Kommentar
23:00 Uhr, 15.02.2009

Ungarischer Forint auf Rekordtief zum Euro - Osteuropa-Währungen im Fokus (Teil 3)

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Der ungarische Forint (HUF) ist am 04. Februar 2009 auf ein neues Allzeittief zum Euro abgerutscht. EUR/HUF überwand die psychologisch wichtige 300er-Marke und notierte im Hoch bei 304,74. Allein im laufenden Jahr hat das Währungspaar damit Kursgewinne von knapp 14% zu verzeichnen, seit Oktober 2008 sind es bereits 24%. Momentan läuft der Kampf um die runde 300er-Marke, bei deren Überwinden der nächste Aufwärtsschub zu erwarten ist.

Für die kräftigen Kursverluste des Forint, die auch im Vergleich zu den anderen osteuropäischen Währungen sehr hoch ausfallen, sind die Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise verantwortlich, die die ungarische Ökonomie mit besonderer Härte treffen. War der Forint als Hochzinswährung unter internationalen Investoren mit Risikoneigung lange sehr beliebt, stoßen diese nun ungarische Anleihen massenhaft ab, nachdem Sorgen um das Banken- und Finanzsystem des Landes aufgekommen ist. Ungarischen Aktien ergeht es kaum besser, so dass die Landeswährung Forint im Zuge massiver Kapitalabflüsse immer tiefer absackt.

Auch die Lage der ungarischen Volkswirtschaft hat sich bedrohlich zugespitzt. Die europäische Entwicklungsbank (EBRD) prognostiziert für Ungarn mittlerweile einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Jahr von 2,0%. Noch im November hatte die EBRD mit einem leichten BIP-Plus von 0,2% kalkuliert. Aber selbst diese klar gesenkte Schätzung könnte sich noch als zu optimistisch erweisen, wie die jüngst veröffentlichten ungarischen Wachstumszahlen für das vierte Quartal 2008 demonstrieren: Bereits in diesem Zeitraum ist das ungarische BIP um 2,0% im Jahresvergleich gefallen, wobei im Konsens nur ein Minus von 1,5% erwartet worden war. Im dritten Quartal gab es noch ein moderates Plus von 0,8% zu vermelden.

Da die ungarische Ökonomie bereits sehr eng mit der Wirtschaft der Eurozone verknüpft ist, in die der Löwenanteil ihrer Exporte geht, leidet sie überproportional unter der sich dort ausbreitenden Rezession. Die ungarische Handelsbilanz verzeichnete im Dezember ein Defizit von 76,3 Millionen EUR, nachdem im November noch ein Überschuss von 109,3 Millionen EUR ausgewiesen worden war. Auf die fallenden Ausfuhren nach Westeuropa reagieren ungarische Unternehmen verstärkt mit Entlassungen und Produktionskürzungen. In der Konsequenz befindet sich die ungarische Industrieproduktion massiv im Abwind und wurde im Dezember mit -23,3% nach zuvor -9,9% vermeldet (Konsens -14,3%). Die Arbeitslosenquote legte hingegen zu und stieg im Dezember auf 8,0% nach 7,8% im Vormonat.

Konjunkturprogramme zur Ankurbelung der lahmenden heimischen Wirtschaft kann sich Ungarn wegen des hohen Haushaltsdefizits nicht leisten, umgekehrt ist man sogar auf Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Stabilisierung des heimischen Finanzsystems angewiesen. Die zwischenzeitlich aufgekommene Sorge, dass Ungarn die Bedingungen des IWF für die eingeräumte Kreditlinie nicht erfüllen könne, hatte zu einer neuen Abwertungswelle des Forint geführt. IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn lobte zuletzt jedoch die Fortschritte, die Ungarn in der Bewältigung der Finanzkrise gemacht hat, und betonte, das Land sei auf dem besten Wege, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Richtig überzeugend wirkten diese Aussagen aber nicht, denn die meisten Marktbeobachter wissen, dass bei der bereits absehbaren weiteren Konjunktureintrübung schnell das nächste Milliardenpaket fällig wird, bei dem ein Volumen von 20 Milliarden EUR schon nicht mehr ausreichen könnte.

Neben den wirtschaftlichen Fundamentaldaten spricht auch der ungarische Zinsausblick für fortgesetzte Kursverluste des Forint. Nachdem die ungarische Notenbank Anfang Februar ihren Leitzins um 50 Basispunkte auf nun 9,50% zurückgeführt hat, bleibt die Zinssenkungsfantasie für Ungarn erhalten. Dies zeigen die Aussagen von Zentralbankmitgliedern, man habe eine noch stärkere Zinssenkung in Erwägung gezogen, sowie die Bemerkung, der wirtschaftliche Rücksetzer in Ungarn werde sich voraussichtlich heftiger ausgestalten als erwartet. Vize-Notenbankgouverneur Ferenc Karvalits betonte zudem, die Abwertung des Forint stelle kein Risiko für das Erreichen des mittelfristigen Inflationsziels von 3,0% dar. Mit einem Rückgang des Verbraucherpreisanstiegs von 3,5% im Dezember auf 3,1% im Januar herrscht Ruhe an der Inflationsfront, so dass von dieser Seite her keine Einwände gegen weitere Zinssenkungen bestehen, die wiederum den Abbau von EUR/HUF-Shortpositionen begünstigen.

Aus charttechnischer Sicht ist für EUR/HUF, das derzeit mit der 300er-Marke kämpft, nach dem Überwinden des am 4. Februar erreichten Rekordhochs bei 304,74 der Weg nach oben bis zunächst 315,00 frei. Bei anhaltend schlechten ungarischen Wirtschaftsdaten und einem Andauern der Finanzkrise sind mittelfristig Kurse von 335,00 möglich. Bei zwischenzeitlichen Kursrücksetzern erhält das Währungspaar starke Unterstützung in der Kursregion von 285,00-286,10, wo sich die beiden Hochs von Juli 2006 sowie Oktober 2008 befinden. Oberhalb dieser Haltemarke bleibt der derzeitige Aufwärtstrend von EUR/HUF intakt.

Volker Zenk
FXdirekt Bank

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