Kommentar
15:20 Uhr, 22.09.2017

US-Geldpolitik: Methadon-Programm statt kaltem Entzug

Auf den ersten Blick zeigte sich die Fed falkenhaft: Sie verkündete auf ihrer Sitzung die schrittweise Entblähung ihrer 4,5 Bill. US-Dollar schweren Notenbankbilanz. Damit ist sie tatsächlich die erste Notenbank, die Liquiditätsabzug betreibt. Der Leitzins bleibt zwar unverändert. Doch plant sie diese sogenannten Fed Funds bis 2019 auf 2,75 Prozent anzuheben. Aber ist die Fed auf den zweiten Blick wirklich so gnadenlos? Wie kompromisslos ist sie wirklich und wieso nehmen die Aktienmärkte die Schubumkehr von Quantitative Easing zu Quantitative Tightening so gelassen hin?

Die Fed vollzieht einen geldpolitischen Strukturwechsel. Ab Oktober entbläht sie ihre 4,5 Bill. US-Dollar schwere Notenbankbilanz schrittweise. Allerdings betreibt sie einen gleichermaßen passiven wie homöopathischen Liquiditätsentzug. Sie tritt nicht aktiv als Verkäufer von Anleihen auf, sondern wird - beginnend in Höhe von monatlich 10 Mrd. US-Dollar - auf die Wiederanlage fällig werdender Anleihen verzichten. Diesen verknappenden Wiederanlageeffekt wird sie quartalsweise um jeweils 10 Mrd. steigern, bis sich die Bilanzsumme ab Oktober 2018 um monatlich 50 Mrd. US-Dollar verringert. Was sich zunächst mit 300 Mrd. US-Dollar epochal anhört, führt jedoch bei genauerer Betrachtung auf Jahressicht lediglich zu einer Verringerung der Bilanzsumme um sieben Prozent. Eine kompromisslos falkenhafte Geldpolitik ist das nicht wirklich. Dass sich die Fed sowohl über den Zeitraum als auch den Zielwert ihrer Bilanzverkleinerung nicht konkret äußert, lässt ihr zudem ein Hintertürchen offen.

Für die Finanzmärkte bedeutsamer ist die Einschätzung der Fed bezüglich der Leitzinsentwicklung. Zwar hält sie unverändert an einer weiteren Zinsanhebung in diesem Jahr und drei weiteren in 2018 fest. Allerdings betont sie selbst, dass diese Prognose nicht in Stein gemeißelt ist. Die Erfahrung zeigt, dass unter Notenbankpräsident Yellen Abweichungen nach unten der Regelfall sind. So hatte sie für 2016 vier Zinserhöhungen geplant, jedoch nur eine tatsächlich umgesetzt. Denn konjunkturelle und (geo-)politische Risiken sind nicht ausgestorben. So fällt die Frist zur Erhöhung der Schuldenobergrenze in die Zeit der nächsten Fed-Sitzung am 13. Dezember. Und wer weiß, ob Frau Yellen ab 4. Februar Fed-Chefin bleibt oder ob ein taubenhafterer Kandidat den Vorsitz übernimmt? Ohnehin stellt die Fed mittelfristig laut „Dot Plot“ ab 2019 einen flacheren Leitzinsverlauf (2019: 2,7 nach 2,9 Prozent und 2020 2,9 Prozent) in Aussicht. Die Finanzmärkte zeigen sich ohnehin von ihrer Leitzinsprognose nicht vollständig überzeugt und erwarten für nächstes Jahr weiterhin nur eine Erhöhung.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-1

