Kommentar
22:03 Uhr, 03.02.2009

USA: Bankenumfrage der Fed signalisiert deutlichen Einbruch der Kreditnachfrage

1. Die Rezession hat die US-Wirtschaft derzeit voll im Griff. Hierbei spielt die Kreditkrise eine wesentliche Rolle. Das Ausmaß der Kreditkrise, deren Beginn bereits im Sommer 2007 lag, ist aus heutiger Sicht immer noch schwer abzuschätzen. Gestern Abend lieferten die Ergebnisse der Bankenumfrage Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) für das erste Quartal 2009 hierzu interessante Informationen. Die Teilfragen, die sich auf die Unternehmenskredite beziehen, lassen Schlüsse auf die Investitionstätigkeit im laufenden Quartal zu. Sie bilden im Prinzip die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen ab. Von Interesse sind beim SLOOS die Teilbefragungen hinsichtlich der

(1) Banken, die eine veränderte Kreditnachfrage seitens der Unternehmen verbuchten,
(2) Banken, die ihre Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen geändert haben,
(3) Banken, die die Zinsdifferenz (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen) verändert haben.

2. Die gestrigen Zahlen zum SLOOS zeigen, dass die Unternehmen ihre Kreditnachfrage im ersten Quartal 2009 extrem deutlich eingeschränkt haben. Bislang ließ sich anhand dieser Teilergebnisse kaum auf eine ausgeprägte Kreditkrise schließen. Anders sieht es dagegen bei den Teilergebnissen für die Kreditvergabe- Konditionen aus, die bereits seit längerem extrem ausgeprägte Verspannungen bei den Bankkrediten für Unternehmen angedeutet hatten. Im Vergleich zum Vorquartal gab eine etwas geringere Zahl von Banken an, die Kreditvergabe-Konditionen verschärft zu haben. Ähnliches zeigt sich beim Befragungssaldo bezüglich der Zinsdifferenz, der sich ebenfalls von einem Extremwert aus kommend leicht verbessert hat.

3. Die Vollbremsung der US-Wirtschaft, die im September vergangenen Jahres begann, resultierte in erster Linie aus dem Finanzmarktschock, der zu einer Verunsicherung der privaten Haushalte und der Unternehmen führte. Negative Vermögenseffekte sowie schlechtere Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen an den Kapitalmärkten waren ebenfalls Begleiterscheinungen hiervon. Dieser Finanzmarktschock war in seiner Dimension so stark ausgeprägt, dass er die eigentlich ursächliche Kreditkrise in seinen realwirtschaftlichen Wirkungen überlagert hat. Nur so scheint erklärbar zu sein, weshalb die Realwirtschaft (privater Konsum, Investitionstätigkeit der Unternehmen, Arbeitsmarkt) seither solch ausgeprägte Schrumpfungsraten aufweist, während die Kreditaggregate nicht in diesem Ausmaß sinken. Die realwirtschaftlichen Folgen des Finanzmarktschocks (bspw. der negativen Vermögenseffekte) sind noch nicht vollständig von der Volkswirtschaft verarbeitet, sie rücken aber aus konjunktureller Sicht in den kommenden Monaten in den Hintergrund. Die originären realwirtschaftlichen Auswirkungen der Kreditkrise, also die Verknappung des Kreditangebots der Banken aufgrund ihrer zu geringen Eigenkapitalausstattung, dürften dagegen nun deutlicher sichtbar werden. Die Befragungsergebnisse hinsichtlich der Kreditnachfrage lassen zwar keinen eindeutigen Schluss zu, ob es tatsächlich zu einer Angebotsverknappung der Banken gekommen ist. Zu eindeutig erscheint uns aber die anekdotische Evidenz, die nach wie vor vom Bankensektor gemeldet wird. Daher gehen wir weiterhin davon aus, dass die Kreditvergabe der Banken einen Belastungsfaktor darstellen wird, der ursächlich dafür ist, dass die Rezession bis Mitte dieses Jahres andauern wird. Der sich anschließende Aufschwung wird aufgrund des weiterhin, aber dann schwächer wirkenden Belastungsfaktors ungewöhnlich flach und vermutlich relativ volatil ausfallen. Die Ergebnisse der Bankenumfrage hinsichtlich der Kreditvergabe-Konditionen bzw. des Zinsspreads passen sehr gut in dieses skizzierte Konjunkturbild, da beide Saldenwerte einen geringen zeitlichen Vorlauf gegenüber der Kreditnachfrage besitzen und sich nur leicht gegenüber ihren Vorquartalswerten verbessert haben.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

