Kommentar
10:02 Uhr, 06.04.2022

US-Renditen klettern weiter

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Der gestrige Handelstag war charakterisiert durch eine weitere kräftige Aufwärtsbewegung der Staatsanleiherenditen und Swapsätze, insbesondere in den USA. Der sich dadurch weiter ausweitende Renditevorsprung von US Treasuries gegenüber Bunds setzt den EUR-USD-Wechselkurs unter Druck. Die Aktienmärkte versuchen, sich gegen die Belastung eines höheren Zinsniveaus zu stemmen. Am Rohstoffmarkt stiegen die Benchmark-Preise für Kohle, nachdem bekannt wurde, dass die nächste Sanktionswelle der westlichen Staaten gegenüber Russland einen Importstopp für das „Schwarze Gold“ vorsehen. Neben der Ankündigung der neuen Sanktionen dürfte das wichtigste Ereignis heute die Veröffentlichung der Kurzprotokolls der letzten FOMC-Sitzung mit Details zum geplanten Abbau der Zentralbankbilanz sein.

Um gleich 15 Basispunkte schoss die 10J UST-Rendite gestern in die Höhe. Sie überschritt dabei die Marke von 2,50 % und erreichte bei 2,55 % ein neues zyklisches Hoch. Heute früh setzt sich diese Tendenz fort, und mittlerweile ist sogar die 2,60 %-Hürde überwunden. Auslöser für den jüngsten Renditeschub dürften vor allem Äußerungen seitens verschiedener Fed-Vertreterinnen gewesen sein. Die designierte Vizechefin der Fed, Lael Brainard, bezeichnete es als „vorrangige Pflicht“ der Notenbank, die Inflationsgefahren einzudämmen. Neben Leitzinsanhebungen stellte sie einen „zügigen“ Abbau der Zentralbankbilanz bereits ab Mai in Aussicht („at a rapid pace“). Details hierzu erwarten wir uns von der Veröffentlichung der FOMC Minutes heute Abend um 20 Uhr. Brainard gilt als geldpolitische „Taube“, was ihren „falkenhaften“ Äußerungen besonderes Gewicht verleiht. Flankiert wurden ihre Aussagen von Einlassungen der Vorsitzenden der Kansas City Fed, Esther George, und der San Francisco Fed, Mary Daly, die sich beide ebenfalls für eine zügige Straffung der geldpolitischen Rahmenbedingungen aussprachen. Überdies zeigten Daten zum amerikanischen Dienstleistungssektor (ISM Index) kräftige Anstiege bei den Subindikatoren zur Beschäftigung und zur Preisentwicklung.

Bemerkenswert ist überdies, dass der Anstieg der Treasury-Renditen gestern mit einer Versteilerung der Kurve einherging. Der 2/10J-Spread weitete sich um 6 Bp aus, in diesem Abschnitt drehte sich die Inversion wieder in eine ansteigende Kurvenform. Grundsätzlich befindet sich die Treasury-Kurve in einem langen und stabilen Abflachungstrend, der die Kurve zuletzt über alle Laufzeiten von zwei bis 30 Jahren hinweg in die Inversion geführt hat. Es steht zu vermuten, dass dieser Abflachungstrend nicht gebrochen ist und die 2J-Rendite in den kommenden Tagen wieder an der 10J-Rendite vorbeiziehen wird.

Die nächste Orientierungsmarke für die amerikanischen Renditen dürfte bei 2,75 % liegen. Diese Marke spiegelt jenes Niveau wider, welches der „Median Dot“ als die Spitze des begonnenen Zinsanhebungszyklus antizipiert. Als Median Dot wird die mittlere Erwartung der FOMC-Mitglieder über die weitere Leitzinsentwicklung bezeichnet. Dieses Niveau liegt nicht nur 50 Bp über dem maximalen Niveau, welches wir für diesen Zinsanhebungszyklus erwarten. Die Geldmärkte preisen derzeit sogar ein, die 2,75 %-Marke würde bereits zum Jahreswechsel erreicht werden. Aktuell steht der Leitzins (Obergrenze des Zielbandes für den Zielsatz) bei 0,50 %. Wir sprechen hier also über die Markterwartung von neun 25-Bp-Zinsanhebungsschritten binnen neun Monaten – bei gleichzeitig „zügigem“ Abbau der Anleihebestände in der Zentralbankbilanz.

Vor dem Hintergrund eines möglicherweise derart steilen Straffungszyklus werden die Anleger an den Aktienmärkten wieder nervös. Gestern gab der S&P 500 von seinem Tageshoch gut 1½% nach. Heute Vormittag signalisieren die Aktienfutures bislang bestenfalls eine gemischte Performance. Derweil leidet auch der EUR-USD-Wechselkurs unter dem rasanten Anstieg der US-Renditen. Zwar zog auch die 10J Bundrendite gestern kräftig um gut 10 Bp an, dennoch weitet sich der Renditevorsprung der US Treasuries gegenüber Bunds immer weiter aus. Aktuell steht dieser bei knapp 200 Bp und damit ziemlich genau wieder auf jenem Niveau, welches unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Pandemie vorherrschte. Noch Mitte vergangener Woche kratzte EUR-USD an der Marke von 1,12, heute früh handelt das Währungspaar unterhalb von 1,09.

Am Rohstoffmarkt halten sich die Ölpreise oberhalb der 100-Dollar- und die Benchmark-Gaspreise oberhalb der 100-Euro-Marke. Der in Aussicht gestellte Importstopp für russische Kohle trieb den Börsenpreis um über 13 % nach oben. Hohe oder steigende Energiepreise und steigende Renditen stellen auch heute wieder ein herausforderndes Marktumfeld dar…

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