US-Konjunktur verträgt keine klar restriktive Geldpolitik

Trotz angehobener Wachstumsprojektionen der Fed (2017: 2,4 statt 2,2 Prozent; 2018: 2,1 Prozent; 2019: 2,0 statt 1,9 Prozent und 2020 1,8 Prozent) sieht die Fed über die nächsten Jahre insgesamt dennoch einen leichten konjunkturellen Abwärtstrend. Tatsächlich signalisiert der von Bloomberg ermittelte Economic Surprise Index - er misst die Abweichungen der tatsächlichen Konjunkturdaten von den zuvor getroffenen Analysteneinschätzungen - eine enttäuschende Konjunkturentwicklung. Während vor allem Frühindikatoren seit Monaten überraschen, „unterraschen“ die „harten“ Daten aus US-Industrie, -Immobiliensektor und -Handel. Sie liegen klar im Enttäuschungsterrain, Tendenz weiter fallend.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-2

Die seit Ende 2016 angestiegenen Hypothekenzinsen haben bereits dazu geführt, dass sich die nach 2008 stattfindende Immobilien-Erholung gemäß Baubeginnen und -genehmigungen abflacht. Eine übertriebene Entblähung ihrer Notenbankbilanz mit der Folge deutlich steigender Bauzinsen wäre kontraproduktiv. Nicht zuletzt hat die Fed im Auge, dass die öffentliche und private Schuldensucht Amerikas eine der höchsten der Welt ist. Deren reibungslose Refinanzierung muss gesichert werden.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-3

Das Inflations-Mysterium der Fed

Auf die unterdurchschnittliche Inflationsentwicklung reagiert die US-Notenbank mit teilweise verringerten Projektionen der Kerninflation (2017 1,5 statt 1,7 Prozent; 2018 1,9 statt 2,0 und 2019 sowie 2020 unverändert bei jeweils 2,0 Prozent). Bei der Inflation insgesamt geht sie nicht davon aus, dass sie ihr Inflationsziel von zwei Prozent vor 2019 erreicht. Für die inflationäre Zielverfehlung sorgt die mangelnde Qualität des vermeintlichen US-Jobwunders, die Globalisierung und Digitalisierung, die insgesamt lohnseitigen Preisdruck verhindern.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-4

Glaubwürdigkeit geht der Fed über alles

Mit ihrer vermeintlich falkenhaften Geldpolitik wollte die Fed Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit beweisen. De facto schont sie aber die US-Konjunktur mit ihrer überschaubaren Bilanzverkleinerung und eher verbalerotischen Leitzinserhöhungsstrategie. Der reale US-Leitzins nach Inflation würde selbst bei Vollausschöpfung der Zinserhöhungsagenda auf absehbare Zeit auf wirtschaftsfreundlich niedrigem Niveau bleiben. Grundsätzlich ist das im historischen Vergleich keine restriktive Zins- und Liquiditätspolitik. Die Gelddrogensucht wird nicht wirklich geheilt. Diese Fed-Politik erinnert an ein Methadon-Programm. Es kann zwar die akuten Abhängigkeiten mildern, aber eine Befreiung von der Sucht ist nicht möglich.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-5

Sicherlich wird durch die Bilanzverkleinerung über die graduelle Erhöhung von Anleiherenditen am langen Ende - bei Vernachlässigung von Leitzinserhöhungen - eine steilere US-Zinsstrukturkurve geschaffen. Diese würde amerikanischen Banken verstärkte Anreize geben, Fristentransformation zu betreiben: Geld wird zu günstigen Notenbankzinsen ausgeliehen und zu höheren Kreditzinsen weitergegeben. Das stabilisiert eine schuldentrunkene Volkswirtschaft wie die der USA und stützt sogar die US-Aktienmärkte fundamental.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-6


Marktstimmung - Weltweit gibt es keinen Netto-Liquiditätsabzug, sondern eine -ausweitung!

Grundsätzlich ist der global üppige Liquiditätszustand trotz Fed-Bilanzentblähung nicht vorüber. Denn Bank of Japan und EZB - wenn auch zukünftig potenziell mit etwas weniger Schaum vor dem Mund - sorgen weiterhin für Netto-Liquiditätszufluss. Dieses Argument pro Aktien ist also intakt.


