US-Quartalssaison: Netflix, Tesla, Twitter und Snap stehen in den Startlöchern – Was wird erwartet? Und von der EZB-Sitzung?
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Nach dem kräftigen Kursgewinnen vom vergangenen Freitag, war der DAX am Montag mit weiteren deutlichen Gewinnen in die neue Handelswoche gestartet. Nachdem der Erholung beim S&P 500 aber gegen 19.30 Uhr (deutscher Zeit) plötzlich die Luft ausgegangen ist, drehte auch der DAX wieder nach unten.
Grund war die Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg, demnach Apple im kommenden Jahr aufgrund der Konjunktureintrübung in einigen Bereichen auf die Einstellungs- und Kostenbremse treten werde. Apple schließt sich damit Unternehmen wie Microsoft , Alphabet und Amazon.com an, die in den vergangenen Wochen und Monaten ähnliche Maßnahmen angekündigt haben.
Umso gespannter warten Investoren auf die Quartalszahlen der US-Techfirmen. Am heutigen Dienstagabend nach Börsenschluss in den USA legt Netflix die Zahlen vor. Am Mittwochabend werden alle Augen auf Tesla gerichtet sein. Am Donnerstag folgen die Ergebnisse des Social-Media-Unternehmens Snap und am Freitag jene von Twitter.
Kleiner Hinweis: in der Sendung „Euer Egmond“ präsentiert von BNP Paribas Zertifikate analysiere ich heute Abend ab 18 Uhr die Aussichten für S&P500 und DAX, zahlreiche Einzelwerte aus den Indizes, Euro-Dollar und Gold. Die Sendung vom vergangenen Dienstag, 12. Juli finden Sie hier.
Prognostiziert Netflix weiteren Kundenverlust?
Netflix hatte im ersten Quartal den Umsatz um 9,8 Prozent auf 7,87 Mrd. Dollar gesteigert. Enttäuscht waren Investoren, dass der Konzern 200.000 zahlende Kunden verloren hatte und für das zweite Quartal sogar einen Rückgang um 2,0 Mio. vorhergesagt hat. Bei der Zahlenvorlage heute Abend nach Börsenschluss in den USA werden Investoren vor allem darauf schauen, ob es wirklich so schlimm gekommen ist.
Für das zweite Quartal sagt der Konsens der Analysten einen Umsatzanstieg um 9,5 Prozent auf 8,04 Mrd. Dollar vorher, womit sich das Wachstum bei dem Streamingdienst etwas weiter abgeschwächt hätte. Entscheidend wird einmal mehr welche Prognose zur Kundenzahl Netflix für das laufende dritte Quartal machen wird. Nach dem Seitwärtstrend der Aktie der vergangenen drei Monate könnte Netflix eventuell eine stabile Kundenzahl, also keinen weiteren Rückgang, in Aussicht stellen.
Allerdings gehe ich davon aus, dass eine Rezession in den USA und möglicherweise sogar der Weltwirtschaft bei gleichzeitig hoher Inflation dazu führen sollte, dass Mio. von Kunden ihre Netflix-Abos kündigen. Auf einen möglicherweise erneut schwachen Ausblick dürfte die Aktie einmal mehr mit einem Kurseinbruch reagieren.
Alle Augen auf Tesla gerichtet
Die Tesla-Aktie hat sich in den vergangenen Wochen erholt, womit der Börsenwert auf astronomische 746,4 Mrd. Dollar gestiegen ist. Für das zweite Quartal sagen Analysten einen Umsatzanstieg um 42,9 Prozent auf 17,09 Mrd. Dollar vorher. Zudem soll der Gewinn je Aktie auf 1,98 Dollar nach oben geschossen sein.
Die vorläufigen Produktions- und Absatzzahlen für das zweite Quartal haben gezeigt, dass die Lockdowns in China die Produktion im zweiten Quartal deutlich belastet haben, wenngleich der Hersteller von Elektroautos für Juni eine Rekordproduktion gemeldet hat. Analysten und Investoren werden darauf achten, ob der Konzern weiterhin ein jährliches Absatzwachstum von durchschnittlich rund 50 Prozent prognostizieren wird.
Zwar steigen viele Autokäufer von Fahrzeugen mit Verbrennermotor auf E-Autos um. Allerdings haben Tesla und viele Konkurrenten in den vergangenen Monaten die Preise kräftig angehoben, was zwangsläufig die Nachfrage dämpft. Das könnte in den nächsten Monaten deutlich mehr Gegenwind für die Aktie bedeuten, als vielen Besitzern des Papiers lieb ist.
Wie ich schon oft gesagt habe, ist Tesla für mich das Paradebeispiel für die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt und umso mehr bei den Growth- beziehungsweise Technologieaktien. Und nachdem Tesla in den vergangenen Jahren die Rally am Gesamtmarkt nach oben angeführt hat, müsste meiner Meinung nach das Papier nun auch die Talfahrt nach unten klar anführen.
