Kommentar
11:06 Uhr, 30.06.2006

USA: Fed dämpft Erwartung auf weitere Zinsschritte<br />

1. Das Federal Open Market Committee (FOMC) hat seinen Leitzins erwartungsgemäß um 25 Basispunkte auf 5,25 % angehoben. In seinem begleitenden Statement hat es den Teil, der auf die zukünftige Geldpolitik eingeht, weniger scharf formuliert als noch beim vorangegangenen Zinsentscheid am 10. Mai. Im Mai wies die Fed darauf hin, dass eine weitere Straffung der Geldpolitik „möglicherweise noch immer notwendig“ werden könnte, betonte aber im Anschluss, dass „das Ausmaß und der Zeitpunkt einer solchen Straffung von der Entwicklung des wirtschaftlichen Ausblicks“ abhängen. In ihrem neuen Statement verwendet sie zwar im Prinzip die gleichen Worte, dreht deren Reihenfolge jedoch um. Damit verlagert sie die Betonung weg von der Ankündigung potenzieller weiterer Zinsschritte hin zu der starken Datenabhängigkeit ihrer zukünftigen Politik. Zudem spricht sie nicht mehr allgemein vom „wirtschaftlichen Ausblick“, der ihr weiteres Vorgehen determiniere, sondern vom „Ausblick für sowohl die Inflation als auch das Wirtschaftswachstum“. Vor dem Hintergrund, dass an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen das Thema Inflation sehr stark in den Fokus gerückt ist, stellt sie somit klar, dass für sie auch in der gegenwärtigen Situation das zu erwartende Wachstum nicht an Bedeutung verloren hat. Insgesamt deutet der vorausschauende Teil des Statements somit einen geringeren Grad an Vorbestimmtheit weiterer Zinsschritte an.

2. Die jüngste Beschleunigung der Kerninflation nimmt die Fed zur Kenntnis, ohne daraus jedoch unmittelbare Schlüsse für ihre Politik zu ziehen. Wichtiger als die jüngsten Inflationszahlen sind für sie scheinbar die Inflationsaussichten und -risiken. Dass sie im aktuellen Statement nur ein „gewisses“ Inflationsrisiko konstatiert, stellt eine Abschwächung gegenüber der Formulierung vom 10. Mai dar. Wie schon im vorangegangenen Statement nennt sie mit den anhaltenden Produktivitätsfortschritten, die das Wachstum der Lohnstückkosten niedrig halten, und den verankerten Inflationserwartungen Faktoren, die das Inflationsrisiko begrenzen. Zum anderen weist sie jedoch darauf hin, dass die hohe Auslastung der produktiven Ressourcen und die hohen Preise von Energie und anderen Rohstoffen den Inflationsdruck aufrechterhalten können. Im Mai hatte es noch geheißen, mögliche Anstiege in der Auslastung der Ressourcen hätten das Potenzial, den Inflationsdruck zu erhöhen. Dies deutet darauf hin, dass die Fed einerseits den Grad der Anspannung am Arbeitsmarkt und den Stand der Kapazitätsauslastung als auf einem kritischen Niveau betrachtet, aber andererseits von einem tendenziellen Nachlassen des Inflationsdrucks ausgeht. Auch dies betont die starke Datenabhängigkeit ihrer Entscheidungen in den kommenden Monaten.

3. Die in den Statements vom 28. März und 10. Mai enthaltene Vorhersage, das Wirtschaftswachstum würde sich wahrscheinlich auf ein tragfähigeres Tempo verlangsamen, hat das FOMC in seinem aktuellen Statement konkretisiert. Seiner Einschätzung nach sprechen die seit dem letzten Zinsentscheid eingetroffenen Informationen dafür, dass die Moderierung des Wachstums bereits im Gange ist. Dies werde nach einiger Zeit dazu beitragen, den Inflationsdruck zu begrenzen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verbleibt jedoch noch ein gewisses Inflationsrisiko.

4. In gewisser Weise ähnelt die derzeitige Situation der im Sommer 2000. Seinerzeit befand sich die Kerninflation auf einem ähnlichen Niveau wie dem heutigen, und genau wie heute war ein starkes Wachstum der Wohnungsmieten die wesentliche Ursache des Preisauftriebs. Im Juni 2000 entschied die Fed, ihren Leitzins von damals 6,5 % nicht weiter anzuheben, obwohl sie die Risiken eher auf Seiten einer steigenden Inflation sah. Ausschlaggebend war für sie in erster Linie die Vermutung eines sich verlangsamenden Wachstums. Im Jahr 2006 scheint sich diese Entscheidungssituation zu wiederholen. Sollte sich der starke Anstieg der Wohnungsmieten in den kommenden Monaten fortsetzen, wäre dies auch mit einer sehr restriktiven Geldpolitik kurzfristig kaum zu unterbinden. Eine Zunahme der Kerninflation zu verhindern, wäre dann nur dadurch möglich, den Preisauftrieb bei anderen Gütern und Dienstleistungen deutlich zu bremsen. Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen eines sich abschwächenden Wachstums. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Fed bei ihrem nächsten Meeting am 8. August eine vorläufige Unterbrechung der Leitzinserhöhungen verkündet. Eine Bestätigung der Verlangsamung des Wachstums sollte sie dann bewegen, die Federal Funds Rate bis zum Jahresende auf dem derzeitigen Niveau zu belassen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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