4. Im ersten Quartal 2009 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von -12,1 auf -59,1 Punkte extrem verschlechtert. Ein negativer Wert signalisiert, dass mehr Banken eine gesunkene Kreditnachfrage melden als eine gestiegene. Die Verschlechterung des Saldos betraf nahezu gleichermaßen mittlere und größere Unternehmen wie auch kleinere Unternehmen. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse hinsichtlich der Kreditnachfrage für sich genommen einen sehr starken Rückgang der Unternehmensinvestitionen im ersten Quartal 2009.

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5. Erstmals seit dem ersten Quartal 2007 hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken gegenüber dem Vorquartal verbessert. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe- Konditionen verringerte sich im ersten Quartal 2009 von 79,1 Punkten auf 66,7 Punkte. Nach dem Rekordstand im Vorquartal liegt damit aber weiterhin ein ungewöhnlich hoher Wert vor. Dieser Saldo signalisiert für sich genommen zum fünften Mal in Folge eine extrem starke Schrumpfung der Unternehmensinvestitionen im laufenden Quartal.

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6. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) zeigt an, dass nach 95,5 % im Vorquartal nun 90,5 % der Banken die verlangte Zinsmarge ausgeweitet haben. Ein positiver Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen höheren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Gleichwohl ist dies der erste Rückgang und damit die erste Verbesserung des Saldos seit dem zweiten Quartal 2007. Weiterhin signalisiert der Saldo für die Zinsdifferenz für sich genommen eine sehr starke Schrumpfung der Investitionstätigkeit.

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Anmerkungen: Der Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) ist eine Umfrage, die von der Fed quartalsweise
unter ungefähr 50 bis 60 großen inländischen Banken und rund 20 ausländischen Bankinstituten bzw.
ausländischen Versicherungen durchgeführt wird. Die Befragung wird so terminiert, dass bei dem Treffen des
Federal Open Market Committee zur Mitte eines Quartals die Ergebnisse des SLOOS der Fed vorliegen. Die
Veröffentlichung erfolgt dann wenige Tage später.

USA: Vollbremsung der US-Wirtschaft zum Jahresende 2008

1. Die US-Wirtschaft hat im vierten Quartal 2008 eine Vollbremsung vollzogen, wenngleich diese glimpflicher als erwartet ausfiel: Das Bruttoinlandsprodukt ist im vierten Quartal 2008 um 3,8 % gegenüber dem Vorquartal (annualisiert) gesunken (Bloomberg-Median und DekaBank: -5,5 %). Eine Schrumpfungsrate dieser Größenordnung gab es zuletzt Anfang der Achtzigerjahre. In dem Rezessionsjahr 2008 erhöhte sich die wirtschaftliche Aktivität um 1,3 %. Dies ist der schwächste Zuwachs seit dem Rezessionsjahr 2001.

2. Im vierten Quartal ist der privaten Konsum zum zweiten Mal in Folge sehr deutlich um 3,5 % (qoq, ann.) gesunken. Hierbei spielte einmal die Verunsicherung aufgrund des Finanzmarktschocks (inklusive der daraus resultierenden negativen Vermögenseffekte) sowie die Abschwächung am Arbeitsmarkt eine Rolle. Die Verunsicherung der privaten Konsumenten lässt sich anhand der deutlich auf 2,9 % gestiegenen Sparquote sehr gut erkennen. Daneben sank im vierten Quartal die Anzahl der Beschäftigten um 1,3 Millionen im Vergleich zum Vorquartalsdurchschnitt, was zu einem Rückgang der (nominalen) Gesamtlöhne um 1,0 % (qoq, ann.) bzw. der persönlichen Einkommen insgesamt um 1,2 % wesentlich beitrug.

