Kommentar
09:30 Uhr, 13.11.2015

US-Exporte: ein Lichtblick?

Die US Wirtschaft brummt. Der letzte Arbeitsmarktbericht hat viele auf dem falschen Fuß erwischt. Die Daten waren unerwartet gut. Das ist grundsätzliche eine erfreuliche Nachricht. Doch es gibt auch Schattenseiten.

Je stärker sich die US Wirtschaft präsentiert, desto schneller wird die Geldpolitik einen anderen Weg einschlagen als im Rest der Welt. Die erste Zinsanhebung nach der Krise im Dezember ist so gut wie ausgemachte Sache. Andere Währungsräume schlagen einen vollkommen anderen Weg ein. Die EZB denkt sehr laut über eine Ausweitung der gelpolitischen Lockerung nach. Die japanische Notenbank hat ebenfalls ihren Finger am Abzug. China senkt fast monatlich die Zinsen und die Bank of England will auch ein Überschießen der Inflation in Kauf nehmen. Vor 2017 steht hier keine Zinserhöhung im Raum.

Die USA stehen mit ihrem eingeschlagenen Weg der Zinserhöhungen weltweit ziemlich alleine da. Für den Dollar bedeutet das Unterstützung. Seit dem Arbeitsmarkbericht hat der Dollar gegenüber dem Euro mehrere Prozent gewonnen. Gegenüber anderen Währungen sieht es nicht anders aus. Das freut sicherlich die EZB, Bank of Japan und Bank of England, doch für die USA ist die anhaltende Dollaraufwertung ein Problem.

Je stärker der Dollar wird, desto billiger werden Importe. Die USA haben bereits jetzt ein rekordverdächtiges Handelsbilanzdefizit von über 40 Mrd. pro Monat. Dieses Defizit lastet auf dem Wirtschaftswachstum. Die Nettoexporte (Exporte minus Importe) sind ein wichtiger Wachstumsbestandteil. Sind die Nettoexporte negativ, dann reduziert dies effektiv das Wachstum. Das Wachstum berechnet sich aus der Addition von Konsumausgaben, Investitionen und Staatsausgaben sowie Nettoexporten. Sind die Nettoexporte negativ, dann reduziert dies das Wachstum.

Die Entwicklung der Nettoexporte ist seit mehreren Quartalen ein Belastungsfaktor. Die Exporte von Gütern sind rückläufig, die Importe steigen. Es gibt allerdings auch einen Lichtblick. Es handelt sich dabei um den Export von Dienstleistungen. Diese steigen seit Jahren in hohem Tempo an. Auch der aufwertende Dollar hat daran in den vergangenen Monaten wenig geändert.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Dienstleistungsexporte seit 1999. Seit der Rezession 2009 sind diese um 50% auf über 60 Mrd. pro Monat gestiegen. Die Dienstleistungsimporte sind deutlich langsamer gewachsen. Diese stiegen seit 2009 um 30% an, doch das ist ein signifikant langsameres Wachstum als bei den Exporten.

Die Handelsbilanz des Dienstleistungssektors hilft das Handelsbilanzdefizit insgesamt im Zaum zu halten. Das ist eine gute Nachricht, doch unter Strich ist die Handelsbilanz noch immer tiefrot. Grafik 2 zeigt die Bilanz für Dienstleistungen und Güter, sowie die zusammengefasste Bilanz.

Die Güterimporte erreichen wieder die Rekordwerte aus den Jahren 2006 und 2007. Damals war vor allem der hohe Ölpreis ein bestimmender Faktor des Defizits. Heute ist Öl billig und die Ölproduktion der USA deutlich höher als damals. Durch beide Faktoren – Produktion und Preis – haben sich die Ölimporte in etwa halbiert. Das entspricht einer jährlichen Summe von über 150 Mrd. USD, die weniger an Öl importiert wird.

Normalisiert man die Importe, indem man den Effekt des Ölpreises herausrechnet, dann importieren die USA derzeit so viel wie selten zuvor. Wertet der Dollar weiter auf, dann erreichen die Güterimporte (ausgenommen Öl) bald neue Rekordwerte. Das wird das Wachstum bremsen.

Die US Notenbank hat diese Effekte im Blick, doch kann wenige dagegen unternehmen. Vor allem der Arbeitsmarkt ist nun so stark, dass eine weitere Verzögerung der Zinswende den Finanzmarkt entsetzen würde. Gleichzeitig senkt ein aufwertender Dollar die Importpreise und damit die Inflation. Die Notenbank hat ein Doppelmandat: Vollbeschäftigung und Preisstabilität. Preisstabilität definiert sie wie andere Notenbanken auch bei 2% Inflation. Dieses Ziel rückt in weite Ferne. Dennoch: werden die Zinsen nicht angehoben, dann ist der Schaden zumindest für den Finanzmarkt größer als anhaltend niedrige Inflation.

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3 Kommentare

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  • Ragazzo
    Ragazzo

    Der Dollaranstieg ist für die Emerging Markets zusammen mit der angekündigten Zinserhöhung bedrohlich. Die Kredite müssen schließlich in Dollar zurückgezahlt werden. China und der Nahe Osten haben bereits in großem Stil US - Staatsanleihen auf den Markt geworfen. Es fragt sich, wie lange noch der Dollar seine dominierende Rolle wahren kann.Die enorme Staatsverschuldung der USA verlieren die Gläubigerländer bestimmt nicht aus dem Blick.

    11:22 Uhr, 13.11. 2015
  • Eulen_spiegel
    Eulen_spiegel

    Die USA erzeugen das meiste ihrer Wirtschaftsleistung doch sowieso über Konsum.

    Z.b. einen Sportschuh für 5 Dollar in Vietnam fertigen lassen und über Werbekampagnen / Stars aufedeln und für 100 in den USA (und hier) verkaufen ergibt eine erhebliche Wirtschaftsleistung. Unter diesen Grundsätzen kann erhöhter Import ein Indikator für Wirtschaftswachstum sein.

    11:18 Uhr, 13.11. 2015
  • Ski-Ghost
    Ski-Ghost

    Hallo Herr Schmale,

    vielen Dank für Ihre interessanten und fundamental aufschlussreichen Beiträge.

    Könnten Sie vielleicht etwas zur Entwicklung des Kaffee-Preises sagen ? Ihr Meinung hierzu würde mich sehr interessieren.

    11:02 Uhr, 13.11. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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