Kommentar
15:28 Uhr, 07.06.2022

US-Arbeitsmarkt: Das für Aktien schlechteste Ergebnis

Im Mai wurden in den USA mehr Jobs geschaffen als erwartet. Das schürt Zinsängste. Gleichzeitig ist der Arbeitsmarkt aber auch schwächer als er erscheint.

Die Denkweise von Anlegern ist momentan sehr einfach. Ein Arbeitsmarkt, auf dem kaum neue Jobs entstehen, erfüllt das Ziel der Notenbank. Weniger neue Jobs bedeutet weniger hohe Nachfrage nach Arbeitnehmern und je geringer diese Nachfrage ist, desto mehr schwächen sich die Lohnsteigerungen ab. Am Ende bestimmen Beschäftigung und Lohnentwicklung den Konsum, der wiederum die Inflation bestimmt. Im Mai wurden 390.000 neue Stellen geschaffen. Das übertraf die Erwartung und ist im historischen Vergleich ein sehr guter Wert. Der Arbeitsmarkt brummt weiter. Damit ist nicht mit einer Verlangsamung bei den Zinserhöhungen auszugehen. Wenn der Bericht eine Signalwirkung hatte, dann für eine schnellere Zinswende. Entsprechend wurden Aktien am Freitag verkauft. Als wäre das nicht schon schlimm genug (Notenbank drückt weiter aufs Tempo), zeigt sich hinter den Kulissen ein Arbeitsmarkt, der deutlich an Dynamik verliert. Der offizielle Arbeitsmarktbericht ist für die Geldpolitik eigentlich ein schlechter Ratgeber. Er blickt in die Vergangenheit. Bei Veröffentlichung sind die Daten bereits mehrere Wochen alt. Zudem dreht der Arbeitsmarkt spät. Selbst nach Rezessionsbeginn steigt die Beschäftigung für mehrere Monate weiter an. Will man vorausschauende Geldpolitik machen, müssen andere Daten analysiert werden. Zu diesen Daten gehört etwa die Stimmung von kleinen Unternehmen. Der Optimismus ist derzeit eher als Pessimismus zu beschreiben...

Seit Monaten fällt der Optimismusindex (Grafik 1). Dabei sinkt erst der Optimismus, dann werden Stellenausschreibungen reduziert.


Im Mai haben kleinere Unternehmen bereits das zweite Mal in Folge Stellen abgebaut. Kleinunternehmen reagieren oft frühzeitig und vor dem Arbeitsmarkt insgesamt (Grafik 2). Das war nicht nur vor der Finanzkrise so, sondern sogar vor der Pandemie. Auch ohne Pandemie war die wirtschaftliche Dynamik fraglich.

Die Notenbank selbst weiß, dass sich die Dynamik nachlässt. Die Zahl offener Stellen ist immer noch hoch, doch sie ist rückläufig. Angekündigt wurde dies durch einen von der Fed selbst entwickelten Index (Grafik 3). Dieser Momentumindex zeigt nach unten. Auch wenn die Trefferquote nicht bei 100 % liegt, ist es ein Warnsignal.

Das verarbeitende Gewerbe, welches auf den ersten Blick boomt (der Einkaufsmanagerindex liegt bequem über der Expansionsschwelle von 50 Punkten), zeigt bei der Beschäftigung ebenfalls wenig Dynamik. Der jüngsten Erhebung nach liegt der Beschäftigungsindex unterhalb von 50 Punkten und zeigt damit eine Kontraktion an (Grafik 4).

Bei all diesen Daten ist besonders kritisch, dass Kleinunternehmen Stellen streichen. Dies hat sich in der Vergangenheit als zuverlässiger Vorlaufindikator erwiesen. Für Anleger ergibt sich damit das schlechteste aller Szenarien. Die Notenbank sieht einen starken Arbeitsmarkt und drückt bei Zinserhöhungen weiterhin aufs Tempo. In Wahrheit ist der Abschwung schon zu erkennen. Ein Einlenken der Notenbank dürfte erst erfolgen, wenn sie den Abschwung nicht mehr ignorieren kann bzw. herbeigeführt hat.
Um dennoch nicht zu viel Pessimismus zu verbreiten, zeigt ein Indikator eine überraschende Entwicklung. Die Suchanfragen nach „Einstellungsstopp“ stiegen bis Anfang Mai stark an, sinken seither aber wieder (Grafik 5). Suchanfragen sind häufig ein guter Echtzeitindikator für die Wirtschaft. An diesen Strohhalm kann man sich klammern, wenn man auf eine Fortsetzung des Aufschwungs wettet.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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