3. Die Wohnungsbaurezession hat sich auch im vierten Quartal 2008 fortgesetzt und dauert damit nun drei Jahre an. Der Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen um knapp 24 % (qoq, ann.) ist zwar durchaus ausgeprägt, gemessen an unseren Befürchtungen einer Verringerung von mehr als 30 % aber überraschend gering. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt beträgt die Bauaktivität nur noch gut 3 %. Dies ist historisch einmalig tief. Insoweit kann inzwischen nicht mehr von einer zu hohen Bautätigkeit gesprochen werden. Die allgemeine wirtschaftliche Abkühlung, insbesondere am Arbeitsmarkt, dürfte aber auch in diesem Jahr die Bautätigkeit weiter schrumpfen lassen. Die Gewerbebauinvestitionen sind erstmals in dieser Rezession gegenüber dem Vorquartal gesunken. Der geringe Rückgang geht auf die hier besonders wirkenden Zeitverzögerungen zurück. Die Verspannung an den Kreditmärkten dürfte sich hier also erst im laufenden ersten Quartal niederschlagen. Eine herbe Enttäuschung ist die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen. Deren Rückgang um fast 30 % (qoq, ann.) zeigt am deutlichsten, wie sehr die Volkswirtschaft durch den Finanzmarktschock auf der einen Seite sowie von der restriktiven Kreditvergabe auf der anderen Seite getroffen wurde.

4. Deutliche Rückgänge werden auch vom Außenhandel gemeldet. Einen Exportrückgang um knapp 20 % (qoq, ann.) wurde zuletzt für das dritte Quartal 1974 ermittelt. Drei Faktoren waren hierfür verantwortlich: Erstens ist global zeitgleich Nachfrage erheblich gesunken. Zweitens hat der US-Dollar zu Beginn des Quartals extrem stark aufgewertet. Drittens sorgten die Evakuierungen im Zuge der Hurrikane zu einer Belastung der Exporte. Der Außenhandel wirkte wachstumsneutral, weil die Importe aufgrund der inländischen Nachfrageabschwächung ebenfalls sehr stark gesunken sind.

5. Die Staatsausgaben stiegen entsprechend unseren Erwartungen um 1,9 % (qoq, ann.). Interessant ist aber die Entwicklung der Lagerinvestitionen, denn hierauf geht letztlich unser Prognosefehler zurück. Diese leisteten mit 1,3 Prozentpunkten einen erheblichen positiven Wachstumsbeitrag. In konjunkturellen Abschwüngen ist solch eine Entwicklung höchst ungewöhnlich, und wir hatten aufgrund von monatlich verfügbaren Lagerstatistiken sogar mit einem negativen Wachstumsbeitrag gerechnet. Die Höhe der Lagerinvestitionen könnte damit zusammenhängen, dass die Unternehmen nicht so schnell ihre Produktion drosseln konnten, wie die Nachfrage eingebrochen ist. Die entstehungsseitige Berechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen weist allerdings für das produzierende Gewerbe einen Rückgang der Bruttowertschöpfung um über 12 % (qoq, ann.) aus, sodass diese Erklärung nicht greift. Sollten die Lagerinvestitionen nicht in den kommenden Veröffentlichungen nach unten revidiert werden, dann dürfte die Abschwächung der Lagerhaltung im laufenden ersten Quartal nachgeholt werden und damit die wirtschaftliche Aktivität in diesem Zeitraum erheblich zusätzlich belasten.

6. Die wirtschaftliche Aktivität ist zum Jahresende 2008 nicht so stark eingebrochen wie zuletzt befürchtet. Diese gute Nachricht wird durch die relativ starke Lageraktivität in diesem Zeitraum aber vollständig überlagert. Wir gingen bislang davon aus, dass die höchste Schrumpfungsrate im vierten Quartal 2008 vorgelegen hat und damit eher der Vergangenheit angehört hätte. Mit den heutigen Daten wird es aber wahrscheinlicher, dass die ausgeprägteste Abwärtsdynamik erst im ersten Quartal 2009 erfolgt.

Quelle: Rudolf Besch - DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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