Kommentar
09:26 Uhr, 27.11.2015

US-Aktienmarkt: Einfach unverwüstlich!

Der Dollar steigt, die Umsätze und Gewinne der Unternehmen sinken, doch US Aktien halten sich nahe ihrer Allzeithochs. Das kann doch nicht gut gehen!

Kann eine so brenzlige Mischung aus sinkenden Umsätzen und Gewinnen und steigenden Aktien auf Dauer gut gehen? – Sie kann! So unwahrscheinlich es ist, US Aktien können sich weiter auf hohem Niveau halten, selbst wenn der aufwertende Dollar Umsätze und Gewinne sinken lässt.

2015 dürften auf das Gesamtjahr gerechnet die Umsätze und Gewinne erstmals seit 2009 rückläufig sein. Grafik 1 zeigt die Entwicklung seit der Großen Rezession. Nach dem „Zurückschnappen“ nach der Rezession pendelten sich Umsatz- und Gewinnwachstum auf niedrigem Niveau ein. 2015 wird von Analysten als Übergangsjahr gesehen. Bereits 2016 soll die Welt wieder in Ordnung sein.

Persönlich halte ich die Analystenschätzungen für 2016 für zu optimistisch. Sie sehen ein Umsatzwachstum von knapp 5% und ein Gewinnwachstum von gut 8%. Das kann nur funktionieren, wenn zwei Dinge geschehen. Erstens, der Dollar darf nicht weiter aufwerten und zweitens müssen die Rohstoffpreise wieder steigen.

Unternehmen mit US Fokus (Anteil des Auslandsumsatzes unter 50%) können auch 2015 wachsen. Während der Umsatz um knapp 5% steigen wird dürfte der Gewinn um 10% anziehen. Das lässt allerdings Rohstoffunternehmen unberücksichtigt. Schließt man diese mit ein, dann wächst der Gewinn um weniger als 5% und der Umsatz um ein Prozent.

Der Gesamtmarkt, inkl. Rohstoffunternehmen, wird 2015 aller Voraussicht nach einen Gewinnrückgang von 2,2% ausweisen. Ohne Rohstoffunternehmen läge das Wachstum bei 4,5%. Aus diesen Zahlen lässt sich nun folgendes ableiten: Die Dollaraufwertung hat das Gewinnwachstum (exkl. Rohstoffe) halbiert. Fallen Rohstoffpreise im kommenden Jahr nicht weiter, dann sollte nach einem Gewinnrückgang in diesem Jahr ein Gewinnwachstum zwischen 3 und 6% im kommenden Jahr möglich sein.

Fallen die Rohstoffpreise weiter, dann wird es auch 2016 kein Wachstum geben. Aktien würden dann nach derzeitigem Stand das zweite Jahr in Folge nahe ihrer Allzeithochs notieren, obwohl es kein Wachstum gibt. Historisch gesehen passt das gar nicht zusammen. In der Vergangenheit hat oft schon die Andeutung eines Gewinnrückgangs für einen Bärenmarkt gesorgt. Nicht so diesmal. Das kann in einer bösen Überraschung enden, wenn Anleger erkennen, dass das geringe Wachstum nicht ausschließlich auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen ist.
Derzeit will niemand seine Aktien verkaufen, da von einer Trendwende im kommenden Jahr ausgegangen wird. Viele sind der Meinung, dass die Stagnation bzw. der Gewinnrückgang nur temporärer Natur ist. Wenn Anleger mit ihrer Einschätzung falsch liegen, dann wird die Korrektur dafür umso heftiger.

Es ist derzeit überhaupt nicht abzuschätzen wie es 2016 weitergeht. Der Dollar belastet Gewinn- und Umsatzwachstum. Grafik 2 zeigt die rollierende 12 Monatsperformance des S&P 500 und des Dollarindex. Im Vergleich zu November 2014 hat der S&P 500 keine Performance vorzuweisen. Der Dollarindex ist hingegen um über 10% gestiegen.

Ein starker Dollar bedeutet nicht automatisch fallende Aktien. Das absolute Niveau des Dollarindex ist unerheblich. Was zählt, das ist die Veränderungsrate auf Jahressicht. Seit 1997 laufen Dollarperformance und Aktien parallel (Dollarperformance ist in Grafik 2 invertiert dargestellt). Seit 2013 gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Der Dollar gewinnt und Aktien zeigen nach wie vor eine positive Performance.

Eine mehrjährige Divergenz wie wir sie derzeit erleben gab es schon lange nicht mehr. Das Ausmaß der Dollaraufwertung ist zudem so groß, dass es in der Vergangenheit unter diesen Umständen für Aktien sehr, sehr schwer war weiter zu steigen. Grafik 3 zeigt die Dollaraufwertung auf Jahressicht und die dazugehörige Performance des S&P 500.
Eine Aufwertung des Dollars um mehr als 5% innerhalb eines Jahres führt im Durchschnitt zu einer Jahresperformance von Aktien von 3%. Wertete der Dollar weniger als 5% auf oder wertete ab, dann lag die durchschnittliche Performance des S&P 500 bei 11%.

