Kommentar
09:03 Uhr, 30.03.2007

Ungarn – Leichte Entspannung

Wirtschaft und Finanzmärkte zeigen sich robust gegenüber dem spezifischen finanzpolitischen Risiko und dem getrübten internationalen Umfeld. Ausschlaggebend hierfür dürfte die Entschärfung der Risiken im Budget und der Leistungsbilanz durch die Straffung der Finanzpoilitk sein. Der feste Forint strafft die monetären Bedingungen zusätzlich. Allerdings birgt die Umsetzung der finanzpolitischen Maßnahmen zur Verringerung des Haushaltsdefizits inbesondere im Hinblick auf weitere strukturelle Maßnahmen weiterhin Risiken. Die erwartete Senkung der Zinsen um bis zu 75 Basispunkten im Verlauf der zweiten Jahreshälfte basiert daher auf dem wünschenswerten Szenario, dass die Regierung trotz wachsendem Widerstand in der Wählerschaft am Konsolidierungskurs in der Finanzpolitik festhält. Mittelfristig besteht die Herausforderung für die Regierung vor allem in Reformen in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung und öffentliche Verwaltung.

Die Finanzpolitik bleibt darüber hinaus ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung des Leistungsbilanzdefizits. Unter der Annahme, dass die finanzpolitische Straffung die Inlandsnachfrage 2007 spürbar dämpft, verringert sich das Defizit in der Leistungsbilanz auf rund 5% des BIP. Eine Lockerung der Budgetpolitik kann jedoch bereits im kommenden Jahr zu einer erneuten Ausweitung des Defizits führen. Allerdings verringerte sich der Zufluss an ausländischen Direktinvestitionen im letzten Jahr deutlich weniger als erwartet. Dies erleichtert einerseits die Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits und verzögert andererseits den Druck auf die Regierung, die Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen zu verbessern. Die hohen Kapitalzuflüsse sind zudem ein Signal dafür, dass Ungarn ungeachtet aller finanzpolitischen Spannungen weiterhin ein präferierter Standort für ausländische Unternehmen in der Region ist. Dies dämpft das Risikopotenzial des Doppelsdefizits und sollte dazu führen, dass nach wie vor mögliche Korrekturen an den Finanzmärkten tendenziell geringer ausfallen. Strukturell wird die ungarische Wirtschaft gleichzeitig durch eine stärkere Diversifizierung der Exportstruktur in Richtung Osten stabilisiert. Dies ermöglicht eine stärkere Verflechtung mit den rohstoffgetriebenen, schnellwachsenden Volkswirtschaften.

Die stabile Basis der ungarischen Wirtschaft und der feste Forint dürften der Notenbank in der zweiten Jahreshälfte eine Lockerung der Geldpolitik ermöglichen. Die Belastung für die Währung sollte gering bleiben, da zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich Entlastung von seiten der Fed kommt. Darüber hinaus dürfte spätestens im kommenden Jahr die Zuversicht hinsichtlich der Perspektive der ungarischen Wirtschaft wieder wachsen, wenn sich das Expansionstempo dem Potenzialwachstum von rund 3,5% nähert. Eine schnellere Zinssenkung im Zuge einer weiteren Aufwertung des Forint kann der Konjunktur zustzliche Impulse verleihen. Alles in allem stellt sich das Bild Ungarns nach der Umsetzung der finanzpolitischen Straffungsmaßnahmen nicht mehr ganz so risikoreich dar, wie noch im letzten Jahr. Eine Fortsetzung dieses Kurses dürfte auch den Aktienmarkt wieder attraktiver machen.

Quelle: cominvest

Die cominvest Asset Management GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde im Jahr 2002 durch Zusammenlegung der inländischen Asset Management-Aktivitäten der Commerzbank AG gegründet und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank. Aktuell verwaltet sie 55 Milliarden Euro, wovon 44% auf Privatkunden und 56% auf institutionelle Investoren entfallen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Aktien- und Rentenfonds.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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