Kommentar
16:30 Uhr, 21.03.2016

Ungleiche Verteilung von Vermögen: Ein Mythos?

Es heißt, dass das Vermögen in kaum einem Land so ungleich verteilt ist wie den USA. Die obersten 1% der Gesellschaft halten 42% des Vermögens. Das sagt alles und sorgt für viel Kritik. Nun stellt sich heraus: Es ist gar nicht so.

Einer neuen Studie des Brookings Instituts zufolge sind Vermögen und Einkommen in den USA weitaus weniger ungleich verteilt, als man bisher angenommen hatte. Das ist für all jene, die von 20.000 Dollar pro Jahr und Familie leben müssen (gilt als Armutsgrenze für einen 3-Personen Haushalt) nur ein geringer Trost. Auch ein Blick auf das Durchschnittseinkommen hilft da nicht.

Grafik 1 zeigt das Durchschnittseinkommen der obersten 1 % und obersten 0,1 % seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Die obersten 1 % konnten ihr Durchschnittseinkommen in den vergangen 100 Jahren real auf 1 Mio. pro Jahr verdreifachen. Die obersten 0,1 % können sich über einen ähnlichen Zuwachs auf gut 4 Mio. freuen.

Nach den großen Krisen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts (Erster Weltkrieg, Große Depression, Zweiter Weltkrieg), durch die das Einkommen vermindert wurde, blieb es bis in die 70er Jahre relativ stabil. Seit Anfang der 80er Jahre steigt es rapide an. Zwischen 1980 und 2014 vervierfachte sich das Einkommen. Der gesamte Zuwachs seit 1920 fand in den vergangenen 35 Jahren statt.
Diese Entwicklung verwundert nicht, wenn man bedenkt, woher das Einkommen kommt. Grafik 2 zeigt die Einkunftsquellen und wie viel des Gesamteinkommens aus ihnen erwirtschaftet wird. Auf den ersten Blick fällt auf, dass Zinsen und Mieten (Renten aus Immobilien, Verpachtungen etc.) kaum zum Einkommen beitragen. Das war nicht immer so. In der Hochzinsphase der 70er Jahre kamen einmal 12 % des Einkommens aus Zinsen. Davon ist nicht mehr viel geblieben. Lediglich 3 % kommen noch aus Zinserträgen.

Es heißt immer wieder, dass die ultralockere Geldpolitik die Wohlhabenden begünstigt. Das kann man vielleicht nicht ohne weiteres und ohne nähere Analyse unterschreiben, doch man kann ganz klar sagen: die niedrigen Zinsen haben die Einkommen kaum vermindert. Sie tragen schon seit vielen Jahren kaum noch zu den Einkünften bei.

Dividenden sind ein wichtiger Bestandteil des Einkommens (7 %). Sie waren auch schon einmal wichtiger, doch im Vergleich zu den letzten 25 Jahren sind sie wichtiger denn je. Die derzeitige Unternehmenspolitik, möglichst viel in Dividenden und Aktienrückkäufe zu stecken, lässt die Schere zwischen Arm und Reich effektiv auseinandergehen.

Wichtiger als die bisher genannten Quellen sind Unternehmensbeteiligungen bzw. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Dazu zählen Einkommen und Vermögen, wie sie etwa Bill Gates vorweisen kann. Er hat ein Unternehmen gegründet und ist nach wie vor großer Anteilseigner. Wichtiger als börsennotierte Unternehmen sind private Unternehmen, wo ein Großteil der Gewinne direkt an die wenigen Eigner fließen.

Eines der größten privaten Unternehmen (Koch Industries, unter anderem Öl- und Gasgeschäft) der USA erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von 115 Mrd. Da das Unternehmen privat ist, weiß keiner, wie hoch der Jahresgewinn ist. Die beiden Koch Brüder sind jedoch an die 80 Mrd. Dollar schwer. Dieses Vermögen kommt aus den Unternehmenswerten und den Gewinnen des Unternehmens.

Mit 55 % kommt der Großteil des Einkommens noch immer aus Löhnen, inkl. variabler Vergütungen. Das trifft vor allem auf Manager zu. Ihre Möglichkeiten über die eigene Entlohnung mitzubestimmen, ist äußerst problematisch. Da sie auch durch Aktienpakete kompensiert werden, haben sie ein großes Interesse an steigenden Aktienkursen. Um das zu bewerkstelligen werden Aktienrückkäufe getätigt. Die Kapitalbeteiligung der Manager an den Unternehmen, die sie führen, wird durch die Kursgewinne durch Aktienrückkäufe immer mehr wert. Gleichzeitig schlagen sie Dividenden vor, die ebenfalls wieder zu ihrem Einkommen beitragen.
Manager haben Einfluss auf die 3 größten Einkunftsquellen, aus denen die hohen Einkommen stammen. Diese 3 Quellen machen über 90 % der Gesamteinkünfte aus. Das ist zwar alles legal, doch wie sinnvoll das ist, muss man hinterfragen.

