Kommentar
08:35 Uhr, 16.01.2008

USA: Keine Weihnachtsfreude im Einzelhandel

1. Die Einzelhandelsumsätze sind im Dezember überraschend deutlich um 0,4 % gegenüber dem Vormonat gefallen (Bloomberg-Umfrage: 0,0 %, DekaBank: -0,1 %). Der überaus starke Novemberwert wurde von 1,2 % auf 1,0 % mom nach unten revidiert. Auch die Einzelhandelsumsätze in der Abgrenzung ohne die Autohändler enttäuschten mit einem Minus von 0,4 % (Bloomberg-Umfrage: -0,1 %, DekaBank: -0,3 %). Rechnet man die drei Teilstatistiken Autohändler, Tankstellen und Baumärkte heraus, erhält man die statistische Abgrenzung, die in die Berechnung der privaten Konsumausgaben des Bureau of Economic Analysis aus den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen einfließt (BEA-Abgrenzung). In dieser speziellen Abgrenzung errechnet sich für den Dezember sogar ein leichter Anstieg von 0,2 % mom.

2. Der stärkste Umsatzrückgang wurde mit 2,9 % mom von den Baumärkten gemeldet. Diese Entwicklung ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die US-Wirtschaft seit mehreren Quartalen eine Wohnungsbaurezession durchläuft. Die Tankstellen mussten nach drei starken Monaten eine Umsatzeinbuße von 1,7 % hinnehmen. Hier spielt eine wesentliche Rolle, dass die Einzelhandelsumsätze eine nominale, d.h. nicht preisbereinigte Größe sind. Die Benzinpreise sind im Dezember um etwa 2 ½ % gegenüber dem Vormonat zurückgegangen, was zu dem Umsatzminus führte. Für uns überraschend kam dagegen der Rückgang um 0,4 % bei den Autohändlern. Die Daten für den inländischen Fahrzeugabsatz hatten hier ein Plus signalisiert. Die weiteren Teilbereiche zeigten uneinheitliche Entwicklungen. Dabei können die Rückgänge in Bereichen wie Bekleidung, Sport und Buchgeschäfte oder Elektronikhändler weitgehend als Rückpralleffekte gegenüber dem starken November interpretiert werden.

3. Immer mehr Konjunkturbeobachter erwarten für die US-Wirtschaft eine Rezession. Dabei ist eines ihrer Hauptargumente eine ausgeprägte Konsumschwäche aufgrund der Probleme am Immobilienmarkt. Wir gehen dagegen lediglich von einer kurzzeitigen Konjunkturdelle im ersten Halbjahr 2008 mit moderaten Konsumschwäche aus. Unser Hauptargument ist, dass dank der Beschäftigungs- und damit auch Einkommenszuwächse zumindest leichte Konsumzuwächse realisiert werden dürften, wenngleich die Hauspreisentwicklung in der Tat den privaten Konsum leicht bremst. Durch die heutigen Zahlen sehen wir uns in dieser Einschätzung bestätigt: Schwäche ja, Rezession nein!

4. Im Jahresdurchschnitt resultierte 2007 ein Plus der Einzelhandelsumsätze von 4,2 % gegenüber dem Vorjahr, in der Abgrenzung ohne Autos von 4,6 %. Dies waren die schwächsten Werte seit 2002.

Die Zeiten der außerordentlich starken Konsumzuwächse sind vorbei. Das war auch zu erwarten, nachdem die Immobilien- und Finanzvermögen der privaten Haushalte längst nicht mehr so stark zulegen wie in den Vorjahren, die gestiegenen Energiepreise an der Kaufkraft der Haushalte zehren und auch vom Arbeitsmarkt nicht mehr die großen Einkommensschübe kommen. Für 2008 erwarten wir sogar noch schwächere Zahlen im Gefolge der aktuellen Hypothekenkrise. Allerdings sollte der private Konsum schon im weiteren Jahresverlauf 2008 dank einer langsam zu Ende gehenden Wohnungsbaurezession und einem Auslaufen der derzeitigen Verwerfungen aus seinem Tal herausfinden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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