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11:51 Uhr, 18.06.2009

US-Präsident Obamas Entwurf der Neuordnung - Eine Würdigung!

Der Euro eröffnet heute (07.35 Uhr) bei 1.3935, nachdem während der letzten 24 Stunden im USHandel Höchstkurse bei 1.3986 markiert wurden. Der USD stellte sich gegenüber dem JPY auf 95.75. In der Folge oszilliert EUR-JPY bei 133.45, während sich EUR-CHF um die Marke von 1.5075 bewegt.

Bevor wir uns Präsident Obamas Neuordnung zuwenden, werfen wir einen kurzen Blick auf die gestrigen Veröffentlichungen aus den USA und Europa:

Die Handelsbilanz der Eurozone lieferte per April laut Berechnung von Eurostat einen Überschuß in Höhe von 2,7 Mrd. Euro. Analysten hatten mit einem Defizit in Höhe von -1,3 Mrd. Euro gerechnet.

Darüber hinaus wurde der Vormonatswert von +0,4 Mrd. auf +1,8 Mrd. Euro revidiert. Mithin ergibt sich hier ein erfrischend aktives Bild.

Der Blick auf Importe und Exporte bleibt ein Stück weit ernüchternd. So stellten sich die Exporte auf 102,1 nach zuvor 109,6 Mrd. Euro. Importe beliefen sich auf 99,4 nach 107,8 Mrd. Euro. Der Blick auf die Periode Januar - April 2009 im Vergleich zu der entsprechenden Vorjahresperiode ist nachhaltiger Beleg der rezessiven Entwicklung insbesondere in den westlichen Industrienationen, aber auch in Osteuropa.

Exporte sanken von 524,3 auf 405,2 Mrd. Euro. Importe verringerten sich von 533,8 auf 413,3 Mrd. Euro.

Die US-Verbraucherpreise nahmen per Mai im Monatsvergleich um 0,1% zu (Prognose +0,3%). Im Jahresvergleich übersetzt sich das zu einem Rückgang in Höhe von -1,0% nach zuvor -0,6%. Ein Blick auf den Chart verdeutlicht in eindrucksvoller Manier, daß die Taktung dieses Preisindex in hohem Maße der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise entspricht.

Die US-Leistungsbilanz wartete per 1. Quartal 2009 mit einem Defizit in der Größenordnung von -101,5 Mrd. USD auf. Analysten hatten ein Defizit in Höhe von -85,0 Mrd. USD erwartet. Darüber hinaus wurde der Wert des Vorquartals von -132,8 auf -154,9 Mrd. USD revidiert.

Der Chart belegt, daß sich eine Entspannung in der Defizitlage ergibt. Diese Entspannung ist zu großen Teilen Resultat der konjunkturellen Zyklik als auch gesunkener Rohstoffpreise. Das strukturelle Problem bleibt unvermindert virulent.

US-Präsident Obama hat gestern seine Vorschläge bezüglich der Neugestaltung der Finanzregulierung vorgestellt, die den stärksten Eingriff seit 75 Jahren darstellen würden, wenn sie so umgesetzt würden.

Es ist zu begrüßen, daß US-Präsident Obama den stärksten Eingriff seit 75 Jahren plant. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob diese geplante Ausformung der Neuordnung stringent genug ist und noch wesentlicher, ob sie im Gesetzgebungsverfahren dank der Macht der Finanzlobby (größte Lobby in de USA) nicht unter Umständen kastriert wird.

Die aktuelle Rückzahlung von Staatsgeldern durch diverse US-Banken, die alle von verwässerten Bilanzstandards und anderen durch die Politik verfügten Subventionsmechanismen latent weiter profitieren und sich durch die aktuelle Rückzahlung einer Subventionsmaßnahme verstärkter staatlicher Kontrolle und Regulierung entziehen wollen, ist Ausdruck dafür, daß die Banken und ihr Topmanagement unverändert primär Eigeninteressen verfolgen und die Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Funktionen dieses Sektors (deswegen gibt es Aufsichtsbehörden…) nicht angemessen gelebt wird!

Obama sprach von einer Kultur der Verantwortungslosigkeit an den amerikanischen Finanzmärkten, von Wasserfällen an Fehlern und verpaßten Gelegenheiten. Es habe ein umfassendes Systemversagen gegeben.

Es gab einige Protagonisten, die genau diese Mißstände auch in den USA sehr frühzeitig thematisierten. Diese "klugen Köpfe" sind bei der Reform jedoch nicht angemessen involviert. Vielmehr sind es die Kreise, die für die Krise mit verantwortlich zeichnen (u.a. Fed, Goldman Netzwerk und andere …), die jetzt wieder die Hebel der Macht bedienen. Das wirft eine Reihe von Fragen auf. Wenn die Täter von gestern zu den Wohltätern von morgen werden, sind Zweifel an der Nachhaltigkeit einer Neuordnung mindestens begründet.