Immer mehr Menschen orten eine Selbstbedienungsmentalität unter Managern. Es ist da bestimmt kein Zufall, dass derzeit Bernie Sanders im US-Vorwahlkampf überraschend gut abschneidet. Er nennt sich selbst demokratischen Sozialist. Sozialist ist eigentlich ein Reizwort für US-Amerikaner. Heutzutage kann man damit Wahlen gewinnen. So ändern sich die Zeiten, wenn die Vermögensverteilung zu einseitig ist.

Die Ungleichverteilung ist – trotz allem – weniger ausgeprägt als viele meinen. Grafik 3 zeigt wie viel die obersten 0,1 % und 1 % des Nationaleinkommens für sich beanspruchen können. Die obersten 1 % kommen auf einen Anteil von 22 % der Gesamteinkünfte. Das ist schon happig. Die vom Brookings Institut neu erstellte Studie zieht diesen Wert in Zweifel. Mit einer neuen Berechnungsmethode kommen die obersten 1 % „nur“ auf einen Anteil von 18 %.

18 % Anteil am Gesamtnationaleinkommen ist immer noch sehr viel. Es ist auch nicht nur das Einkommen, welches vielen ein Dorn im Auge ist, sondern auch das vorhandene Vermögen. Alten Schätzungen zufolge besitzen die obersten 1 % ganze 42 % des Vermögens. Der neuen Schätzung nach sind es 33 %. Das ist ein signifikanter Unterschied, den man nicht einfach wegwischen kann.

Die Reichen sind also vermutlich etwas weniger reich als bisher angenommen. Das beruhigt jedoch kaum. Die Verteilung von Einkommen und Vermögen sind zu ungleich. 14 % aller US-Amerikaner leben an oder unter der Armutsgrenze. Das sind 45 Mio. Menschen. Ein Land, in dem so viele Menschen arm sind, sollte darüber nachdenken, ob es wirklich das „großartigste Land“ (greatest country) der Welt ist.

Die Einkommensungleicheit ist kein Mythos. Um das festzustellen braucht man keine aufwendigen Rechnungen. Die neuen Zahlen geben immerhin Grund zur Hoffnung. Ist die Ungleichverteilung einmal zu groß geworden, dann kann das eine schwere wirtschaftliche Krise auslösen. Soweit kommt es in den kommenden Jahren wohl nicht, zumindest nicht wegen der Schere zwischen Arm und Reich.

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5 Kommentare

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  • Unbedingt
    Unbedingt

    Wichtiger als die nackte Statistik wäre die Frage, wann ein hohes Vermögen oder Einkommen eher eine zusätzliche Belastung darstellt als einen Zuwachs an Lebensqualität. Aus meiner Sicht ist es doch völlig irrelevant, ob jemand 20 Mill besitzt oder 200 Mill. Man kann alles kaufen, was käuflich ist. Und was nicht käuflich zu erwerben ist, kann man nicht erwerben. Der Herr Trump wird jetzt beweisen, dass man nicht einmal zuverlässig Präsident der USA werden kann, wenn man Milliarden dafür ausgeben könnte.

    09:20 Uhr, 22.03.2016
  • MonsterLutz
    MonsterLutz

    Ich glaube keinen Statistiken, die ich nicht selber gefälscht habe. Was der Beitrag jetzt bringen soll bleibt weiter offen. So viel Zeit möchte ich mal übrig haben.

    18:38 Uhr, 21.03.2016
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    wenn die 42% ein Märchen sind, warum sollen die 14% dann der Wahrheit entsprechen.

    Armut wird ja auch ständig neu definiert. Von Leuten, die gezielt Teile der Bevölkerung gegeneinander ausspielen

    Meine Großeltern waren Kriegsflüchtlinge aus Pommern und Schlesien, die hatten eine komplett andere Meinung zu Armut als die Armen in den heutigen westlichen Industriestaaten.

    Man könnte auch mal Kinder in Bangladesch oder Indien, Wanderarbeiter aus China oder Leute aus Äthiopien, Mosambik oder Sierra Leone zu amerikanischen Armutsverhältnissen befragen.

    18:20 Uhr, 21.03.2016
  • Chamäleon
    Chamäleon

    Ähm, und wem hilft das jetzt?

    Ein m.e. wirklich unsinniger Beitrag.

    Wem`s gefällt.:-)

    17:16 Uhr, 21.03.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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