GRAFIK DER WOCHE

Globale Geldversorgung der Notenbanken (EZB, Fed und Bank of Japan) und Welt-Aktienmarkt

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-7

Darüber hinaus gibt der tatsächlich ruhige Schonwaschgang der Fed auch der EZB Argumente, liquiditätspolitisch vorsichtig zu agieren, auch um einer weiteren exportschädlichen Euro-Aufwertung vorzubeugen. Schließlich befindet sich die Euro-Wirtschaft trotz der jüngsten Erholungstendenzen noch auf wackeligen Beinen und ist insofern das Erhöhungsrisiko für Anleiherenditen deutlich schwächer ausgeprägt als in den USA. Diese renditeseitige Diskrepanz sorgt für eine Eingrenzung der Aufwertung des gegenüber US-Dollar zu teuren Euros.

US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-8

Ohnehin bedeuten die leicht höheren Anleiherenditen in den USA kein Aktien-Ungemach in Form einer plötzlich auftauchenden Alternativanlageform. Zunächst wird die Überbewertung von Anleihen gegenüber Aktien nicht wirklich abgebaut. Außerdem sind mit Renditeanstiegen typischerweise gleichzeitig Kursverluste bei Anleihen - je länger die Laufzeit, desto höhere - verbunden. Insofern werden Anleger auch weiterhin Aktien als wichtigem Portfoliobaustein treu bleiben. Überhaupt, einen Zinsschock werden die Notenbanken zur Verhinderung systemischer Finanzkrisen wirksam vermeiden. Insgesamt ist die fortgesetzte Übergewichtung von Aktien weiter zu empfehlen.

Allerdings bleibt der Nordkorea-Konflikt ein geopolitischer Belastungsfaktor. Immerhin aber haben sich die Finanzmärkte ein dickes Fell zugelegt und lassen sich offensichtlich von neuen Verbalangriffen und Drohungen Donald Trumps und Kim Jong-un nicht verunsichern.


Charttechnik DAX und S&P 500 - Chancen auf eine Jahresend-Rallye

Aus charttechnischer Sicht verläuft im DAX auf dem Weg nach oben der erste wichtige Widerstand bei aktuell 12.660 Punkten. Wird dieser überschritten, treten darüber die Marken bei 12.762 und 12.783 in den Vordergrund. Darüber nimmt der Index Kurs auf die Marke bei 12.832. Nimmt der Index jedoch seinen Konsolidierungskurs wieder auf, verlaufen erste Unterstützungen bei 12.532 und knapp darunter bei 12.511. Werden diese unterschritten, verlaufen darunter die nächsten Haltelinien bei 12.483, 12.456, 12.391 und schließlich 12.301 Punkten.

Im S&P 500 liegt der nächste Widerstand auf dem Weg nach oben am bisherigen Jahreshoch bei 2.508 Punkten. Auf der Unterseite liegen erste Unterstützungen bei 2.489 und 2.467. Knapp darunter verlaufen weitere Haltelinien bei 2.454 und 2.419, bevor der Index Kurs in Richtung der Marken bei 2.401 und schließlich 2.338 nimmt.



Der Wochenausblick für die KW 39 - Bundestagswahl im Fokus

In China dürfte der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe des Finanznachrichtendienstes Caixin eine Stabilisierung der Konjunktur anzeigen. In Japan entwickelt sich die Inflation weiter schwach und bestätigt die Bank of Japan in ihrem expansiven geldpolitischen Kurs.

In den USA zeigen sich die Auftragseingänge langlebiger Güter zwar stabilisiert. Der schwächere Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago unterstreicht jedoch den nicht einwandfreien Konjunkturverlauf. Das gilt ebenfalls für das vom Conference Board veröffentlichte Verbrauchervertrauen, das sein hohes Niveau nicht halten kann.