Geplant ist, daß die Fed die Aufsicht über alle Konzerne und Finanzinstitute bekommt, die systemische Risiken begründen können. Ein neu zu gründender Regulierungsrat, dem die Fed angehören würde, soll die Risiken im ganzen System beobachten und damit einen Frühwarnschutz begründen.

Wir haben gestern bereits das Thema Fed diesbezüglich erörtert. Die Institution, die wesentlich verantwortlich ist (Greenspan, "Neue Paradigmen", "Asset-Driven Economy“ versus "Income-Driven Economy") und deren Unfähigkeit früh zu warnen nachhaltig belegt ist, erfährt nun einen deutlichen Machtzugewinn. Wir verweisen darauf, daß die US-Zentralbank über die regionale Struktur den privaten Banken gehört.

Hedgefonds wird größere Transparenz abverlangt. Derivate werden einer nachhaltigeren Regulierung unterzogen. Verschärfte Regeln für Händler als auch für die Emission von ABS-Strukturen sind auf der Agenda Obamas. Systemrelevante Finanzinstitutionen sollen erhöhten Anforderungen bei der Kapitalausstattung unterworfen werden.

Laut Präsident Obama ist das Ziel dieser Neuordnung, nicht nur Teile des Systems im Fokus zu haben, sondern das System ganzheitlich zu betrachten.

Dieser Ansatz ist absolut richtig.

Wir freuen uns über die Bereitschaft Obamas, dieses heiße Eisen anzupacken. Das wesentlichste Thema faßt Obama jedoch nicht an.

Die "Bankenaristokratie" ist wesentliche Ursache der globalen Finanzkrise!

Ursachenforschung setzt voraus, Fehlverhalten in den Eliten einzugestehen. Das gilt insbesondere für das Tolerieren der Entstehung einer globalen Bankenaristokratie durch ungezügelte Übernahmen nach dem Fall des Kommunismus 1990. Die Folgen dieses Monopoly waren und sind, daß diese "Global Player" der Bankenaristokratie ihre nationalen volkswirtschaftlichen Funktionen vernachlässigten. Fakt ist, daß das Phänomen Globalisierung auf Basis nationaler Volkswirtschaften funktioniert. Nationale Volkswirtschaften sind auf die Wahrnehmung der volkswirtschaftlichen Funktionen durch Banken angewiesen. Deswegen werden Banken national reguliert. Welcher Volkswirtschaft ist ein "Global Player" gegenüber loyal? Die Loyalität dieser Bankenaristokratie galt und gilt sich selbst gegenüber (25% EK-Rendite). Nationale Volkswirtschaften oder Kunden wurden lediglich Mittel zum Zweck. In der Krise wird jedoch die Vollkaskohaftung der nationalen Volkswirtschaften durch die Bankenaristokratie gerne in Anspruch genommen. Hier wird eine markante schiefe Ebene sichtbar.

Elementar für eine Stabilisierung des gesamten internationalen Finanzsystems ist das Zurückstutzen der global operierenden Bankenaristokratie auf Größenordnungen, die kompatibel mit den nationalen Volkswirtschaften und deren Haftungsmasse sind (… fällt die UBS, fällt die Schweiz …).

Der richtige Weg weist zum Polypol und nicht zu weiterer Konzentration nach dem Muster Deutsche Bank/Postbank und Commerzbank/Dresdner Bank. Nur ein Polypol sorgt für angemessenes Risikoverhalten, da es kein "too big to fail" gibt. Die heterogene Positionsaufstellung, die einem Polypol zugesprochen wird, erhöht die Risikotragfähigkeit des Systems!

Hierarchische und damit nicht demokratische Gebilde der Bankenaristokratie sollten nicht länger als "Schwanz des Hundes" mit dem "Hund" der freiheitlichen Gesellschaftssysteme wackeln! Dann wäre eine der wesentlichsten Grundlagen der Krise bereinigt.

Ergo ist eine Entflechtung der Bankenaristokratie vergleichbar mit dem "Glass-Steagall Act", der das US-Trennbakensystem begründete, die Maßnahme, die wirklich Ziel führend ist.

"If something is too big to fail - make ist smaller!" "Keep things as simple as possible!" Bezüglich der heute anstehenden Veröffentlichungen verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. Dem "Philadelphia Fed Business Index" kommt hervorgehobene Bedeutung zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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