Kommentar
11:44 Uhr, 20.07.2007

USA: Fed-Minutes sprechen von ausgeglicheneren Konjunkturrisiken<br />

1. Bei ihrem Meeting am 27. und 28. Juni stellten die Mitglieder des FOMC eine Wiederbelebung der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Quartal fest und bezeichneten das Wirtschaftswachstum in der ersten Jahreshälfte daher als im Durchschnitt moderat. Für die kommenden Quartale erwarten sie nach wie vor eine Fortsetzung des moderaten Wachstums, das sich allmählich der Wachstumsrate des Produktionspotenzials annähern sollte. Unterstützt wird diese Einschätzung der Notenbanker auch durch die Prognosen des Mitarbeiterstabes des FOMC, der die erwartete leichte Zunahme des Wachstums darauf zurückführt, dass die dämpfenden Effekte von Seiten des Wohnungsbaus nachlassen und die Investitionstätigkeit anziehen werden.

2. Nach Auffassung des FOMC stellen sich die konjunkturellen Risiken nun als ausgeglichener dar als noch beim vorangegangenen Meeting am 9. Mai. Das bedeutendste Abwärtsrisiko geht dabei nach wie vor von der Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt aus. Die sinkende Aktivität im Wohnungsbau wird sich nach Einschätzung des FOMC noch für einige Quartale negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken, und auch ausgehend von diesen bereits gedämpften Erwartungen bestehen Abwärtsrisiken. So könnten sich das zuletzt gestiegene Niveau der langfristigen Zinsen und strengere Kreditvergabestandards im Subprime Hypothekenmarkt in einer weiter abnehmenden Nachfrage nach Wohnimmobilien niederschlagen.

3. Auch für den privaten Konsum erwartet das FOMC einen moderaten Zuwachs, der von der guten Verfassung des Arbeitsmarktes und steigenden Einkommen gestützt wird. Risiken sieht das FOMC hier in beide Richtungen. So könnte die Sparquote stärker zunehmen als erwartet und die Konsumaktivität somit hinter dem Anstieg der Einkommen zurückbleiben, falls die Preise für Wohnimmobilien nachgeben oder die Aktienmärkte sich weniger günstig entwickeln als zuletzt. Umgekehrt könnte der erwartete Anstieg der Sparquote aber auch ausbleiben, insbesondere bei weiter steigenden Aktienkursen.

4. Die Daten zur Investitionstätigkeit der Unternehmen, wie die Auftragseingänge für und Auslieferungen von Kapitalgütern, bezeichnet das FOMC als ermutigend im Vergleich zu den Informationen, die im Mai vorgelegen haben. Trotz seines generell optimistischen Ausblicks sieht das FOMC aber auch hier Abwärtsrisiken. Diese gehen zum Teil von den Finanzmärkten aus, in Form allgemein gestiegener Kreditkosten sowie einer eingeschränkten Verfügbarkeit von Krediten für einige Klassen schwächerer Schuldner. Darüber hinaus stellt das FOMC Anzeichen für eine Verlangsamung des Gewinnwachstums sowie der Produktivitätsentwicklung fest.

5. Wie das FOMC bereits im Statement zu diesem Zinsentscheid zu erkennen gab, betrachtet es die jüngsten Kerninflationszahlen als erfreulich, aber nicht als überzeugenden Beweis für eine nachhaltige Abschwächung. Zum einen könnte die Abnahme der Kerninflation in den vergangenen Monaten auf vorübergehende Einflüsse zurückzuführen sein, zum anderen identifiziert das FOMC eine Reihe von Kräften, die einen anhaltenden Inflationsdruck nach sich ziehen könnten. Im Einzelnen nennt es hier die hohe Auslastung der produktiven Ressourcen, die hohen Energie- und Rohstoffpreise, die Abwertung des US-Dollar und das Risiko, dass sich die zuletzt wieder höheren Gesamtinflationsraten in einer Zunahme der Inflationserwartungen niederschlagen. Einen hohen Stellenwert in der Beurteilung des Inflationsausblicks durch das FOMC nimmt die Möglichkeit ein, dass sich der trendmäßige Anstieg der Arbeitsproduktivität verlangsamt. Hintergrund hierfür ist die Beobachtung, dass sich das vergleichsweise geringe Wirtschaftswachstum der vergangenen Quartale nicht in nennenswertem Umfang in einer Abschwächung des Beschäftigungsaufbaus niedergeschlagen hat, was eine nur geringe Zunahme der gemessenen Arbeitsproduktivität impliziert. Für dieses Phänomen führt das FOMC mehrere potenzielle Erklärungen ins Feld. So könnten die Beschäftigtenzahlen nach unten revidiert werden, was eine Aufwärtsrevision der gemessenen Arbeitsproduktivität nach sich ziehen würde. Zudem wäre denkbar, dass die Beschäftigung, insbesondere im Wohnungsbau, erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf das verringerte Wachstum reagiert, sodass die Produktivitätsentwicklung unterschätzt würde. Daneben kann aber auch eine Abnahme des trendmäßigen Wachstums der Arbeitsproduktivität nicht ausgeschlossen werden, was sich bei gegebener Entwicklung der Löhne in zunehmendem Preisdruck äußern würde. Günstig für den Inflationsausblick wäre demgegenüber, wenn das Niveau der Arbeitslosenquote, das mit einer stabilen Inflationsrate kompatibel ist, niedriger läge als ursprünglich angenommen. Hierfür spricht aus Sicht einiger FOMC-Mitglieder der vor dem Hintergrund der niedrigen Arbeitslosenquote vergleichsweise verhaltene Anstieg der Löhne.

6. Sowohl die von der Fed zitierten Inflationsrisiken als auch die Abwärtsrisiken für die Konjunktur dürften noch auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Dies spricht gegen eine baldige Änderung der Leitzinsen in die eine oder die andere Richtung. Wir betrachten die Minutes daher als im Einklang mit unserer Prognose einer noch für längere Zeit unveränderten Federal Funds Rate.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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