In der Eurozone tritt die Verbraucherpreisinflation laut Erstschätzungen auch im September auf der Stelle und gibt der EZB stabilitätsmoralischen Spielraum, ihre Geldpolitik expansiv zu halten.

In Deutschland dürfte der ifo Geschäftsklimaindex zum zweiten Mal in Folge leicht nachgeben, verharrt aber auf einem hohen Niveau. Der GfK-Konsumklimaindex setzt seinen Anstieg fort und zeichnet gemeinsam mit stabilen Einzelhandelsumsätzen ein robustes Bild der Binnenwirtschaft.

Hauptaugenmerk wird nächste Woche auf dem Ergebnis der Bundestagswahl liegen. Vor den Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober werden sich zwar keine Koalitionsbündnisse konkretisieren. Die Börse scheint sich aber aufregungsfrei auf eine GroKo 3.0 eingestellt zu haben.


Bundestagswahl 2017 - Non-Event für die Börse?

Umfragen haben 2016 weder das Brexit-Votum, noch die US-Präsidentenwahl, noch 2017 die Ergebnisse der drei deutschen Landtagswahlen vorhergesagt. Muss man also den Umfragen zur anstehenden Bundestagswahl wirklich mehr Bedeutung zubilligen als dem Wetterbericht für das kommende Wochenende? Irren ist eben menschlich. Doch nehmen wir einfach einmal an, dass die Umfrageinstitute Recht hätten. Demnach kommen statt bislang vier mit FDP und AfD zukünftig sechs Parteien in den Bundestag und die Union wird wieder stärkste Fraktion vor der SPD. Welche politischen Farbkombinationen sind realistisch und was hält die Börse davon?

Schwarz-Grün - Das Bündnis der früheren Erzfeinde?

Gegen diese Farbmischung gibt es massive ideologische Bedenken. Die CSU scheint ihre Anhänger nicht mit einem Polit-Partner irritieren zu wollen, dem man in so vielen Politik-Feldern und schon aus Tradition kritisch gegenübersteht. Schon gar nicht soll eine Blaupause für die Landtagswahl in Bayern 2018 geschaffen werden, bei der Horst Seehofer wieder allein regieren will. Die absolute Mehrheit der CSU ist politisch überlebensnotwendig, nicht zuletzt um im Bund Gewicht auf die Waagschale zu bringen.

Jamaika-Koalition - Mit „Peace“ hat das wenig zu tun

Kann man Schwarz-Grün mit Gelb aufwerten? Diese Dreier-Koalition - mit der CSU eigentlich eine Viererkoalition - wäre Polit-Multikulti aus Wertkonservatismus, Ökologie und Wirtschaftskompetenz und über allem schwebte der mütterliche Geist von Angela Merkel. In Steuerfragen, bei Standortreformen, in der Digitalisierung, bei Energiefragen, bei innerer Sicherheit und Zuwanderung liegen die Positionen so weit auseinander wie der Nord- vom Südpol. Wer hat schon ernsthaft Lust auf andauernde Paartherapien? Bereits ein unvorsichtiger Satz könnte eine Regierungskrise auslösen. Die Börse mag solche unsicheren politischen Verhältnisse nicht.


Schwarz-Gelb - Ist die FDP wirklich der Wunschpartner der Union?

Dagegen wäre eine Biene Maja-Koalition zwischen Union und FDP - immerhin ein Klassiker - nach dem Geschmack der deutschen Aktienmärkte. Denn zumindest auf dem Papier steht sie für wirtschaftsfreundliche Politik. Allerdings müsste die FDP ihre tatsächliche Wirtschaftskompetenz noch unter Beweis stellen. Viele Börsianer haben nicht vergessen, dass die Liberalen beim letzten schwarz-gelben Bündnis von 2009 bis 2013 trotz eines Rekordergebnisses von 14,6 Prozent kaum etwas durchsetzen konnten. Dafür hat sie 2013 mit dem Ausscheiden aus dem Bundestag einen hohen Preis gezahlt.

