Kommentar
17:15 Uhr, 18.12.2020

US-Aktienmarkt auf den Spuren Japans

Der Vergleich zum japanischen Aktienmarkt ist eigentlich das Schlimmste was einem passieren kann. Geht es um den US-Markt, muss man den Vergleich fast anstellen.

Zuletzt verlor der Vergleich zum japanischen Aktienmarkt an Schrecken. Mit über 26.000 Punkten steht der Nikkei immerhin wieder dort, wo er Anfang der 90er Jahre stand. Seit 2012 hat sich der Index fast verdreifacht. Bis zum Allzeithoch bei 40.000 Punkten ist es aber noch ein Stück Arbeit. Das Schreckensszenario gilt also immer noch: keine neuen Hochs mehr – für Jahrzehnte. Die Misere kam nicht aus dem Nichts. Gleich mehrere ungünstige Trends führten zu großem Anpassungsbedarf. Alles begann mit einer zu lockeren Geldpolitik. Die japanische Notenbank hob die Zinsen trotz boomender Wirtschaft nicht an. Das Kredit- und Geldmengenwachstum war entsprechend hoch. Zinsen von weniger als 3 % erschienen geschenkt. Man kam ja aus einer Hochzinsphase nach der Inflation der 70er Jahre. Zinsen von 8 % waren noch gut in Erinnerung. Die lockere Geldpolitik unterstützte einen Spekulationsboom. Der Boom begann auf dem Immobiliensektor. Innerhalb von wenigen Jahren verfünffachte sich der Preis von Land in städtischen Regionen. Da viele Unternehmen auch viel Land besaßen, stieg auch der Aktienmarkt. Unternehmen konnten Quartal um Quartal höhere Vermögenswerte ausweisen, weil die Landpreise stiegen.

Die Notenbank sah derweil tatenlos zu. Erst als die Inflationsrate wieder Richtung 5 % marschierte, wurde gehandelt. Die Zinsen stiegen auf 6 %. Damit platzte die Blase. Sie platze allerdings über einen Zeitraum von 10 Jahren. Immobilienpreise fielen nicht von heute auf morgen auf das Niveau Anfang der 80er Jahre zurück, sondern über einen Zeitraum von 10 Jahren. Entsprechend lastete der Verlust auf den Vermögenswerten der Unternehmen auch 10 Jahre lang.

Das Platzen der Blase war nicht das einzige Problem. Die Krise hätte sehr viel schneller überwunden werden können, wenn es nicht noch andere Faktoren gegeben hätte. Mit dem Beginn der 90er Jahre wurde die Demographie immer mehr zur Belastung. Der Anteil an Kindern wurde immer kleiner (Grafik 1) und der Anteil der Rentner immer größer (Grafik 2).

Eine Rezession folgte der nächsten. Ein Grund war die beständige Aufwertung des Yen. Das hohe Wachstum, der Exportboom und höherer Konsum dank Bevölkerungswachstums waren vorüber. Zu Beginn der Krise lagen die Staatsschulden bei 75 % der Wirtschaftsleistung.

Konjunkturprogramme wurden wegen der Misere zum Instrument im Dauereinsatz. Bis zum Jahr 2000 verdoppelten sich die Schulden. Im nächsten Jahrzehnt legten sie noch einmal ein Drittel zu. Heute liegt die Verschuldung bei mehr als 250 %.

In den USA baut sich ein ähnliches Setup auf. Die Demographie ist heute in etwa dort, wo sie in Japan im Jahr 1990 war. Die Geldpolitik ist locker, das Kreditwachstum enorm. Der Staat kann seine Schulden nicht mehr abbauen. Die Gründe für die permanenten Unterstützungsmaßnahmen sind heute andere als in Japan vor 30 Jahren, die Folgen sind jedoch die gleichen. Selbst der Aktienmarkt verhält sich ähnlich (Grafik 3).


Ob der US-Aktienmarkt ein ähnliches Schicksal wie der japanische erleidet oder wann der Trend beginnt, weiß niemand. Es ist gewiss kein kurzfristiges Thema, über das man sich sofort Gedanken machen muss. Die Voraussetzungen, dass es früher oder später so kommt, sind leider gut.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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