Kommentar
12:13 Uhr, 03.12.2022

US-Arbeitsmarktbericht sorgt für Sturm im Wasserglas bei S&P500, Nasdaq und DAX, Euro und Gold

Nachdem die Märkte die Rede von Fed-Chef Powell euphorisch gefeiert hatten, hatten Investoren entspannt auf den US-Arbeitsmarktbericht gewartet. Obwohl er für die Bullen einige unschöne Überraschungen parat hatte, sollte der Kursrückgang an den Märkten nur von kurzer Dauer sein.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 4.071,70 Pkt (S&P) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Mit einem Kurseinbruch hatten S&P 500, Nasdaq Composite und DAX anfangs auf den US-Arbeitsmarktbericht reagiert. Allerdings war der DAX anschließend schnell wieder ins Plus gedreht, während die US-Indizes ihre Verluste kräftig abgebaut haben – völlig zu Recht, wie ich finde.

Demnach waren im November 263.000 Jobs geschaffen worden, das lag deutlich über den Schätzungen der Volkswirte von 200.000. Zwar stagnierte die Arbeitslosenquote bei 3,7 Prozent. Allerdings sind die durchschnittlichen Stundenlöhne um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat geklettert, und damit doppelt so stark wie erwartet (0,3 Prozent). Zudem haben die Löhne im Jahresvergleich um 5,1 Prozent zugelegt, was deutlich über den Schätzungen der Volkswirte von 4,6 Prozent lag.

Die Zahlen scheinen zu bestätigen, dass der Arbeitsmarkt weiter brummt, während die Löhne kräftig steigen und damit die Inflation anheizen. Genau das will die Fed eigentlich nicht sehen. Nach der Vorlage des Arbeitsmarktberichts sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen, ebenso wie die Terminal Rate, also der Höhepunkt bei den Leitzinsen im diesen Zyklus kurz nach oben geschossen. Im Gegenzug haben Investoren anfangs bei S&P500, Nasdaq und DAX zuerst den Verkaufen-Knopf gedrückt.

Kleiner Hinweis: am Dienstagabend, 29. November habe ich ab 18 Uhr in der Sendung „Euer Egmond“ präsentiert von BNP Paribas Zertifikate die Aussichten von Apple, Brenntag, Mercedes-Benz und etlichen anderen Aktien ebenso analysiert wie jene für S&P500, Nasdaq, und DAX, EUR/USD und Gold.

Einige Zahlen machen stutzig

Anschließend sind die Aktienmärkte, der Goldpreis und Euro aber schnell wieder nach oben gedreht. Grund sind einige andere Zahlen aus dem US-Arbeitsmarktbericht, die meiner Meinung nach zeigen, dass der Arbeitsmarkt bei Weitem nicht so stark ist wie er aussieht, und wie die Fed ständig behauptet.

Zwar sollen laut der Umfrage im Unternehmensbereich 263.000 Jobs geschaffen worden sein. Laut der Umfrage im Haushaltsbereich, also bei Arbeitnehmern und Arbeitslosen, ist im November die Zahl der Beschäftigten aber um 138.000 gesunken. Das ist eine Lücke von 401.000 Jobs! Laut der Haushaltsumfrage ist zudem die Zahl der Arbeitslosen um lediglich 48.000 gesunken.

Und wie reagieren die US-Zinsen für zehnjährige US-Anleihen darauf? Nach dem kurzen kräftigen Zinssprung nach oben, sind die Zinsen wieder nach unten gerauscht und notieren mit 3,50 Prozent nicht nur am Tagestief, sondern auch auf dem niedrigsten Niveau seit 19. September. Das spricht Bände, oder? Offenbar schätzt der US-Anleihenmarkt im Gegensatz zum Aktienmarkt den US-Arbeitsmarktbericht plötzlich gar nicht mehr als superstark ein.

In der Sendung am kommenden Dienstag, 6. Dezember werde ich den Arbeitsmarktbericht anhand etlicher weiterer Zahlen ausführlich analysieren und aufzeigen, dass der Arbeitsmarkt viel, viel schwächer ist als er aussieht.

Höhe der Terminal Rate ist ungewiss

Vor dem Hintergrund sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen ebenso weiter sinken wie die Terminal Rate. Denn Fed-Chef Jay Powell hat bei seiner Rede am vergangenen Mittwoch klar signalisiert, dass die Fed die Leitzinsen bei der nächsten Sitzung am 14. Dezember um „nur“ 50 Basispunkte auf 4,25 bis 4,5 Prozent anheben wird.

Und wie sehr die Fed die Zinsen bei den darauffolgenden Sitzungen am 1. Februar und 22. März 2023 anheben wird – und damit wie hoch die Terminal Rate schlussendlich sein wird -, hängt sicher nicht vom Arbeitsmarktbericht für November ab. Bei der Sitzung am 22. März dürfte die Fed vor allem auf den Bericht und die Inflationsdaten für Februar schauen. Bis dahin fließt noch eine Menge Wasser dem Potomac River in Washington, D.C., dem Sitz der Fed, runter.

Zumal nach einem weiteren Zinsanstieg im Dezember viele US-Konjunkturdaten in den nächsten Monaten, noch viel schlechter werden sollten als ohnehin schon, gerade vom Immobilienmarkt, während die Schwäche aus der Industrie zügig auf den Dienstleistungssektor überschwappen und damit Rezessionssorgen schüren sollte. Ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass die US- ebenso wie die Weltwirtschaft im nächsten Jahr zügig in eine Rezession abrutschen werden.

Wie geht es weiter?

Zwar hat der S&P500 zuletzt die 200-Tage-Linie nach oben durchbrochen und damit am übergeordneten Abwärtstrend seit Jahresanfang gekratzt. Daher könnte der Index erst einmal die Rally der vergangenen Wochen verdauen und anschließend weiter klettern, zumal wenn sich die Fed bei der Dezember-Sitzung taubenhaft geben sollte und damit die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen und die Terminal Rate weiter sinken sollten. In dem Umfeld dürfte auch der DAX weiter nach oben tendieren.

S&P 500 mit 200-Tage-Linie
Statischer Chart
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Sollten die US-Zinsen weiter sinken und gleichzeitig den Dollar mit nach unten ziehen, sollte der Goldpreis von zwei Seiten Rückenwind haben und den Erholungskurs fortsetzen.

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