Nervosität vor Snap-Zahlen
Am 24. Mai war die Snap-Aktie um rund 40 Prozent nach einer Gewinnwarnung eingebrochen. Das Social-Media-Unternehmen, das für seinen Instant-Messaging-Dienst Snapchat bekannt ist, hatte gewarnt, dass sich das Konjunkturumfeld stärker eingetrübt habe als erwartet, weshalb Umsatz und der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) für das zweite Quartal unter der vorherigen Prognose liegen würden.
Die Zahlen für das zweite Quartal werden am Donnerstagabend veröffentlicht. Analysten sagen einen Umsatzanstieg um 35,4 Prozent auf 1,14 Mrd. Dollar vorher. Gleichzeitig soll ein Verlust von 0,01 Dollar je Aktie zu Buche stehen, nach einem Gewinn von 0,10 Dollar im Vorjahreszeitraum. Droht diesmal erneut eine schwache Prognose? Falls es dazu käme, droht erneut ein herber Kurseinbruch, ist das Unternehmen mit einem Börsenwert von 22,8 Mrd. Dollar doch weiterhin extrem hoch bewertet. Zur Erinnerung: Das Unternehmen soll laut Analysten im laufenden Jahr einen Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 930 Mio. Dollar erzielen, für 2023 ist ein Minus von rund 550 Mio. Dollar geplant. Da ist eine Menge Fantasie in der Aktie eingepreist, oder? Ja, eine Menge heißer Luft.
Keine Analystenkonferenz bei Twitter
Twitter legt am Freitag um 14 Uhr (deutscher Zeit) die Ergebnisse vor. Die Aktie ist weiterhin in aller Munde, nachdem Tesla-Chef Elon Musk die Übernahme des Kurznachrichtendienstes hat platzen lassen, woraufhin er Musk auf die Erfüllung der vertraglichen Pflichten, also den Abschluss der Übernahme verklagt hat.
Für das zweite Quartal sagen Analysten einen Umsatzanstieg um 23,8 Prozent auf 1,32 Mrd. Dollar vorher. Allerdings soll der Gewinn je Aktie auf 0,15 Dollar sinken, nach 0,20 Dollar im Vorjahr. Wegen des Rechtsstreits mit Musk wird es diesmal allerdings keine Analystenkonferenz geben. Umso volatiler könnte die Aktie auf die Quartalszahlen reagieren, zumal eine mögliche Rezession der US- und sogar der Weltwirtschaft das Werbegeschäft von Twitter erheblich belasten sollte.
Gespanntes Warten auf EZB-Sitzung
Neben den Quartalszahlen der US-Techs steht vor allem die EZB-Sitzung am Donnerstag ganz oben auf der Agenda der Investoren. Die EZB veröffentlicht ab sofort die Pressemeldung statt um 13.45 Uhr erst um 14.15 Uhr, während die Pressekonferenz mit EZB-Chefin Christine Lagarde von 14.30 Uhr auf 14.45 Uhr verschoben ist.
Die EZB hat wiederholt signalisiert, dass die Zinsen diesmal um lediglich 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) angehoben werden sollen, womit die Einlagenzinsen für die Banken bei minus 0,25 Prozent liegen würden – es würde also weiterhin Strafzinsen geben. Damit kann man natürlich eine Inflationsrate von herben 8,6 Prozent für Juni, das höchste Niveau seit der Einführung des Euro, nicht bekämpfen. Das will die EZB aber auch gar nicht.
Zudem dürfte die EZB ankündigen, dass für die darauffolgende Sitzung am 8. September ein weiterer Zinsschritt um 50 Basispunkte nach oben geplant ist. Investoren werden zudem darauf achten, was die EZB und Lagarde zum Thema „Transmission Protection Mechanism“ (TPM), also zu einem neuen Anleihekaufprogramm ankündigen wird, mit dem verhindert werden soll, dass die Zinsen für die hochverschuldeten Länder, allen voran Italien, kräftig steigen.
Je taubenhafter sich Lagarde geben sollte, umso mehr sollte der Euro gegenüber dem Dollar unter Druck kommen. Schließlich war der Zinsaufschlag für zehnjährige italienische Anleihen gegenüber Bundesanleihen zuletzt auf rund 220 Basispunkte gestiegen, gegenüber rund 130 Basispunkte am Jahresanfang. Zugute kommt der EZB hingegen, dass im Falle einer US-Rezession die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter einbrechen sollten, was auch jene für Bundesanleihen mit nach unten ziehen sollte. In dem Umfeld sollte der Aufwärtsdruck auf die italienischen Zinsen deutlich nachlassen.
US-Neubaubeginne im Fokus
Zudem warten Investoren auf eine Reihe wichtiger Konjunkturdaten, gerade aus den USA.