Unterm Strich sind US Aktien in diesem Jahr nicht vom Fleck gekommen. Das passt gut zur Historie. Es ist schwer vorstellbar, dass es 2016 anders wird. Weiter steigende Kurse kann es nur geben, wenn Energiepreise steigen und der Dollar seine Aufwertung deutlich verlangsamt. Beides ist äußerst ungewiss. Anleger gehen derzeit jedoch genau auf diese Konstellation eine große Wette ein.

Persönlich gehe ich davon aus, dass einzelne Sektoren weiter outperformen können. Dazu gehören US Unternehmen, die mehr als 50% ihres Umsatzes im Inland erwirtschaften. Ebenso dürften Bankaktien interessant werden. Steigende Zinsen bedeuten mittelfristig höhere Margen und mehr Gewinn. Den Gesamtmarkt sehe ich weiterhin kritisch. Weil Anleger darauf setzen, dass die Belastungsfaktoren in diesem Jahr nur vorrübergehend waren, sind Aktien unvermindert hoch bewertet. Das Chance-Risiko-Verhältnis des Gesamtmarktes ist nicht gut.

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18 Kommentare

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  • amateur
    amateur

    Na wenigstens "streiten" wir heute über was (deutsches) Sinnvolles und nicht immer über Hooses Weltuntergänge.

    16:53 Uhr, 27.11. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Marco Soda
    Marco Soda

    man Jungs habe ich Glück deutsch imma klatt 5 ;-))) wer nun recht hats , mirs ejal , abba volle Pulle Lustig im Chart Blog übba Deutsch so streiten icke finde ditte echt ATTG, für die Profs hier " Affentittenturbogeil "

    15:53 Uhr, 27.11. 2015
  • Erasmus v. Baden
    Erasmus v. Baden

    ...schade, dass dieser Blog immer wieder von den "Oberlehrern deutscher Nation" als Darstellungsplattform genutzt wird...uupps hoffentlich ist das jetzt richtig geschrieben :-(

    14:55 Uhr, 27.11. 2015
  • 1versuch
    1versuch

    Zum Inhalt des Artikels:

    Ich sehe es auch so, dass es immer weniger fundamentale Gründe für weiter steigende Kurse gibt.

    Die Gewinne der Unternehmen sind - historisch betrachtet - auch schon auf einem recht hohen Niveau angekommen, das sich möglicherweile kurzfristig noch etwas weiter steigern lässt, langfristig entziehen aber gerade diese hohen Unternehmensgewinne dem (Massen)markt die Kaufkraft.

    Zur Genetiv/Dativ-Diskussion:

    Kann ja sein, dass man sich über Belehrungen ärgert.

    Geht mir auch oft so.

    Allerdings bringt es wenig, einfach das Gegenteil zu behaupten, wenn es nicht stimmt.

    Es ist tatsächlich so, dass hier der Dativ korrekt ist, es also "nahe ihren Allzeithochs" heißen muss.

    Deutlicher wird es, wenn man sich das hier weggelassene 'bei' hinzudenkt:

    "Nahe bei ihren Allzeithochs" wird kaum jemand anzweifeln.

    Etwas anderes wäre "in der Nähe ihrer Allzeithochs".

    In diesem Fall ist der Genitiv korrekt.

    So genug klug geschissen.

    13:25 Uhr, 27.11. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • shark
    shark

    Die Entwicklung der Zinsen,der Liquidität ,QE etc ,erwähnen sie leider nicht,sind jedoch von Relevanz.

    Ebenso die Mentalität der Amis ,die man jedoch nicht aus dem Lehrbuch verstehen kann .

    Was meinen sie mit grosser Rezession,die von 1929 oder welche ?

    Ansonsten vieles richtig in ihrem Beitrag . .

    11:08 Uhr, 27.11. 2015
  • GeBa96
    GeBa96

    Habe gelesen das schon wieder gewarnt wird, die Indizes sind schon wieder fast da wo sie mal waren. Schon richtig wenn sie fragen ob das gutgehen kann. Bis es soweit ist muß ich mir überlegen wie ich meine Aktien wieder loswerde. Es kann ja vielleicht noch 1 bis 3 Monate gutgehen.

    10:50 Uhr, 27.11. 2015
  • 0815
    0815

    Es sind ja gerade die vielen Fundis, die auf einen Crash setzen und damit letztlich die Hausse nähren.

    10:30 Uhr, 27.11. 2015
  • Ragazzo
    Ragazzo

    Ich vermisse in der Analyse die Erwähnung der Aktienrückkaufprogramme der US - amerikanischen Großbetriebe.

    10:26 Uhr, 27.11. 2015
  • Marco Soda
    Marco Soda

    der dativ ist dem genitiv sein Tod

    10:16 Uhr, 27.11. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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