Kommentar
11:54 Uhr, 17.09.2007

Unruhe auf den Rohstoffmärkten nur von kurzer Dauer

Ausgelöst durch Unsicherheiten am Markt für zweitklassige US-Hypothekenkredite wurden die Finanzmärkte in jüngster Zeit von einem globalen Rückgang der Liquidität erschüttert. Auch Minenwerte waren davon auf breiter Front betroffen, ohne dass Fundamentaldaten dabei eine Rolle spielten. Denn tatsächlich ist die Nachfrage nach Massenrohstoffen wie Eisenerz und thermischer Kohle, die von Marktvolatilitäten nicht betroffen waren und allgemein als guter Indikator für die wirkliche Nachfrage gelten, größer als erwartet. Viele Analysten haben ihre Preisziele für 2007 und 2008 angehoben. Auch die baltische Frachtrate, die allgemein als indirektes Indiz für die Stärke der tatsächlichen Rohstoffnachfrage betrachtet wird, zog in den letzten Wochen stark an.

Zusätzlich beruhigten sich die Währungen Rohstoff produzierender Länder, sodass der Druck auf die Betriebskosten der Minenunternehmen abnahm. Nach Angaben von GFMS, dem führenden Beratungsunternehmen der Goldbranche, zog die gesamte Goldnachfrage im letzten Quartal um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal an. Allein die Nachfrage der indischen Schmuckindustrie erhöhte sich im zweiten Quartal 2006 um 89 Prozent und repräsentiert nun 50 Prozent der weltweiten Minenproduktion. Auch die Nachfrage aus China stieg zuletzt um 32 Prozent, während das Angebot seitens der Goldminen sich im letzten Quartal um sieben Prozent reduzierte. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die jüngsten Marktbewegungen nur von kurzer Dauer sind, und dass die langfristigen Fundamentaldaten für den Minen- und Goldsektor intakt bleiben werden. Die meisten diversifizierten Minenwerte weisen inzwischen einstellige Kurs/Gewinn-Verhältnisse (KGVs) auf, die so niedrig sind wie seit Jahren nicht mehr. Damit bieten sie eine extrem hohe Werthaltigkeit, zumal die Firmenleitungen überschüssiges Kapital in Rekordumfang an die Aktionäre ausschütten. Viele Minenfirmen nutzen ihre starken Bilanzen und hohen Cash-flows, um höhere Dividenden zu bezahlen oder Aktienrückkäufe vorzunehmen. Die aggressiven Rückkäufe eigener Titel von großen Minenunternehmen wie BHP Billiton und Xstrata sind ein Beleg dafür, wie zuversichtlich diese Unternehmen ihre eigenen Aussichten heute bewerten. Ungeachtet der jüngsten Marktturbulenzen haben auch die starken Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen dem Rohstoffsektor in diesem Jahr zusätzlichen Auftrieb verliehen. So bietet beispielsweise Rio Tinto für Alcan über 38 Milliarden US-Dollar - in bar. In der Minenbranche wird viel Bargeld generiert, sodass Übernahmen auch unter verschärften Kreditbedingungen noch durchführbar sind. Da viele Firmen schnell und kosteneffizient wachsen wollen, dürften Übernahmen auch in Zukunft die Aktienkurse treiben, eine Beschleunigung der Branchenkonsolidierung und möglicherweise sogar eine Neubewertung des gesamten Minensektors nach sich ziehen.

Natürlich ist der Rohstoffsektor nicht ohne Risiken. Ein scharfer Rückgang der globalen wirtschaftlichen Aktivität könnte die Nachfrage bremsen. Auch ein weiterer Abzug von Investorengeldern aus dem Rohstoffsektor infolge von Schocks an den Finanzmärkten ist nicht völlig auszuschließen. Zudem sind Minenwerte ihrem Wesen nach volatil. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu periodischen Korrekturen, vor allem im Frühjahr und Herbst, wenn sich die Anleger von zyklischen Werten abwenden. Die Rohstoffpreise sollten aber mittelfristig weiterhin über ihren historischen Durchschnittswerten bleiben, weil das Nachfragewachstum künftig die eingeschränkte Angebotsausweitung übertreffen wird. Diesen Faktor hat der Markt noch nicht voll anerkannt, sodass im Rohstoffsektor noch viel Potenzial besteht.

Quelle: BlackRock Merrill Lynch

BlackRock Merrill Lynch Investment Managers ist eine der größten börsennotierten Investment-Management-Firmen weltweit. Per Ende Juni 2006 beliefen sich die verwaltete Kundengelder von BlackRock und MLIM insgesamt auf 1,046 Billionen US-Dollar. Das Unternehmen verwaltet Vermögenswerte für institutionelle und private Investoren weltweit mit einer breiten Palette von Anlageprodukten aus den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Geldmarkt- und alternativen Investments.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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