Kommentar
11:05 Uhr, 04.05.2005

USA: Fed erhöht Leitzinsen

1. Gestern erhöhte die Fed wie erwartet die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf ein Niveau von nun 3,00%. Zum Fed-Statement vom 03.05.05 im Einzelnen:

„The Federal Open Market Committee decided today to raise its target for the federal funds rate by 25 basis points to 3 percent. The Committee believes that, even after this action, the stance of monetary policy remains accommodative and, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing ongoing support to economic activity.”

Die Fed ist davon überzeugt, dass die Realwirtschaft aufgrund der robusten Wirtschaftsdynamik die jetzt beschlossene Zinserhöhung verkraften kann.

“Recent data suggest that the solid pace of spending growth has slowed somewhat, partly in response to the earlier increases in energy prices. Labor market conditions, however, apparently continue to improve gradually. Pressures on inflation have picked up in recent months and pricing power is more evident. Longer-term inflation expectations remain well contained.”

Das Statement wurde bei dem Absatz, der traditionell einen „Schnappschuss“ der US-Ökonomie darstellt, erheblichen Änderungen unterzogen. In Reaktion auf die schlechteren Konjunkturdaten, die laut Fed auch auf die gestiegenen Ölpreise zurückzuführen sind, wurde der Ton hinsichtlich der Konjunkturentwicklung etwas pessimistischer gestaltet, indem der Satzteil „Output evidently continues to grow at a solid pace despite the rise in energy prices“ durch „Recent data suggest that the solid pace of spending growth has slowed somewhat, partly in response to the earlier increases in energy prices.“ ersetzt wurde. Auch was den Arbeitsmarkt angeht, so zeigte sich das FOMC leicht defensiver, indem es dem Satzteil „...labor market conditions continue to improve gradually“ ein „apparently“ hinzufügte. Verwirrung ergab sich bei den Hinweisen auf die Inflationsentwicklung. Denn in einer ersten Veröffentlichung des Statements war der Satz „ Longer-term inflation expectations remain well contained.” vergessen worden und wurde in einer zweiten Veröffentlichung dann hervorgehoben. Dies kann man als Freud’ schen Versprecher der Fed deuten, muss man aber nicht. Gelöscht wurde allerdings der Satz „The rise in energy prices, however, has not notably fed through to core consumer prices.“ Dies zeigt, dass sich die Fed Sorgen macht, dass die gestiegenen Energiepreise sich langsam auch im Kerninflationstrend widerspiegeln.

“The Committee perceives that, with appropriate monetary policy action, the upside and downside risks to the attainment of both sustainable growth and price stability should be kept roughly equal.”

Die Risiken zwischen Konjunktur und Inflation werden weiter als neutral angesehen. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass die Geldpolitik weiter die Zinsen erhöht („appropriate monetary policy action“).

“With underlying inflation expected to be contained, the Committee believes that policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability.”

Nach schwächeren Konjunkturdaten der letzten Wochen sollte der Zinserhöhungszyklus weiter maßvoll ( „measured“) in Form von 25-Basispunkteschritten gestaltet werden. Sollten sich allerdings die Inflationsdaten doch wider Erwarten verschlechtern, so sind prinzipiell auch Zinserhöhungen in Form von 50- Basispunkteschritten möglich. Die Wortwahl gibt der Fed aber auch den Spielraum, keine Zinserhöhungen vorzunehmen. Die Inflationsdaten müssten sich also bis zum Juni-Meeting enorm verschlechtern, soll der Satzteil „measured pace“ aus dem Statement entfernt werden. Denn sowohl die geldpolitischen „Tauben“ als auch die „Falken“ sollten mit der Wortwahl eigentlich leben können, zumal sich beim Meeting am 22. März kein diesbezüglicher Konsens herausbildete.

„In a related action, the Board of Governors unanimously approved a 25 basis point increase in the discount rate to 4 percent. In taking this action, the Board approved the requests submitted by the Boards of Directors of the Federal Reserve Banks of Boston, New York, Philadelphia, Cleveland, Richmond, Atlanta, Chicago, St. Louis, Minneapolis, Kansas City, Dallas and San Francisco.”

Die zur Erhöhung der Federal Funds Target Rate korrespondierende Erhöhung des Diskontsatzes wurde im Gegensatz zum letzten Meeting von allen Fed-Distrikten, also auch von den Präsidenten der Feds of Kansas City und Dallas, unterstützt.

Alles in allem setzt das Statement des FOMC somit einen leicht pessimistischeren Ton hinsichtlich der Konjunkturentwicklung.

2. Der Fahrplan der Geldpolitik sollte in den nächsten Monaten folgender sein: Der Zinserhöhungszyklus sollte weiter maßvoll in Form von 25-Basispunkteschritten erfolgen. Wir erwarten für den nächsten Zinsentscheid am 29./30. Juni 2005 eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte auf ein Niveau von dann 3,25 %. Ende 2005 sollte die Fed Funds Target Rate bei 4,00 % stehen.

3. Das Statement könnte im Juni zwar erneut signifikanten Änderungen unterzogen werden. Denn das zweitägige Meeting und die darauffolgende Anhörung von Alan Greenspan vor dem USKongress geben der Fed Gelegenheit, den Finanzmarkten den geldpolitischen Fahrplan bis Ende des Jahres zu kommunizieren. Momentan ist das aber wenig wahrscheinlich. Denn die Stimmung der Fed ist im Großen und Ganzen optimistischer als die der Finanzmärkte, was die Konjunkturentwicklung angeht. Sie geht davon aus, dass sich der momentane „soft patch“ nicht zu einem „soft stretch“, also einer langanhaltenden Abkühlung der Konjunkturdynamik auswächst. Zudem sollten bei einer Verlangsamung des BIP-Wachstums die Bondrenditen weiter sinken und sich die Finanzierungsbedingungen noch günstiger darstellen als bislang. Dies gilt auch für die Ölpreise. Was die Inflation angeht, so deutet nichts darauf hin, dass sich eine ölpreisinduzierte Preis-Lohnspirale entwickelt, auch wenn sich erste Spuren der höheren Energiepreise in den Kerninflationsraten zeigen. Um einer möglichen Preis-Lohnspirale vorzubeugen, wird die Fed weiter die Zinsen erhöhen, und dies stärker als die Märkte bislang erwarten – so jedenfalls die Sitzungsprotokolle vom 22. März.

4. Die Fed befindet sich mit ihrer Wortwahl momentan eigentlich in einer sehr komfortablen Situation: Zwar tobt eine interne Debatte um die Kommunikationspolitik und insbesondere um den Satzteil „measured pace“, aber genau dieser umstrittene Satzteil gibt der Fed wiederum eine enorme Freiheit in der Zinspolitik, die der weltwirtschaftlichen Lage – der ehemalige Fed-Chef Volcker hatte sie vor kurzem mit „An Economy On Thin Ice“ umschrieben – sehr angemessen ist. Sollten sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten nicht wesentlich verändern, so besteht die Möglichkeit, dass der Satzteil „measured pace“ dem Statement auch in den nächsten Monaten erhalten bleibt.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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