu unverändert blieb, stieg die Erwartungskomponente leicht an. Hintergrund für diese Stimmungsverbesserung könnten die Aussicht auf niedrigere Leitzinsen und die Aktienmarkterholung in den vergangenen Tagen gewesen sein. Während der letzte Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag sicherlich einer stärkeren Stimmungsaufhellung im Wege stand.

2. Die Industrieproduktion ist im August mit einer Rate von 0,2 % gegenüber dem Vormonat nahezu im Rahmen der Erwartungen gestiegen (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 0,3 %). Der kräftige Anstieg des Vormonats wurde von 0,3 % mom auf 0,5 % mom nach oben revidiert. Die Kapazitätsauslastung stagnierte bei nach oben revidierten 82,2 % (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 82,0 %).

3. Die stärksten Produktionsänderungen finden sich im Automobilsektor. Nach sehr kräftigen Produktionsausweitungen in den beiden Vormonaten wurde diese Ausweitung im August fast komplett zurückgenommen (-2,6 %). Sehr kräftig war dagegen die Entwicklung bei den Versorgern. Nach drei Rückgängen in Folge wurde hier die Produktion im August sehr kräftig ausgebaut. Hintergrund dürften die zumindest leicht überdurchschnittlichen Temperaturen im August gewesen sein, sodass ein vermehrter Einsatz von Klimaanlagen notwendig wurde. Aufgrund der Kreditkrise dürfte die Entwicklung der Teilabgrenzung „Business Equipment“ von größtem Interesse sein. Denn die Kreditkrise dürfte sich zunächst belastend auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen auswirken und die Gütergruppe „Business Equipment“ gilt als guter Indikator für die aktuelle Investitionstätigkeit. Zwar wurde die Produktion dieser Güter im August um 0,2 % gegenüber dem Vormonat zurückgefahren und dies ist erst der zweite monatliche Rückgang in diesem Jahr. Gleichwohl war der Vormonat mit einem Plus von 1,2 % sehr kräftig, sodass wohl nur von einem Rückpralleffekt zum Vormonat gesprochen werden kann. Somit dürfte der Rückgang in der Teilabgrenzung „Business Equipment“ im August nicht auf die Kreditkrise zurückzuführen sein.

4. Die Einzelhandelsumsätze sind im August um 0,3 % gegenüber dem Vormonat schwächer als erwartet gestiegen (Bloomberg-Umfrage: 0,5 %, DekaBank: 0,7 %). Klammert man die Verkäufe von PKW aus, welche durch eine Rabattaktion von General Motors einen Schub erhielten, gingen die Umsätze um 0,4 % mom zurück. Dieser Rückgang resultiert im Wesentlichen aus abnehmenden Umsätzen in den Teilbereichen Tankstellen (-2,4 % mom) und Baumärkte (-1,0 % mom). Für die Einschätzung des privaten Konsums wird jedoch eine Abgrenzung ohne diese beiden Komponenten und ohne PKW verwendet, in der die Umsätze nach einem starken Vormonat stagnierten.

5. Das Leistungsbilanzdefizit hat sich im zweiten Quartal 2007 mit 190,8 Mrd. US-Dollar verkleinert (Bloomberg-Median und DekaBank für den Saldo: -190,0 Mrd. US-Dollar), während das Defizit im ersten Quartal von 192,6 Mrd. US-Dollar auf 197,1 Mrd. US-Dollar revidiert wurde. Das Leistungsbilanzdefizit stellt weiterhin einen Fehlbetrag von 5,5 % des nominalen BIPs der USA dar.

6. Zumindest auf den ersten Blick haben die Konjunkturindikatoren heute insgesamt negativ überrascht. Allerdings lassen sich hierfür jeweils unterschiedliche Sonderfaktoren anführen, wobei die Kreditkrise vermutlich keinen Einfluss hatte. Somit liegt die eigentliche Enttäuschung nicht bei den schwächer als erwarteten Indikatoren, sondern darin, dass man hinsichtlich der Bremswirkungen der Kreditkrise weiterhin im Dunkeln tappen darf.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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