Kommentar
10:48 Uhr, 23.03.2005

USA: Fed erhöht Leitzinsen auf 2,75 %

1. Gestern erhöhte die Fed wie erwartet die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf ein Niveau von nun 2,75%. Zum Fed-Statement vom 22.03.05 im Einzelnen:

„The Federal Open Market Committee decided today to raise its target for the federal funds rate by 25 basis points to 2-3/4 percent. The Committee believes that, even after this action, the stance of monetary policy remains accommodative and, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing ongoing support to economic activity.”

Die Fed ist davon überzeugt, dass die Realwirtschaft aufgrund der robusten Wirtschaftsdynamik die jetzt beschlossene Zinserhöhung verkraften kann.

“Output evidently continues to grow at a solid pace despite the rise in energy prices, and labor market conditions continue to improve gradually. Though longer-term inflation expectations remain well contained, pressures on inflation have picked up in recent months and pricing power is more evident. The rise in energy prices, however, has not notably fed through to core consumer prices.”

Das Statement wurde bei dem Absatz, der traditionell einen „Schnappschuss“ der US-Ökonomie darstellt, erheblichen Änderungen unterzogen. Denn es wurde explizit auf den höheren Inflationsdruck und die höhere Preissetzungsmacht der Unternehmen hingewiesen. Der Anstieg der Energiepreise – sprich: Ölpreise – hat aber nach Einschätzung des FOMC bislang keinen Effekt auf die Kerninflationsrate des Konsumentengüterpreisindex CPI gehabt. Die Outputdynamik wird nun mit „solid“ anstatt mit „moderate“ beschrieben – eine Referenz an die guten Konjunkturdaten der letzten Wochen. Und um diese Einschätzung noch zu bekräftigen, wurde darauf hingewiesen, dass dies doch für jeden klar zu sehen sei: Der Satzteil „appears to be growing“ wurde durch „evidently continues to grow“ ersetzt.

“The Committee perceives that, with appropriate monetary policy action, the upside and downside risks to the attainment of both sustainable growth and price stability should be kept roughly equal.”

Die erhöhten Inflationsrisiken spiegeln sich auch in der Risikoeinschätzung wider: Dort wurde eine Wortwahl gewählt, die zwar noch nicht explizit die Inflationsrisiken stärker als die Risiken für die Konjunktur gewichtet, die Märkte aber auf eine diesbezügliche Änderung vorbereitet. Die Risiken zwischen Konjunktur und Inflation werden somit weiter als neutral angesehen. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Geldpolitik weiter die Zinsen erhöht („appropriate monetary policy action“). Die Einschätzung, dass die ausgeglichene Risikoeinschätzung in den nächsten Quartalen vorherrschen werde, wurde mit dem Satzteil „for the next few quarters“ entfernt. Dies ist als Hinweis darauf zu werten, dass das FOMC beim Mai- oder beim Junimeeting die Risikoeinschätzung in Richtung einer höheren Gewichtung der Inflationsrisiken verändern könnte.

“With underlying inflation expected to be contained, the Committee believes that policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability.”

Das FOMC hat auch hier eine Änderung vorgenommen: Von der Inflation wird nun nicht mehr erwartet, dass sie relativ niedrig, sondern lediglich, dass sie in Schach (“well contained”) bleibt. Der Zinserhöhungszyklus sollte aber weiter maßvoll ( „measured“) in Form von 25-Basispunkteschritten gestaltet werden können. Sollten sich allerdings die Inflationsdaten doch wider Erwarten verschlechtern, so sind prinzipiell auch Zinserhöhungen in Form von 50-Basispunkteschritten möglich.

„In a related action, the Board of Governors unanimously approved a 25 basis point increase in the discount rate to 3-3/4 percent. In taking this action, the Board approved the requests submitted by the Boards of Directors of the Federal Reserve Banks of Boston, New York, Philadelphia, Cleveland, Richmond, Atlanta, Chicago, St. Louis, Minneapolis, and San Francisco.”

Die zur Erhöhung der Federal Funds Target Rate korrespondierende Erhöhung des Diskontsatzes wurde nicht von allen Fed-Distrikten unterstützt. Die Präsidenten der Federal Reserves von Kansas City und Dallas teilten hier offensichtlich nicht die Einschätzung ihrer Kollegen.

Alles in allem setzt das Statement des FOMC somit einen pessimistischeren Ton hinsichtlich der Inflationsentwicklung.

2. Der Fahrplan der Geldpolitik sollte in den nächsten Monaten folgender sein: Am 3. Mai besteht zwar eine Möglichkeit, dass die Risikoeinschätzung zu Gunsten der Inflationsrisiken verändert und das Wort „measured“ aus dem Statement herausgenommen wird. Wahrscheinlicher ist allerdings das zweitägige Strategiemeeting der Fed am 29./30. Juni 2005 und in Folge die Erklärung des Schrittes durch Alan Greenspan im Rahmen der halbjährlichen Humphrey-Hawkins-Anhörung vor dem US-Kongress. Zumal das FOMC sich anscheinend nicht ganz einig über die momentane Situation an der Inflationsfront ist.

3. Die Herausnahme des Wortes „measured“ würde der Fed die Flexibilität zurückgeben, auch einmal – wenn notwendig – 50 Basispunkteschritte im Zinserhöhungszyklus vorzunehmen. Entscheidend ist, dass dies alles vom Datenfluss in den kommenden Wochen abhängt. Denn der gesamte Satzteil heißt ja „measured pace“. Die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen wird aber durch die Datenlage determiniert. Das FOMC wird daher bis Juni noch abwarten wollen, wie sich die Inflationsdaten entwickeln, bevor das Ende des „maßvollen“ Zinserhöhungszyklus eingeläutet wird. Immerhin hatte sich der einflussreiche Governor Bernanke zuletzt noch für die Fortsetzung desselben eingesetzt. Auch wenn das Wort „measured“ für das FOMC immer nur Prognosecharakter hatte, so war es von den Märkten doch implizit als eine Selbstverpflichtung des FOMC interpretiert worden, den Zinserhöhungszyklus in 25 Basispunkteschritten erfolgen zu lassen.

4. Für den nächsten Zinsentscheid am 3. Mai 2005 erwarten wir eine weitere Zinserhöhung um 25 BP auf ein Niveau von dann 3,00 %. Ende 2005 ist ein Leitzinsniveau von 4,00 % zu erwarten. Da 50- Basispunkteschritte von Seiten der Fed historisch eher rar gesät sind, sollte man sich im Falle von schlechteren Inflationsdaten darauf einstellen, dass auch im Dezember – dort erwarten wir bislang noch eine Pause im Zinserhöhungszyklus – und auch nach Februar 2006 – hier erwarten wir das Ende des Zinserhöhungszyklus auf einem Leitzinsniveau von 4,25 % – weitere Leitzinserhöhungen erfolgen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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