In einer neuen schwarz-gelben Koalition würde die FDP diese Scharte unbedingt auswetzen wollen. Ansonsten fiele sie bei der Bundestagswahl 2021 erneut unter die Fünf Prozent-Hürde, was wohl ihr finales Ende bedeutete. Die FDP würde daher auf die Union ordentlich Druck ausüben und auf Wirtschafts- und Steuerreformen, Digitalisierung, Infrastrukturverbesserungen und effiziente staatliche Verwaltung drängen. Ebenso würde sie der dahinsiechenden Euro-Stabilitätskultur wieder Aufbauspritzen verpassen. Eine aufmüpfige FDP wäre kaum der Wunschpartner der Union. Koalition mit FDP tut der Union weh!

Eine deutsche Bundesregierung unter Beteiligung der für Euro-Stabilitätskultur stehenden Liberalen wäre für den französischen Staatspräsidenten Macron sogar ein Risiko für die deutsch-französische Freundschaft. Macron erkennt, dass sein anfängliches Messias-Image in Frankreich mittlerweile massiv gelitten hat. Um persönlich keinen politischen Karfreitag zu erleben, will er mit seiner „Eurovision“ punkten: Das bislang germanische Europa soll zukünftig einen französischen Stempel erhalten.

Macron träumt von einer „Europäischen Wirtschaftsregierung“ mit eigenem Budget, einer Vergemeinschaftung nationaler Schulden, Europa-weiter Versicherung der Bankeinlagen, einer Euro-solidarischen Finanzierung der nationalen Arbeitslosenversicherungen, noch mehr Investitionen zur eurozonalen Wirtschaftsförderung und als Sahnehäubchen oben drauf noch einen ebenso mächtigen wie spendablen und schuldenfrönenden Euro-Finanzminister. Am liebsten sollte es ein Franzose werden, der dann in Zusammenarbeit mit einer freizügigen EZB nicht zuletzt Frankreich herrlich anstrengungslosen Wirtschaftszeiten entgegenführt. Es ist kein Zufall, dass Macron das deutsche Spardiktat ausgerechnet in Athen geißelte. Und er weiß genau, dass Sparen überall in Europa so beliebt ist wie Dosenravioli im Pariser Sterne-Restaurant. Macron will sich in Europa als soziale Alternative zur angeblich kaltherzigen Frau Merkel empfehlen. Mit diesem (Schein-)Heiligenschein will er endgültig die Europäische Stabilitätsunion in eine Französische Schuldenunion transformieren.

Macron ist sich bewusst, dass für seine Eurovision insbesondere Deutschland das Portemonnaie weit aufmachen und sich noch mehr Stabilitätsrisiken aufhalsen müsste. Für deutsche Ohren ist das alles Teufelszeug. Aber Macron glaubt an die Gunst der Stunde. Er denkt, Deutschland sei außen-, sicherheits- und handelspolitisch angeschlagen. Tatsächlich hat das früher sehr gute (wirtschafts-)politische Verhältnis zu Moskau fast einen Totalschaden erlitten. Außerdem verliert Deutschland mit Großbritannien seinen marktwirtschaftlichen und stabilitätspolitischen Waffenbruder. Und nicht zuletzt hat Trump die Nibelungentreue zwischen Amerika und Deutschland einseitig aufgekündigt.

Deutschland stehe also isoliert da. Auf der Suche nach einer neuen Liebe, denkt Macron, würde Berlin gerne mit Paris kuscheln wollen. Und für diese Liebe muss Deutschland eben zahlen. Das Ganze erinnert an Helmut Kohl, der sich für die französische Liebe zur deutschen Wiedervereinigung mit der Einwilligung zur Schaffung der Eurozone und der Einführung des Euros bedankte. Und heute soll Angela Merkel als Liebesbeweis das französische Europa finanzieren.