Am Dienstag werden um 11 Uhr die endgültigen Inflationsdaten für die Euro-Zone bekanntgegeben. Sie sollen die vorläufigen bestätigen, demnach die Verbraucherpreise im Juni um herbe 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr nach oben geschossen waren.
Um 14.30 Uhr werden die Daten zu den US-Neubaubeginnen und Baugenehmigungen veröffentlicht. Laut dem Konsens der Analysten sollen die Neubaubeginne im Juni auf eine Jahresrate von 1,588 Mio. Einheiten gestiegen sein, nach 1,549 für Mai. Hingegen sollen die Baugenehmigungen etwas gesunken sein von 1,695 Mio. auf 1,666 Mio. Einheiten. Mich würde es nicht wundern, wenn beide Zahlen deutlich schwächer ausfallen sollten als erwartet, weil der zwischenzeitliche Sprung bei den US-Hypothekenzinsen nach oben den Immobiliensektor enorm belastet hat.
US-Verkäufe bestehender Häuser auf der Agenda
Am Mittwoch werden um 8 Uhr die Zahlen zu den Erzeugerpreisen für Deutschland veröffentlicht, also die Preise, die Unternehmen untereinander weitergeben. Die Erzeugerpreise sollen im Juni um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein, nach 1,6 Prozent für Mai. Damit sollen die Preise im Juni um horrende 33,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen, nach 33,6 Prozent für Mai. Das war der höchste Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949.
Um 13 Uhr schauen Investoren genau auf die Daten zu den US-Hypothekenanträgen.
Um 16 Uhr werden die US-Verkäufe bestehender Häuser bekanntgegeben. Für Juni wird eine Jahresrate von 5,4 Mio. Einheiten vorhergesagt, nach 5,41 Mio. für Mai. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen deutlich schwächer sein sollten als von Volkswirten vorhergesagt.
EZB-Sitzung ganz oben auf der Agenda
Am Donnerstag gibt die EZB um 14.15 Uhr die Ergebnisse ihrer Sitzung bekannt, um 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Lagarde.
Um 14.30 Uhr werden die Erstanträge, sowie die fortgesetzten Anträge auf US-Arbeitslosenhilfe veröffentlicht. Die Erstanträge sollen in der vergangenen Woche bei 240.000 gelegen haben, nach 244.000 in der Vorwoche. Meiner Meinung nach sollten die Anträge in den nächsten Wochen und Monaten kräftig steigen und so die rapide Verschlechterung am US-Arbeitsmarkt klar widerspiegeln.
Ebenfalls um 14.30 Uhr wird der Einkaufsmanagerindex der Notenbank der Philadelphia für die dortige Industrie bekanntgegeben. Nachdem einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft im Mai überraschend auf minus 3,3 Punkte eingebrochen war und damit unter der Nulllinie lag – das war das niedrigste Niveau seit Mai 2020 – soll er im Juni stabil geblieben sein. Beim Blick auf viele andere rapide schlechter werdenden US-Daten wüsste ich allerdings keinen Grund, warum der Index im Juni nicht deutlich weiter nach unten gerauscht sein sollte.
Um 16 Uhr schauen Investoren auf die US-Frühindikatoren des Conference Board.
Einkaufsmanagerindizes für Deutschland, Euro-Zone und USA im Blick
Am Freitag werden um 9.30 Uhr die Einkaufsmanagerindizes von S&P Global für Deutschland veröffentlicht. Jener für die Industrie soll im Juli von 52,0 auf 51,0 Punkte gesunken sein und würde damit nur noch minimal über der Marke von 50 Punkten liegen, die die Grenze zwischen Wachstum und Schrumpfen ist. Der Index für den Dienstleistungssektor soll von 52,4 auf 51,3 Punkte zurückgehen. Ich gehe davon aus, dass beide Barometer deutlich schlechter ausfallen als erwartet, wobei zumindest einer von beiden unter die 50er-Marke sinken könnte und damit ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in diesem Sektor signalisieren würde. Ich bleibe weiterhin der Überzeugung, dass die deutsche Wirtschaft schnell auf dem Weg in eine Rezession ist.
Um 10 Uhr folgen die Indizes von S&P Global für die Euro-Zone. Jener für die Industrie soll von 52,1 auf 51,0 Punkte gesunken sein, jener für den Dienstleistungssektor von 53,0 auf 52,0 Punkte.
Um 15.45 Uhr schließen die Indizes für die USA den Datenreigen dieser Woche ab. Jener für die Industrie soll im Juli von 52,7 auf 51,8 Punkte zurückgegangen sein, und jener für den Dienstleistungssektor von 52,7 auf 52,3 Punkte. Ich gehe davon aus, dass die Daten jeweils deutlich schlechter ausfallen sollten als erwartet und vielmehr eingebrochen sein sollten.
In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!
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