Dabei passt Monsieur Macron dieser widerspenstige Herr Lindner von der FDP gar nicht ins Konzept. Macron wird mit den Worten zitiert „Wenn sie (d.h. Frau Merkel) sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot“. Nach der Bundestagswahl muss die CDU/CSU eine Koalition mit der FDP genau abwägen: Denn je mehr europäische Stabilität, desto weniger deutsch-französische Freundschaft.


Dritte Große Koalition unter Angela Merkel - Es muss ja keine Liebesbeziehung sein

Das einzige Kandidatenduell von Frau Merkel und Herrn Schulz war kein Duell, sondern es waren Szenen einer langen Ehe, wo die Liebe zwar längst vorbei ist, man sich aber immerhin auf eine Vernunftbeziehung geeinigt hat. Mit neuen Polit-Partnern müsste man sich erst arrangieren. Diese jungen Wilden verlangten womöglich noch politische Veränderungen, sogar Reformen. Wo kommen wir denn da hin?

Überhaupt, in der heutigen Zeit sind Konstanz und Verlässlichkeit doch wichtig. Beide Parteien stehen für ein stabiles Europa, zur Not eben auch zu Lasten der einst so heiligen Finanzstabilität. Hauptsache, man ist sich mit Frankreich wieder grün. Man hat doch längst erkannt, dass in den Euro-Ländern eine reformintensive Wirtschafts- und Finanzpolitik politisch nicht durchzuführen ist. Wer will denn schon neue soziale Unruhen und Krisen riskieren, die sogar zu Euro-feindlichen Wahlergebnissen führen, z.B. nächstes Jahr in Italien. Und muss man in diesem Zusammenhang die übertrieben üppige Geldpolitik der EZB nicht eher als Euro-stützende Sozialpolitik verstehen? Ohnehin hängt doch das Konterfei von Mario Draghi längst als Heiligenbild in allen Wohnzimmern der Berliner Großkoalitionäre. Denn nur durch seine planwirtschaftliche Drückung von Schuldzinsen macht Deutschland keine neuen Schulden und erhält die deutsche Konjunktur einen zusätzlichen Antrieb. Auch in Berlin ist einem das eigene Hemd näher als der stabilitätspolitische Rock.


Warum sollte man diese Wohlfühlkoalition in den nächsten vier Jahren gefährden?

Überhaupt, warum sollte sich die Union eine große widerspenstige Opposition antun. Scheiden von der SPD tut weh! Dann macht man den potenziellen Feind doch lieber zum Verbündeten. Und die Sozialdemokraten selbst behalten doch auch unter der nächsten GroKo ihre Ministerposten. Die zweite Geige spielende SPD kann sich damit trösten, dass Frau Merkel vielleicht in vier Jahren nicht mehr antritt. Dann kann Herr Gabriel als ein weiter an Zustimmung gewinnender Außenminister sein Glück gegen eine Neue oder einen Neuen bei der Union versuchen.

Aufgrund dieser Polit-Logik hat man sich auch auf den deutschen Börsenparketten längst auf eine neue GroKo eingerichtet. Auch zukünftig erwartet man wirtschaftspolitisch nicht viel von ihr. Diese Erwartung wurde ja schon in der Vergangenheit immer zu fast 100 Prozent erfüllt. Dabei hätte die GroKo mit breiter Mehrheit alle Möglichkeiten, z.B. die Erhaltung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sichern. Für solche Mammutaufgaben sind GroKos übrigens auch gedacht.

Auf zur Großen Koalition 3.0 unter Frau Merkel. Aller guten Dinge sind drei. Aber offenbart jedes deutsche Sprichwort Weisheit?


US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-9
US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-10
US-Geldpolitik-Methadon-Programm-statt-kaltem-Entzug-Kommentar-Robert-Halver-GodmodeTrader.de-11

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen